Siebente Szene

[775] Johanna und Sala.


JOHANNA. So kommt man immer auf dieselben Stellen. Ihr Garten ist wohl größer, Herr von Sala?

SALA. Mein Garten ist der Wald selbst, – für Leute, die ihre Phantasie nicht durch ein dünnes Gitter behindern lassen.

JOHANNA. Ihre Villa ist schön geworden.

SALA. Kennen Sie sie denn?

JOHANNA. Neulich hab' ich sie wiedergesehen, zum ersten Male wieder seit drei Jahren.

SALA. Vor drei Jahren war ja noch nicht einmal der Grundstein gelegt.

JOHANNA. Für mich ist sie schon damals dagestanden.

SALA. Wie geheimnisvoll ...

JOHANNA. Gar nicht. Erinnern Sie sich nur. Wir haben einmal einen Ausflug nach Dornbach gemacht, die Eltern, Felix und ich. Da haben wir Sie und Herrn Fichtner begegnet, und das war gerade an der Stelle, wo Ihr Haus gebaut werden sollte. Und nun sieht alles geradeso aus, wie Sie es damals geschildert haben.

SALA. Wie kommen Sie denn in diese Gegend?

JOHANNA. Ich gehe jetzt oft allein spazieren, seit Mama krank ist ...[775]

SALA. Und wann sind Sie denn an meinem Haus vorübergekommen?

JOHANNA. Das ist nicht lange her ... Heute.

SALA. Heute?

JOHANNA. Ja. Ich bin ringsherum gegangen.

SALA. So? Ringsherum? ... Haben Sie auch die kleine Tür gesehen, die direkt in den Wald hinausführt?

JOHANNA. Ja. – Aber von dort aus ist das Haus beinahe unsichtbar. Das Laub ist ganz dicht. – Wo mögen denn die römischen Kaiserbüsten sein?

SALA. Die stehen auf Säulen am Eingang einer Allee. Gleich daneben ist eine kleine Marmorbank, und vor der Marmorbank ist ein kleiner Teich angelegt.

JOHANNA nickt. Wie Sie uns damals erzählten ... Und das Wasser schimmert grünlichgrau ... und des Morgens fallen die Schatten der Buchen drüber hin. – Ich weiß. Sie blickt zu ihm auf und lächelt. Beide gehen weiter.


Vorhang.


Quelle:
Arthur Schnitzler: Die Dramatischen Werke. Band 1, Frankfurt a.M. 1962, S. 775-776.
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