2.

[83] Es ist aber anfänglich zu wissen / daß zweyerley Art Reimwörter in Teutscher Sprache zufinden seyn /nemlich Einsilbige und Zweysilbige. Die Einsilbigen Reimwörter /[83] das ist / So offt der Reim Einsilbiger weise außgesprochen wird / sind dieselbe / in welchen sich alsbald mit einem klingenden oder steigenden Thone der Reim endiget / als: was-das / Land-Rand /Mein-sein / etc. Und solche Einsilbige Reimung hat man dißhero / nur zur Nachfolge der Ausländer / genennet / einen Männlichen Reim / oder Männliche Reimung Rhythmum Masculinum: Welches den vielen nicht vernemlich gehörig / noch deutlich zu sein gedaucht; Dann ein Weiblicher Reim hergegen ist /welcher zweysilbig außgeredet wird / als: heben /geben. Hören-stören. Reiben-treiben etc. Warumb aber der Weiblicher zweysilbig / der Mannliche aber Einsilbig sey oder seyn solle / dessen weiß man keine sonderliche Uhrsache noch deutlichen Begriff. Wird derowegen recht nach Teutscher art und nach verständlicher / leichtvernehmlicher andeutung ein Reim getheilet in den Steigenden und Fallenden.

Quelle:
Justus Georg Schottel: Teutsche Vers- oder Reimkunst. Lüneburg 1656, S. 83-84.
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