5.

[87] Die Reimung nun an sich / bestehet eigentlich und recht darin / wann der Reimlaut vornan die Mittlaurere (consonantes) verändert. Als wann man sagt: Land / Hand / Tant / Brand / etc. Alhie ist der Reimlaut /das ist / derselbe Laut so muß gereimet werden /[87] Ant /solcher Reimlaut ant nun / kan und muß gereimet werden durch Veränderung der vornstehenden Mittlautere / als kant / want / Rant / Schand / Plant etc. Item: in Zu ist der Reimlaut U / wenn solcher nun durch verenderte Mitlautere gebrauchet wird / alsdenn reimet sich zu / du / Schu / ruh / thu / Kuh / etc. Also wenn man sagt schreib / ist hierin der Reimlaut eib /Krafft nun besagter Erweisung / wird darauß bleib /reib / treib / scheib / Weib / Leib / etc. Und also durch und durch. Dabey gar wol zu desto leichterer Ersinnung der reimenden Wörter / dieses zumercken ist / daß man den Reimlaut etwa vorsich schreibe /oder wol im sinne behalte / und hernach das A / B / C / von anfang biß zu ende durch dencke / und wol acht habe / was fůr Mitlautere da kůnnen solchem Reimlaute zuvorn beygefůget werden: Solcher massen wird nicht leichtlich einem ein anhero gehörendes Wort entgehen / oder ungeformet bleiben können / als zum Exempel. Man lasse Acht den Reimlaut sein / und besinne sich besagter massen / dan wird man ohne můhe finden Acht / Bracht / Dacht / Facht / Fracht / Jacht /Kracht / Lacht / Macht / Nacht / Pracht / Schacht /Schlacht / Sacht / Tracht / wacht.[88] Item / Man nehme zum Reimlaute Alt / und durchgehe ordentlich gedachter weise die Buchstaben / dan findet sich Alt bald / falt / halt / kalt / galt / gestalt / lallt / prallt /rallt / schalt / schallt / Wald / wallt / stalt / etc. Und also durch und durch / darauß folget / daß sich rallen /prallen / Mertzen / Schmertzẽ / rennen / trennen / gar wol reimen / weil sie ja unlaugbarlich den rechten Reimlaut enderen; dan anders ist rall / ein anders ist prall / ein anders ist Mertz / ein anders Schmertz / ein anders Reñ / ein anders Treñ etc. Dieweil die Reimung wie Her Buchner sagt / nicht so sehr bestehet auff gleichheit der Buchstaben / als auff dẽ Laute selbst / der allein die Regul der Reimung ist. Darum so offt der Reimlaut / wie schon erwehnt / kan geendert werden durch Vorsatz anderer Buchstaben / So offt muß auch die Reimung gut und untadelhaft seyn. Und dieses hat nicht allein in Einsilbigen Wörteren /das ist in Steigenden Reimen / davon gesagt / seine durchgehende untriegliche Richtigkeit / sonderen auch in den zweysilbigen Wörteren / das ist / in den Fallenden Reimẽ / wan nur der rechte Reimlaut wol uñ genau wird in acht genommen / als. Singen / alhie ist der Reimlaut (daß ist der Laut so sich reimen muß ing / solcher nun muß bloß allein /[89] und nicht en / oder gen / im singen gereimet werden: Gibt sich auch also vermittelst erwehnter Anleitung leichtlich an die Hand /ingen / bringen / dingen / dringen / fingen / gingen /hingen / klingen / lingen / ringẽ / Singen / Springen /schwingen / schlingen / wringgen / zwingen etc. und also in anderen ferner.

Quelle:
Justus Georg Schottel: Teutsche Vers- oder Reimkunst. Lüneburg 1656, S. 87-90.
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