I.

[169] Ist also in den vorgehenden Capittelen richtige anweisung geschehen von den vier Haubtgeschlechten der Reime / nemlich von den Langkurtzen / Kurtzlangen /Langgekůrtzten und Gekůrtzlangen. Diese vier Haubtreimarten entstehen aus unverenderlichen angebornen Eigenschaften und natürlichen Gründen der Teutschen Wörter / wie auch dero mannicherley Zufälle bey Doppelungen / Ableitungen / Zeitwandelungen. etc. Haben eine rechte eintreffende natürliche Verwantschafft / und bringen[169] mit sich eine anmuhtige leicht findende Wilfahrung gegen oberwehnte Reimarten. Und befindet sich also / das in Teutscher Sprache einem verstendigen nichts gezwungen / nichts gestökket oder geblökket übrig sein werde / sonderen die Kunstwege und richtige Bahnungen öfnen und geben sich einem Nachsuchenden also wolleitend und sanftführend an die hano / daß man auch bey Teutschem Odem / und auf Teutschem Grunde und Bodem zu der Berghöhe hinwandelen können möchte /wovon die Tugenden und Kůnste mit bekanten süsfliessenden Begrüssungen wollen geehret und zur stetswehrenden Bleibung erbeten seine

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Justus Georg Schottel: Teutsche Vers- oder Reimkunst. Lüneburg 1656, S. 169-170.
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