3.

[198] Künstlich aber scheinet es / wan aus einem Letterwechsel des Wiederkehr kan genommen oder sonst ein Kunst Stukke dabey gebrauchet werden. Zur anzeige wollen wir anhero setzen ein Wiederkehr / so auf den 10. Aprilis, als auf den hochfeierlichen Geburtstag des Durchl. Hochgeb. Fůrsten und Herrn /Herrn Augusti Hertzogen zu Braunschw. und Lüneb. etc. S.F. Gn. ist überreichet worden / da dan aus diesen Worten:


Der Zehnder Tag des jetzigen Monates Aprilis

per anagramma oder Letterwechsel komt ein voller Vers:


Laß diesen Ostertag / hie Zeit sampt Neid zerdringen.
[198]

Aus dessen anleitung entstanden folgendes


Widerkehr


1. Wan erst die Majenzeit leßt durch die Erde dringen

2. Die Blumenschöne Zier; der Ostertag lest singen

3. Von Freud' und vieler Lust; die Nachtigal leßt klingẽ

4. Die lieblich-scharfe Sti . Wan uns pflegt zu gelingẽ

5. Wan unser Wunsch ersiñt / so muß dz Hertze springen /

6. Der Freudengeist sich weg ins Feld der Wollust schwingen.

7. Wann unser Hofnung blüht / dann pflegt sie uns zu bringen

8. Der Fröligkeiten Frucht: Wann auch verschwestert giengen

9. Fried und Gerechtigkeit / und wolten sich ümschlingen

10. Mit Liebesband' einmahl: Gewiß von solchẽ dingen

11. Lies sich die Vnlust gantz ohn zwang zur Lust bezwingen /

12. und das / was unglůk heißt / vom guten überringen:

13. Doch wollen wir jetz nicht üm ein gewisses dingen.

13. Dann wenn man alle Lust nach Wunsch nur wil bedingen /

12. So pflegt sie schlüpferig sich von uns auszuringen.

11. Ein Freudentag ist hier / der durch die Feyr sol zwingen

10. Die Vnlust zu der Lust / von lauter guten dingen

9. Kan man auf diesen Tag ein Tugendbůndlein schlingẽ.

8. Ja wan die Kräfte straks wie meine Wůnsche giengẽ /

7. Man müste / eh man stirbt / unsterblichkeit noch bringen

6. Dem Helde / der sich hoch kan über Tugend schwingen /

5. Mit hoher Geistes krafft der Menschlichkeit vorspringen:

4. Dem muß es mit der zeit (verbleiche Neid) gelingen /

3. Sein Tugendschönster Ruhm die Teutsche Welt durchklingen

2. Wir wollen noch zu Gott auf diesen Tag oft singen:

1. Laß diesen Ostertag hie Zeit sampt Neid zerdringen.*[199]

Quelle:
Justus Georg Schottel: Teutsche Vers- oder Reimkunst. Lüneburg 1656, S. 198-200.
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