Siebenzehntes Kapitel.

Lächerliche Begebenheiten.

[416] 1. Ein Pfarrer verräth die bösen Weiber.


Ein eifriger Pfarrer hatte unter seinen Pfarrkindern ein sehr böses Weib. Als er nun nach geendigter Predigt sagte: Liebe Zuhörer! ich habe unter euch ein gar böses und zankendes Weib, welche von ihrer Bosheit nicht abstehen will. Daher will ich sie hiemit zum erstenmal ermahnet haben, daß sie davon ablasse, und sich bekehre, widrigenfalls werde ich selbe künftigen Sonntag öffentlich auf der Kanzel bey ihrem Namen nennen. Weil sie nun das alte Zankeisen blieb, machte der Pfarrer den andern Sonntag die zweyte Verkündigung; aber es war bey ihr Chrisam und Taufe verloren. Den dritten Sonntag sagte er also: Ihr, meine liebe Zuhörer! wisset, daß ich dieses böse Weib schon zweymal gewarnet, aber Nichts ausgerichtet; damit nun ein Jedes sehen möge, wer diese ist, so will ich sie mit diesem Steine, welchen er aus dem Aermel hervorzog, auf den Kopf werfen. Dann stellte er sich, als wenn er werfen wollte; da waren wohl ihrer Hundert, welche die Köpfe bucketen.[417] O wehe! sagte der Pfarrer, ich habe vermeynt, ich habe nur ein einziges böses Weib unter meinen Pfarrkindern, so muß ich leider! sehen, daß ihrer noch weit mehrer seyn; weis also nicht, wie ich dieses Unkraut ausrotten soll.


2. Einer heißt eine Frau Siemann.


In einer gewißen Stadt, die ich nicht nennen mag, wetteten Zween miteinander um eine Zeche, wer nämlich des Bürgermeisters Frau (denn sie wollte allein Alles regieren) öffentlich Siemann hieß, der sollte es gewonnen haben. Einer aus diesen Beyden, der was kecker war, gab wohl auf die Zeit Acht. Da nun die Frau an Simon Judä Tag ausgieng, nahete sich dieser zu ihr mit einer tiefen Reverenz, sprechend: Frau Siemann, ich wünsche ihr Glück zu ihrem Tage; machte sich aber alsobald aus dem Staube, und gewann die Zeche. Das regiersüchtige Weib hielt dieß für einen Affront, klagte es weinend ihrem Manne, und bath, man sollte diesen Bösewicht abstrafen. Da nun dieser Warmund (also war sein Name) einst auf dem Markt spatzieren gieng, schickte der Bürgermeister die zween Stadtknechte hin, ihn abzuholen. Er erschien, und sprach: Herr Bürgermeister! hier bringe ich zween Schelmen, was wollen wir mit ihnen machen? Der Bürgermeister mußte seiner lachen; befahl aber doch, daß man ihn auf den Thurm einsperren sollte. Als Warmund zu der Thüre dieser Gefängniß kam, kratzte er im Kopfe, und sprach:[418] Ach! wenn ich nur ein Bett darinn hätte. Ey, sagte der Stadtknecht, ich will gleich frisch Stroh hinein richten; da er nun in dem Kerker das Stroh zurichtete, war Warmund nicht faul, schloß die Thüre geschwind zu, und ließ den Schergen darinn sitzen; nahm den Schlüssel, und gieng zum Bürgermeister, und sprach: Hier habe ich den Thurmschlüssel wieder bringen wollen, ich habe diesen Schelmen schon fest gesetzet. Der Bürgermeister fieng herzlich an zu lachen, und als Warmund ihm erzählte, auf was Weise er den Schergen eingesperret, hat er ihn ohne Strafe entlassen.


3. Ein Weib giebt ihrem Manne einen Schilling.


Ein gewißes Weib wollte durchaus Herr im Hause seyn. Ihr Mann wollte es nicht leiden, darum schlug er ihr den Regimentsstab so lang ums Maul, bis sie selben ablegte. Das Weib sann eine lange Zeit nach, wie sie doch wieder die Meisterschaft könnte an sich bringen. Endlich erdachte sie diesen Rank. Sie gieng einsmals, da der Mann schon zu Bette, in den Keller, hernach fieng sie ganz überlaut an gäh zu schreyen: Mann, o lieber Mann! komm, komm, der Zapfen ist aus dem Fasse gesprungen, hilf, sonst ist alles Bier hin. Der Mann sprang im Hemde eilends hinunter, und steckte geschwind den Daumen für das Zapfenloch, darmit das Bier nicht herausrinne. Unterdessen das Weib nicht faul, nahm eine prackete[419] Ruthe, und zerhieb ihm den Hintern so sehr, daß er jämmerlich schrie. Er aber war karg, und wollte den Daumen nicht weg thun; unterdessen schlug das Weib tapfer darauf. Der Mann konnte es nicht länger leiden, ließ Bier, Bier seyn, und sprang ihr nach. Das Weib wischte geschwind zum Keller hinaus, schlug die Thüre zu, und ließ den armen Tropfen die ganze Nacht im Keller. Weil nun der Mann vor lauter Frost nicht länger bleiben konnte, mußte er ihr diesen Akkord eingehen, daß er ihr die Herrschaft lassen, auch sie nimmermehr schlagen wollte.


4. Ein Wirthstöchterlein sagte, daß Wasser unterm Wein ist.


Ein gewißer Gast begehrte von des Wirths Töchterlein ein frisches Wasser. Das Töchterlein fragte ihn, zu was er selbes brauche? Der Gast antwortete, daß er selbes unter den Wein mische, denn es sey ihm der Wein allein zu hitzig. Das Mägdlein widersetzte: Herr! es ist nicht nöthig, daß ihr Wasser in diesen Wein schüttet, denn mein Vater hat heute Nacht erst eine gute Stütze voll Wasser in das Weinfaß geschüttet. Kinder und Narren reden die Wahrheit.


5. Eine Mutter giebt ihren Kindern nur eine Gurgel zu essen.


Eine gewiße Mutter kaufte allezeit neben dem Fleische eine Gurgel. Wenn nun das Fleisch[420] auf den Tisch kam, nahm die Mutter die Gurgel, und theilte selbe unter ihre Kinder aus. Die Kinder machten ihnen Ringlein daraus, und spielten darmit; unterdessen aber aßen die Eltern das Fleisch zusammen. Diesen Vortheil merkte mit der Zeit der ältere Sohn, daher begehrte er von der Mutter ein Salz. Sie fragte ihn, was er mit dem Salze machen wollte. Der Sohn antwortete: Damit ich das Fleisch salzen könnte, so ihr mir geben werdet.


6. Die Armen sind Jagdhunde.


Als Amadeus, Herzog von Savoyen, von einem vornehmen fürstlichen Gesandten befragt wurde, ob er auch Jagdhunde hätte, wies er auf eine Tafel voll armer Leute, die er täglich ausspeisete, und sagte: Diese sind meine Jagdhunde, mit welchen ich den Himmel erjage.


7. Ein ungelehrter Jägermeister wird zu Schanden gemacht.


Kaiser Ferdinand I. gab einsmals seinem Jägermeister, der die gelehrten Leute ziemlich verachtete, einen Buschel Briefe, mit Befehl, er sollte hieraus einen Extrakt machen. Als nun der ungelehrte Jägermeister antwortete, er wüßte nicht, was ein Extrakt wäre, widersetzte der Kaiser: Mein Knolle, so laß mir meine gelehrte Leute mit Frieden.


8. Einem Weibe geht es nach ihrem Kopfe.


Jenes Weib zankte fast Tag und Nacht[421] mit ihrem Manne; aber er wollte ihr nicht nachgeben. Endlich sagte sie zu ihm: Du magst machen, was du willst, es muß halt dennoch Alles nach meinem Kopfe gehen. Der Mann nicht faul, warf Schüssel und Teller, und was er bekam, nach ihrem Kopfe, damit ihr Wille geschehe.


9. Mirakel wirken.


Einer fragte einstens, warum jetziger Zeit keine Mirakel mehr gestrickt werden? Dem fiel ein Anderer in die Rede, und sagte, man rede nicht gut Mirakel stricken, sondern wirken. Der Erste widersetzte: Du Narr! es ist ja Eins, stricken und wirken.


10. Ein Jüngling zieht seinen Präzeptor nicht aus dem Koth.


Ein Lehrmeister schrieb seinem Lehrjunge ordentlich auf einen Zettel, was er den ganzen Tag hindurch zu thun hätte. Als nun einsmals der Lehrmeister wegen allzu großem Rausche in Koth fiel, und dem Lehrjunge die Hand reichete, daß er ihn heraus ziehen sollte, sagte der Junge: Wartet, wartet ein wenig, ich muß zuvor heimgehen, und in dem Zettel nachsehen, ob darauf stehe, daß ich euch heraus helfen soll.


11. Ein böses Weib giebt einen Beichtspiegel ab.


Ein Ehemann, so oft er zum Beichten gieng, prügelte er allezeit zuvor sein böses Weib tapfer[422] herum. Als man ihn fragte, warum er dieses thäte, sagte er darum: Wenn ich mein Weib schlage, so habe ich mich nicht viel zu besinnen, was ich Böses gethan habe; denn sie saget mir Alles, was ich das ganze Jahr hindurch gethan habe; ja sie bringet mir in das Gedächtniß solche Sachen, woran ich nimmermehr gedacht hätte.


12. Gold zu machen.


Einer wollte gerne das Gold machen lernen, fragte daher, wie viel Stücke dazu gehören, bekam aber zur Antwort, daß 6 Stücke eigentlich dazu nöthig wären, als:


Tag und Nacht laboriren,

Das Feuer allzeit schüren,

Rauch und Dampf spüren,

Sein Gesundheit verlieren,

Und endlich den Betrug spüren.


13. Man muß nicht gleich wieder zuschlagen.


Es bekam Einer eine Ohrfeige, welche er ohne Wiederschlagen verschmerzte; als er nun gefraget wurde, warum er nicht wieder zugeschlagen, sagte er: Es sind nur Zween, die Reihe kame doch gar bald wieder an mich.


14. Glückseligste Leute.


Ein Herzog von Lotheringen fragte einen Geistlichen, welches die seligsten Leute wären. Dieser sagte, die Armen: denn ihrer ist das[423] Himmelreich. Da sprach der Fürst: So habe ich Vielen in den Himmel geholfen; weil ich Viele arm gemacht.


15. Man soll nichts Neues aufbringen.


Ein gelehrter Poet saget: Ein neuer Theologus muß eine neue Hölle haben; ein neuer Jurist einen neuen Galgen; ein neuer Medicus einen neuen Kirchhof; ein neuer Philosoph eine neue Narrenkappen. Wen sollens nun ertappen?


16. Ein Rauschiger suchet die Vernunft im Koth.


Einer hatte sich dermaßen besoffen, daß er im Nachhausegehen in eine Pfütze fiel; da sprach er: So geht es recht, wenn Einer die verlorne Vernunft im Kothe suchen muß.


17. Einer schreyt Feuer.


Ein Schalk gieng bey kalter Winterszeit über die Gasse, und schrie, was er schreyen konnte: Feuer! Feuer! Die Leute laufen aus den Häusern, und fragen, wo es brinne? Er antwortete: Ich frage auch nach, denn es friert mich.


18. Ein Edelmann wird trefflich ausgezahlet.


Es fragte König in Frankreich, Heinrich IV. einen Edelmann, welcher ihm unbekannt war, wem er zugehöre. Der Edelmann antwortete: [424] Mir selber. Der König widersetzte: So hast du wohl einen großen Narren zum Herrn.


19. Ein altes Weib zahlet einen singenden Studenten aus.


Ein übel bekleideter Student sang um Weihnachten auf der Gasse dieses Gesang: Vom Himmel hoch da komm ich her etc. Als er nun vor großer Kälte kaum singen konnte, schrie ihm ein einfältiges Weib zu: Mein Kind! warum bist du nicht droben geblieben, es würde dich ja nicht so frieren?


20. Ein Kranker will nicht viele Aerzte haben.


Ein Sohn, als er sah, daß der Arzt mit seinem kranken Vater Nichts ausrichtete, sagte zu seinem Vater, er sollte diesen abschaffen, und andere Aerzte zu sich rufen: O das nicht, mein Sohn! widersetzte der kranke Vater; wenn ich dieses thäte, so würde es mich bald das Leben kosten: denn viel Hunde sind des Hasen Tod.


21. Ein Edelmann wird von einem Kapuziner in das Wasser geworfen.


Ein gewißer Edelmann gieng mit zween Kapuzinern über Land, und als sie zu einem Bache kamen, wo die Brücke abgieng, und sie also durchwaden mußten, wollte ihn der Kapuzinerbruder hinüber tragen. Da er nun mit ihm mitten in den Bach kam, fragte er selben, ob[425] er auch Geld bey sich hätte. Der antwortete: Ja freylich. O wehe! sprach der Bruder, ich darf kein Geld tragen: denn ist es wider meine Regel. Warf also den Edelmann mitten in den Bach hinein.


22. Mit gleicher Münze bezahlen.


Kaiser Sigismund hatte einen kurzweiligen Mann, mit Namen Peter Zabatha, an seinem Hofe. Auf eine Zeit redete dieser Kaiser in Beyseyn vieler Herren einige Scherzworte zu ihm, und sprach dabey, was gilts, der Peterl wird mich bald wieder bezahlen. Da widersetzte der Peterl: Behüte mich Gott! daß ich Einen so bald bezahle, welcher andere Leute so langsam zahlet.


23. Ein böses Weib, eine schwere Bürde.


Als sich auf eine Zeit große Ungestüme auf dem Meere erhob, wurde Männiglichen in dem Schiffe befohlen, alle die schwersten Sachen ins Meer zu werfen. Einer unter ihnen nicht faul, nahm sein Weib, und warf sie hinaus. Als man ihn hierüber bestrafte, sagte er, er hätte nichts Schwerers gehabt, als sein Weib.


24. Ein Esel hat gute Freunde bey Hofe.


Ein vornehmer Herr zu Toledo stund einst an einem Fenster des fürstlichen Palastes, und als er sah, wie ein Bauer seinen Esel erbärmlich schlug, schrie er dem Bauern zu: Holla, holla, du ungehobelter Flegel! du wirst ja[426] wohl gar dieses arme Thierlein zu todt schlagen? Der Bauer aber sah hinauf, und sprach: Verzeiht mir, mein Herr! ich habe nicht gewußt, daß mein Esel auch Verwandte bey Hofe habe.


25. Ein Weib bekömmt ihren Theil von ihrem Manne.


Ein gewißes Weib zankte fast Tag und Nacht mit ihrem Manne, und als sie sah, daß er Alles durch die Gurgel jagte, sagte sie zu ihm, sie könnte mit ihm nicht mehr hausen, er sollte ihr ihren Theil geben, so wollte sie davon gehen. Recht widersetzte der Mann, geh mit mir in die Kammer hinauf, da werde ich dir deinen Theil, welcher dir zugehöret, richtig geben. Als das Weib mit ihm über die Stiege hinauf kam, nahm der Mann das Weib, und warf sie über die Stiege hinunter; das Weib voller Wunden schrie: Jetzt habe meinen Theil, jetzt habe ich meinen Theil. der Mann sagte darauf: Nun, wenn du deinen Theil hast, so ist das andere Alles mein; du kannst also hingehen, wo du willst.


26. Große Lügner.


Es waren Zween, die erzählten große Wunder. Unter andern sprach der Eine, er hätte eine Krautstaude gesehen, unter welcher 1500 Reiter stehen könnten. Der Andere sagte, er hätte an einem Orte gesehen einen Kessel machen,[427] der wäre so groß, daß 100 Meister daran gearbeitet, und hätte keiner den andern klopfen gehöret. Da sprach der Erste: Was tausend! wollten sie dann mit einem so großen Kessel thun? Dem antwortete der Andere: Sie wollten die große Krautstaude darinn kochen, die du gesehen hast.


27. Ein Bauer höret nicht wohl zu seinem Nutzen.


Es wurde einstens ein Bauer zu seinem Beamten zitiret; da der Bauer fragte, was er ihm befehle, sagte der Beamte: Du sollst die Steuer zahlen. Der Bauer stellte sich, als hörte er nicht wohl; der Beamte aber schrie überlaut: Du sollst die Steuer zahlen. Da der Bauer wieder nicht hörte, sagte der Beamte ganz still: Die Steuer ist dir geschenkt. Da hörte der Bauer alsogleich, sagte Dank für die Gnade, und sprang vor Freude zu der Stube hinaus.


28. Wider die Gewohnheit zu saufen hilft Nichts.


Ein Weib hatte einen versoffenen Mann. Nun, damit sie ihn von dem überflüßigen Sausen abhalten möchte, ließ sie in den Krug einen schönen Engel malen; als der Mann wiederum trinken wollte, und diesen so schönen Engel erblickte, sagte er: Ey! ist dieses nicht ein schöner Engel; ich muß sehen, daß ich ihn mit bekomme, trank also die ganze Maaß aus.[428] Das Weib probirte noch ein anderes Mittel, und ließ einen abscheulichen Teufel in den Krug malen; da dieses der Mann sah, schrie er: O! wenn ich dich be komme, so will ich dich grausam zerbeißen; verschluckte also wieder die ganze Maaß. Es half also weder Engel noch Teufel wider das Saufen.


29. Künstlicher Diebstahl.


Ein gewißer aus der Diebskarte gieng in einen Kaufmannsladen, und wollte allda etwas Anständiges hinweg praktiziren; er hatte auch schon wirklich ein Paar Strümpfe eingepacket, ohne daß der Kaufmann, wie er vermeynte, es sollte gemerkt haben, gieng demnach, als wenn ihm Nichts anständig wäre, zum Laden hinaus. Aber der Kaufmann rief ihm nach, sprechend, er könne die Strümpfe unmöglich so wohlfeil geben. Der Dieb, als er sah, daß er verrathen, gab die Strümpfe zurück, und sprach: Theurer sey er nicht gesinnet, solche zu kaufen, soll also seine Strümpfe behalten.


30. Ein Wirth wässert das Bier.


Ein gewißer Gespaßvogel, da er sah, daß der Wirth mit zween Wassereymern in den Keller lief, und das Bier wässerte, fieng er an überlaut zu schreyen: Feuer! Feuer! Die Leute laufen zu, fragen, wo dann Feuer wäre; darauf sagte er, in des Wirths Keller, denn der Wirth sey schon mit zween Wassereymern zu löschen hinunter gelaufen.


[429] 31. Heilige drey Könige.


Ein Gewißer wollte durchaus behaupten, die heiligen drey Könige wären Irrländer gewesen, weil im heiligen Evangelium geschrieben steht: Und sie zogen in ihr Land.


32. Der heilige David.


Ein Anderer wollte probieren, David wäre ein Holländer gewesen; die Probe machte er also: David sagte selbst: Ich bin zu Leyden gebohren; Leyden aber ist eine Stadt in Holland; also ist David ein gebohrner Holländer.


33. Ein Mann fürchtet sogar sein todtes Weib.


Ein gewißer Mann, da sein zänkisches Weib gestorben, und begraben wurde, ersuchte den Todtengräber inständig, daß er brav Steine auf das Grab lege, damit sie nicht wieder auskomme, er wolle ihn hernach reichlich belohnen. Der Todtengräber, damit er noch Mehr bekommen möchte, sagte, es hätte ihm geträumet, als stünde sein Weib wieder auf. Der Mann erschrack, packte sein Hab und Gut zusammen, und lief auf und davon.


34. Ein Mann heurathet 5 Weiber.


Zu Meßina in Sicilien wurde ein gewißer Mann in Verhaft genommen, weil er 5 Weiber nach einander zur Ehe genommen, die er sämmtlich jederzeit wieder verlassen. Der Richter[430] befragte ihn, warum er sich solcher Ungebühr unterfangen hätte; worauf der Beklagte antwortete, er hätte solches nur aus Vorwitz gethan, um zu erfahren, ob er nicht eine Fromme bekommen möchte, wie er dann deßwegen viele Länder durchreiset. Der Richter trug über sein mühsames Herumreisen billiges Mitleiden; sagte also: Mein lieber Freund! du suchest umsonst, auf dieser Erde wirst du keine Fromme finden, mußt also eine solche in einem andern Lande, nämlich in dem Himmel suchen; weil aber die Himmelspforte sehr eng und nieder ist, und du also desto eher durchschlupfen könnest, so sollst du dann um einen Kopf kürzer werden; ließ ihm daher den Kopf abschlagen.


35. Mit größern Leuten ist besser raufen.


Ein Kleiner wurde ernstlich abgemahnet, er sollte sich nicht mit seinem Widerparte schlagen, weil derselbe viel größer wäre. Eben recht, antwortete der Kleinere, desto besser kann ich ihn treffen.


36. Einer nimmt das verschlagene Geld für voll.


In einer gewißen Reichsstadt in Schwaben wurden vor einigen Jahren die allzugeringen Guldiner verbothen. Weil aber in selbiger Stadt kein Kupferstecher war, der diese Sorten von Geld hätte stechen können, damit selbige[431] könnten angeschlagen werden, als wurden die Guldiner in natura angeheftet, damit die Leute selbige besehen, und sich darnach richten könnten. Nach wenigen Tagen kam Einer, nahm diese Guldiner alle hinweg, und schrieb auf das leere Brett. Ich nehme sie alle für voll.


37. Ein ungeschickter Poet.


Ein gewißer Student wollte einen Doktor, der ein guter Poet war, in Versen ansprechen, sagte also: O Romane vates! Als er aber vor Schrecken nicht weiter fortfahren konnte, repetirte er abermal diese Worte: O Romane vates! Der Doktor nicht faul, sagte also gleich: Tu mihi lambe nates. Und also war der Vers ganz.


38. Ein Pfarrer wird angeführt.


Ein gewißer Pastor sagte auf der Kanzel, was Einer gedächte zu sündigen, wäre eben so viel, als hätte ers gethan. Ein Bauer sagte diesem Pastor ein Viertel Weizen zu, blieb aber darmit aus. Der Pastor mahnte ihn nach acht Tagen; der Bauer aber sagte, er hätte es nur gedacht zu thun, wäre also so viel, als wäre es geschehen.


39. Ein Herzog wird mit Stockfisch ausgezahlet.


Ein Herzog aus Sachsen reisete einsmals von Nürnberg nach Haus, unter Wegs stund[432] ein Bauer am Wasser, und fischete. Der Herzog fragte, was er für Fische fienge. Der Bauer antwortete: Allerley Fische, große und kleine. Der Herzog fragte ihn weiter, ob er auch Stockfische sienge. Der Bauer widersetzte: Nein, mein Herr! solche kommen von Nürnberg. Der Herzog aber kam eben von Nürnberg.


40. Ein pralender Arzt wird ausgezahlt.


Ein gewißer Arzt rühmte sich, daß noch kein Kranker über ihn klagen könne. Ja, fiel ihm ein Anderer in die Rede, daß will ich gerne glauben, denn ihr stopfet ihnen das Maul mit Erde.


41. Ein liederlicher Christ verräth sich selber.


Einer gieng gar selten in die Kirche, diesem sprach sein Kamerad also zu: Ey, ey, was höre ich von dir? Man saget, du habest die Leuchter vom Altare gestohlen. Wie! ich? antwortete der Andere: wer das saget, der lüget als ein Schelm, ich bin wohl in drey Jahren nicht in der Kirche gewesen.


42. Ein Edelmann wird abgewiesen.


Der gelehrte P. Abraham, Augustinerordens, wurde zu Wien auf öffentlicher Gasse von einem Edelmanne zimlich mit rauhen Worten angefallen. Er hörte zwar die Beschimpfung lange Zeit mit Geduld an, endlich aber sagte[433] er zu ihm: Ich habe auch noch nicht gesagt, daß ihr ein Ehebrecher seyd. Der Edelmann ganz raseud, verklagte ihn bey seinem Obern, als hätte ihn P. Abraham einen Ehebrecher geheißen. P. Abraham antwortete: Ich habe ihn keinen Ehebrecher geheißen, sondern ich habe bloß allein diese Worte geredet: Ich habe es auch nicht gesagt, daß ihr ein Ehebrecher seyd; und ich sage es noch nicht. Mußte also der Edelmann mit einer langen Nase abziehen.


43. Ein Advokat verliert seinen eignen Handel.


Ein Advokat verlohr vor Gericht eine Sache, die ihn selbst angieng. Seine Schwester war darüber sehr zornig, und sprach: Bist du ein Jurist, und verlierst das Recht? Da gab er ihr zur Antwort: Du Närrinn! wie du es verstehst. Sie haben in dieser Stadt nicht das Recht, daß ich studiret habe, sonst hätte ichs gewonnen.


44. Eine vornehme Frau wird trefflich ausgezahlt.


Eine vornehme Gräfinn zu Wien schickte ihr Kammermensch in das alldortige Augustinerkloster, um nachzufragen, von was P. Abraham künftigen Sonntag predigen werde. P. Abraham stund eben bey der Pforte, als das Kammermensch ankam; weil sie nun der Meynung, es wäre der Pfortner, sagte sie zu ihm:[434] Meine gnädige Frau möchte gerne wissen, von was der Fabelhans (also pflegte man den P. Abraham zu nennen) predigen werde. P. Abraham gab zur Antwort: Saget eurer gnädigen Frau, der Fabelhans werde von allen s.v. Huren und Ehebrecherinnen predigen; es sey also die gnädige Frau fleißig dazu eingeladen.


45. Krebse fangen.


Ein gewißer Spaßmacher wollte einen Andern vexiren, und sagte, er hätte gestern Krebse fangen wollen, hätte aber eine Menschenhand aus dem Wasser gezogen. Der Andere merkte den Possen, und gab zur Antwort, daß muß wohl ein ehrloser Schelm gewesen seyn, der die Hände ins Wässer gestecket hat.


46. Ein Knabe zerbricht die Schüssel.


Ein gewißer Herr schickte durch seinen Knaben einem guten Freunde in zwo überaus schönen Schüsseln ein herrliches Essen zu. Unter Wegs aber stolperte der Knabe, und zerbrach die eine Schüssel. Der gute Freud empfieng den Knaben mit trotzigem Angesichte, und sagte: Du Schalk! wie hast du es gemacht, daß du die Schüssel zerbrochen? Der Knabe ließ geschwind auch die andere Schüssel fallen, und sagte; So habe ichs gemacht.


47. Ein Bauer stoßt einen Bürger in den Koth.


Ein Bauer trug einen großen Bund Heu auf dem Buckel gen Markt, und schrie überlaut:[435] Weichet! weichet! Ein Bürger, der ihm begegnete, wollte nicht weichen, daher stieß ihn der Bauer mit dem Bunde Heu in den Koth; der Bürger verklagte ihn, er gab aber keine Antwort, und stellte sich, als wäre er stumm. Der Richter sagte: Dieser Mann kann ja nicht reden, was soll ich mit ihm machen? Ja, sagte der Bürger, er kann schon reden, er rief ja auf der Gasse: Weichet! weichet! Ja, sagte der Richter, hat er so gerufen, so solltest du ausgewichen seyn, dann wärest du nicht in den Koth gefallen.


48. Ein Kaiser verschonet das Menschenblut.


Kaiser Aurelian, als er die Stadt Tyana belagerte, und selbe sich lange nicht ergeben wollte, verschwur sich, er wollte keinem Hunde in dieser Stadt verschonen. Da er nun in die Stadt kam, und seine Soldaten mit den Leuten grausam verfahren wollten, sagte er: Nicht so! ich habe von Hunden, und nicht von Menschen geredet.


49. Ein Bauer zahlet seinen Richter aus.


Ein gewißer Richter sagte einsmals zu einem Bauern: Ich habe mein Lebtag gehöret der beste Bauer ist ein Schelm. Darauf gab ihm der Bauer zur Antwort: Herr Richter! wir halten euch für den besten Bauern.


50. Ein Student foppet seinen Vater.


Ein Student hatte bey seinen Büchern viel[436] Kartenblätter liegen; als es sein Vater erblickte, gab er ihm deßwegen einen ziemlichen Verweis. Der Student entschuldigte sich, und sprach: Mein Vater! dieses habe ich wegen den Mäusen thun müssen, damit sie die Karten, und nicht meine Bücher fressen möchten.


51. Papierne Krebse.


Ein gewißer Herr schickte durch einen Bothen einem Advokaten einen Korb voll Krebse, und schrieb einen Brief dabey. Der Both wollte sehen; was er in dem Korbe hätte; da schlichen fein sauber die Krebse davon. Der Both gieng mit dem Briefe fort, und überantwortete denselben. Der Advokat sagte: Guter Freund! hier sind Krebse im Briefe. O! sagte der Both, das ist gut, daß sie noch im Briefe sind: denn ich habe vermeynet, sie seyn mir alle aus dem Korbe entloffen.


52. Künstliche Teufelaustreibung.


Ein Böhm, der ein böses, zanksüchtiges Weib hatte, schlug selbiges fast alle Tage. Das Weib, so oft sie geschlagen wurde, sagte allezeit: Schlag, schlag nur zu! Schlägst du einen Teufel heraus, so schlägst du andere zehn hinein. Als ihr es aber der Mann endlich zu grob machte, schrie sie: Halt inn, halt inn! es ist kein Teufel mehr darinn.


53. Ein Narr wird selten grau.


Ein junger und dabey grauer Mann fragte einen Alten, der nicht grau war, wie es doch[437] käme, daß mancher Mensch in der Jugend so bald grau, mancher aber im hohen Alter fast gar nicht grau werde. Dem antwortete der Alte: Es ist kein Wunder, werden doch die Esel im Mutterleibe grau. Der Junge versetzte dem Alten gleich wieder Eines, und sagte, die Narren aber, weil sie keine Sorge haben, werden gar nicht grau.


54. Dem Kranken geht die Gesundheit ab.


Es besuchte Einer einsmals einen Kranken, und als er von dem Kranken hinweg gieng, fragte man ihn, was dann dem Kranken fehlete; antwortete er: die Gesundheit.


55. Ein Student kaufet Spargeln.


Ein Bauer wollte einsmals einen Büschel Spargeln verkaufen, und als er von einem kurzweiligen Studenten gefragt wurde, wie theuer er sie geben wollte antwortete der Bauer, um 8 Kreuzer. Der Student legte ihm 4 Kreuzer darauf, und sagte, er wollte nur den halben Theil haben. Sie wurden des Kaufes einig. Der Student nicht faul, schnitt den grünen Theil herunter, und ließ dem Bauern die weißen Stengel in der Hand, und sprach: Da habe ich den halben Theil, nimm die 4 Kreuzer und lerne deine Spargeln wohlfeiler geben.


56. Ein Bauer giebt das Stroh nicht weg.


Auf eine Zeit kam ein Bürger zu einem[438] Bauern, und wollte ein Fuder Stroh von demselben kaufen. Als sie nun des Kaufes einig wurden, fragte der Bauer den Bürger, wie er heiße. Der Bürger sagte:


Ich heiß Hanns Six,

Fürs Stroh gieb ich dir nix.


Der Bauer antwortete:


Ha, ha, heißt du so,

So gieb ich dir kein Stroh.


57. Der Teufel machet Schubkarren.


Als vor einigen Jahren die östreichischen Soldaten in der obern Pfalz durch ein Dorf marschirten, erblickte ein Soldat ein altes Weib, und sagte zu ihr: Alte! was machet der Teufel? Das alte Weib, ohnedem ganz zornig, weil man ihnen viel Kontributionsgelder geben mußte, gab zur Antwort: Schubkarren machet er, daß er euch Bösewichter zur Hölle führe.


58. Mit diesem Leben kömmt Niemand in Himmel.


Es sprach Einer spottweise zu einem Pfarrer: Der Herr kömmt mit diesem Leben nicht in Himmel. Als der Pfarrer darüber bös und unwillig wurde, sagte der Possenreißer: Es ist ja wahr, der Herr kömmt mit diesem Leben nicht in Himmel; denn er muß ja zuvor das Leben verlieren, und sterben.


59. Ein Weib bringt ihren Mann in die Erde.


Ein anderer Possenreißer warf einer gewißen[439] Frau öfters vor, daß sie ihren Mann hätte in die Erde gebracht. Die Frau konnte solches nicht leiden, verklagte ihn also bey seiner Obrigkeit. Als nun dieser Possenreißer gefragt wurde, warum er der Frau das so oft vorwerfe, antwortete er. Es ist ja wahr, daß sie ihren Mann in die Erde gebracht; sie hat ihn ja begraben lassen.


60. Ehrliche Geburt wird bewiesen.


Einer, der Doktor werden wollte, wurde, wie gebräuchlich, unter andern gefragt, ob er auch ehrlich gebohren wäre. Das verdroß ihn, und er sprach zum Notarius: Schreib: die Mutter sagts, der Vater glaubts, ein Narr fragt.


61. Ein Fürst beschützet das Recht.


Ein junger Fürst fragte einsmals, was doch das L.S. in den gedruckten Befehlen bedeute. Darauf antwortete sein Hofmeister im Scherz und Ernst zugleich: Gnädigster Herr! es bedeutet Leges silent, die Gesetze schweigen. Der junge Fürst deutete alsogleich auf seinen Degen, und sagte, so will ich ihnen mit diesem Degen die Zunge lösen.


62. Ungelehrter Student.


Einer, der Magister werden wollte, wurde gefragt, wie viel Himmelszeichen wären. Er sagte, zwölf. Wie heißen sie? Er antwortete: Cancer, Leo, Virgo, die andern aber wollten[440] ihm nicht einfallen. Da sagte ihm ein Schalk ins Ohr: Piper, atque Papaver, welches auch der gute Kandidat alsogleich nachsagte. Worüber dann ein großes Gelächter entstund.


63. Ein Richter richtet zu seinem Nutzen.


Ein lustiger Bauer kam zu seinem Richter, klagte und sagte: Meine Kuhe hat die eurige todt gestossen. Der Richter sagte: So mußt du mirs bezahlen. Der Bauer widersetzte: Nein, ihr habet mich nicht verstanden: Eure Kuhe hat die meinige todt gestossen. Dafür, antwortete der Richter, kann ich nicht, und ist leicht zu erachten, daß ich solches dem Thiere nicht befohlen habe.


64. Wer gut schmiert, der fährt gut.


Ein Richter war der einen Parthey sehr günstig; der andern aber, als der ungerechten, sehr aufsätzig. Als nun der Letztere merkte, daß er seinen Handel verlieren würde, verehrte er dem Richter eine Handvoll Dukaten; und alsobald wurde ihm der Richter sehr günstig, und sprach ihm das Recht zu. Der Erstere beklagte sich beym Richter, warum er jetzt seinen Handel verliere, da er doch zuvor bey ihm allezeit Recht gehabt hätte. Da wies ihm der Richter die Dukaten, auf welchen Kaiser und Könige im Küraß geprägt waren, und sprach: Quis potest resistere tot armatis? Wer kann sich so vielen bewaffneten Herren widersetzen?


[441] 65. Ein Beamter richtete nach den Würfeln.


Ein gewißer Beamte rühmte sich, daß er noch bis jetzt alle Streitigkeiten auf das gerechteste ausgemacht hätte. Ein Anderer fragte ihn, wie ers dann machte; darauf antwortete er: So oft ein Streithandel vorfällt, und ich nicht weis, welche Parthey Recht oder Unrecht habe, laß ich selbige würfeln; wer nun aus Beyden mehrere Augen wirft, der hat es gewonnen.


66. Wer Mehr giebt, findet mehr Recht.


Ein Bauer hatte einen zweifelhaften Handel; damit er nun den Richter auf seine Seite brächte, schenkete er demselben einen neuen Wagen. Sein Widerpart erfuhr dieses, gieng daher auch hin, und verehrte dem Richter ein Paar Pferde in den Wagen. Da es nun zum Endspruche kam, gieng das Urtheil wider Den, der dem Richter den Wagen geschenkt hatte; welcher darauf sprach: O Wagen! Wagen! du gehst nicht recht. Der Richter widersetzte: mein guter Freund! er kann nicht anders gehen, als wo ihn die Pferde hinziehen.


67. Schießen, daß die Haut ganz bleibt.


Als ein vornehmer Herr auf der Jagd einen Hirsch fällete, und ihn durch den Leib schoß, sagte der Hofnarr: Dieser Hirsch ist nicht recht getroffen. Der Herr fragte: Warum nicht? Der Narr antwortete; Du hättest ihm sollen [442] s.v. in den Hintern schießen, so wäre die Haut ganz geblieben.


68. Die Kleidertracht ist veränderlich.


Ein vornehmer Maler sollte dem türkischen Kaiser alle Nationen in ihrer eignen Tracht abmalen, welches er auch gethan. Als er aber auf den Deutschen kam, malete er einen nackenden Menschen, und ein Stück Gewand unter die Aerme, sammt einer Scheere in der Hand. Da der Kaiser ihn fragte, wer der Nackende wäre, gab er zur Antwort, es sey der Deutsche, welcher seine Kleidertracht so oft und vielfältig verändere, daß man ihm keine beständige Tracht anmalen könne. Darum habe ich ihm das Gewand unter die Aerme, und die Scheere in die Hand gegeben, damit er ihm sein Kleid selbst schneiden und machen möchte.


69. Wucherer wird bestrafet.


Ein Wucherer fragte einen Verschwender: Wann wirst du aufhören dein Gütlein durchzujagen? Der Verschwender antwortete: Wann du wirst aufhören mein Gütlein mir abzujagen.


70. Mittel wider die Geldsucht.


Ein Artzt wurde befragt, wie einem Geizigen von der Geldsucht zu helfen sey; da gab er zur Antwort: Wenn man ihm die Goldader schlägt, so wird er wieder gesund. Ein Geiziger hat Argent-Angina, es stecken ihm Gulden im Halse.


[443] 71. Hausen ist unterschiedlich.


Einem gewißen Manne wurde öfters vorgeworfen, daß er Alles verschwende, und nicht hause. Daher gieng er in ein offenes Wirthshaus, warf Fenster, Ofen, und Alles, was ihm unter die Hände kam, zusammen. Die Wirthsleute gaben ihm einen Verweis, und sagten, warum er also hausete? Herr! sey dirs tausendmal Dank, schrie er auf: weil doch ein Mensch ist, der saget, daß ich hause.


72. Ein tapferer Offizier.


Ein Offizier rühmte sich, er habe vielen Soldaten auf die Füße geholfen: denn da sie in der Schlacht die Pferde verloren, müssen sie zu Fuße gehen.


73. Ein Offizier wird beschimpfet.


Ein Soldat sagte zu seinem Hauptmann: Die kleinen Diebe sind Diebe, die großen Diebe sind keine Diebe; Herr Hauptmann ihr seyd auch kein Dieb.


74. Wenig Essen große Zeche.


Ein Wirth setzte wenig Essen auf, und machte die Zeche mit doppelter Kreide; da sprachen die Gäste: Herr Wirth! ihr habet uns Medice traktiret, wir wollen auch modice bezahlen. Nein, nein, sprach der Wirth: Ich habe eure Gesundheit mit dem modice versorgt, ihr werdet es medice bezahlen.


75. Einer bekömmt Gutes und Böses.


Der Graf von Osina fragte seinen Bedienten,[444] was er Gutes oder Böses von ihm gehöret habe. Der Bediente antwortete: Weder Gutes, noch Böses. Der Graf befahl, man sollte ihm 50 Prügel, und 50 Thaler geben, damit er von ihm Gutes und Böses sagen könne.


76. Uebels Nachreden wird verhindert.


Von Ascipide redete man sehr übel; da ließ er seinem schönen Hunde den Schweif abschneiden, und selben in der Stadt herum laufen, und sagte: Jetzt haben die müßigen Leute von meinem Hunde zu reden, und werden meiner vergessen.


77. Andere Zeiten, andere Sitten.


Einer sagte einsmals:

Da man schrieb: Dem Ehrbaren und Frommen, da war Alles wohl zu bekommen.

Da man schrieb: Dem Edlen und Vesten, gab es auch noch was zum Besten.

Jetzt, da man schreibt: Dem Hoch-Edelgebohren, ist Ehr, Lieb und Treu verloren.


78. Vieles Saufen.


Ein Anderer sagte: Vor Zeiten, da man trank, wischte man das Maul; jetzt aber wischt man die Augen: denn man sauft, daß Einem die Augen übergehen.


79. Pralender Saufer.

Ein Erzsaufer rühmte sich, daß er eine ganze Woche kein Glas Bier austrinke. Als ihn Einer[445] lügen hieß, sagte er: Ich lasse allezeit ein wenig darinn.


80. Ein Saufer bekömmt niemals genug.


Ein Weinsaufer sagte, ein guter Wein mache ihm allezeit einen Widerwillen; versteh einen Wieder-Wil len, daß er wieder will.


81. Ein Saufer will größere Trinkgläßer haben.


Man setzte einem Saufer kleine Trinkgläser vor, da begehrte er eine Schnur. Man fragte ihn, was er mit der Schnur machen wollte. Er gab zur Antwort: Damit ich diese kleinen Gläslein anbinde, sonst möchte ich sie hinein schlucken.


82. Mittel fürs Kopfwehe.


Es hat sich einsmals Einer voll getrunken, und weil ihm den andern Tag der Kopf erbärmlich wehe that, so gieng er zum Doktor, und begehrte von ihm ein Rezept für das Kopfwehe; welches er auch bekommen, wie folget:

Recipe. Das Blaue vom Himmel: Das Rumpeln von einer alten Brücke: Das Fette von einer Mücke: Ein Mäßlein Schall von einer Trompete: Ein Mäßlein Krebsblut: Fünf rostige Hufeisen: Neun Sensenspitzen mit der Sichel zugebunden: Alsdann gerieben in einer Pfeffermühle: Den Saft von einem Knöbelspieße: Eingeweide von einer Mistgabel: Ein Loth Vogelgesang: Eine Elle Glockenton.[446] Solches Alles thu, wohl vermischt, in einen wächsenen Tiegel, und laß es zwo Stunden wohl sieden zu einer Salbe. Nimm es in einer Maaß Glasscherben; alsdann mit einem Ochsenzähen die Lenden wohl gerieben, drey Tage darauf gefastet, und für den Durst an Eiszapfen gesutzelt. Probatum est.


83. Der Sache muß man vorkommen.


Ein Soldat hatte ohngefähr den Gubernator zu Mayland tödtlich geschossen; darauf wurde geurtheilet, dem Soldaten die rechte Hand abzuhauen. Der Gubernator aber wollte nicht darein willigen, sagend: Dieses hätte geschehen sollen, ehe der Schuß geschehen ist.


84. Vor dem Tode scherzen Einige.


Ein Dieb bath vor dem Galgen, man sollte ihm aderlassen, er habe sein Lebtag gehöret, die erste Aderlässe sey gut wider den Tod. Ein Anderer begehrte eine Pfeife Toback, sagend, er sey den Flüssen sehr unterworfen, und müsse die Nacht unter dem freyen Himmel bleiben. Wieder ein Anderer bittet, man soll ihm den Küttel anlassen, es gebe gar kalte Nächte.


85. Der Mensch hat nichts Eignes.


Der Erzbischof Florentin pflegte zu sagen, der Mensch habe nichts Eigenthümliches, denn über Hab und Gut disponiren die Juristen über den Leib die Aerzte, über die Seele die Geistlichen.


[447] 86. Ein fester Vorsatz.


Ein ungeschickter Bauernknecht wurde in dem Beichtstuhle gefragt, ob er diese Fasten hindurch nicht gesündiget hätte. Nein, mein Pater! antwortete er, nein, die Zeit war zu heilig; aber nach Ostern, wills Gott, wirds wieder angehen.


87. Große Narren.


Ein großer Mensch sagte, er hätte sein Lebtag keinen großen Narren gesehen. Da widersetzte Einer: So hast du gewiß dein Lebtag nicht in Spiegel gesehen.


88. Ein Mohr wird für einen Teufel angesehen.


Ein vornehmer Fürst schickte seinen Mohren in einer gewißen Sache zu einem Grafen. Da sich nun der Mohr unter Wegs verirrte, und einen Bauern auf dem Acker ersah, ritt er spornstreichs auf denselben los, um nach dem rechten Weg zu fragen. Der Bauer vermeynte, es wäre der Teufel, packte seine Sache zusammen, und lief über Hals und Kopf davon. Je geschwinder er aber lief, je heftiger setzte ihm der Mohr nach. Nachdem er den Bauern ertappet, fiel derselbe vor Schrecken nieder, und sprach ganz zitternd: Ach, gnädiger Herr Teufel! thut mir ja Nichts, ich will Alles thun, was ihr wollet.


89. Ungeschickter Diener.


Ein gewißer Regierungsrath befahl seinem Bedienten, er solle in den Buchladen gehen,[448] und den Buchhändler freundlich grüßen, er möchte ihm doch die Polizeyordnung schicken. Als nun dieser in den Buchladen kam, grüßete er den Buchhändler, und sagte: Mein Herr begehret von euch, ihr sollet ihm die Polnische Säuordnung schicken.


90. Mittel wider die Schuldensorge.


Man fragte einen Mann, der fast allen Leuten schuldig war, wie er doch vor Sorgen schlafen könnte; dieser gab zur Antwort: Ich sorge vor Mitternacht, wie ich zahlen wolle; nach Mitternacht lasse ich die Gläubiger sorgen, wie sie mögen bezahlt werden.


91. Hofherr, Hofnarr.


Ein vornehmer Hofherr vexirte öfters den bekannten chursächsischen Klaus wegen seinen Narrheiten; weil aber dieser gute Kavalier selbst nicht viel Verstand übrig hattt, ob er schon sonsten reich genug war, so sagte Klaus zu ihm: O du einfältiger Tropf! dein Geld macht dich zum Herrn, sonst wärst du fürwahr ein größerer Narr, als ich.


92. Böses Weib, giftiges Kraut.


Ein Doktor der Medizin, der die Natur der Kräuter wohl verstund, hatte ein sehr böses Weib bekommen, wie er sich dann öfters deßwegen bey seinem guten Freunde beklagte; dieser gab hierauf zur Antwort: Mein lieber Herr Doktor! ich verwundere mich nicht über[449] euer Weib, daß dieses böse ist: sondern ich verwundere mich nur über euch, daß ihr als ein Doktor der Medizin ein so giftiges Kraut nicht gekannt habet.


93. Saufen ist viehisch.


Ein starker Saufer rühmte sich gegen den Aristipp, wie er gewaltig saufen könne, und doch keinen Rausch bekomme. Darauf erhielt er zur Antwort: Das kannst du nicht allein, sondern mein Ochs und mein Esel können es auch.


94. Rathsesel.


Ein gewißer Pfarrer ritt einst auf einem stolzen Pferde daher. Ein Bürgermeister, als er ihn sah, gab ihm deßwegen einen Verweis, und sagte: Unser Herr ist nicht auf einem stolzen Pferde, sondern auf einem Esel geritten, Der Pfarrer widersetzte: Ich wollte gern einen Esel kaufen und darauf reiten; aber seitdem, daß man die Esel in den Rath nimmt, sind sie gar rar zu bekommen. Ingleichem: Als ein Bauer sah, daß man in einer gewißen Stadt lauter Idioten zu Rathsherren machte, nahm er einen Esel, führte selben vor die Thüre des Rathhauses, und sagte zu dem Esel: O du liebes Eselein! Schade ists, daß du nicht in dieser Stadt gebohren bist, gewißlich du wärest schon längstens ein Rathsherr geworden.


95. Ein Blinder soll zahlen.


Ein blinder Mann war einem Tuchhändler Geld schuldig; als er nun seinen Ladendiener[450] zu ihm schickte, und dieses Geld fodern ließ, gab der Blinde zur Antwort: Sobald ich deinen Herrn sehen werde, will ich ihn bezahlen.


96. Gelegenheit machet Diebe.


Eine Magd beklagte sich gegen ihre Frau, warum sie doch Alles vor ihr verschlöße, sie wäre ja keine Diebinn. Die Frau antwortete: Ich thu es darum, daß du keine werden mögest.


97. Diebstahl wird verdeckt.


Herzog Friedrich zu Würtemberg sah bey angestellter Fischerey einen stattlichen Fisch stehlen, also, daß er dem Diebe unter dem Mantel hervor stund; daher der scherzende Fürst sprach: Du Gesell! trag entweder einen längern Mantel, oder stiehl einen kleinern Fisch.


98. Die Weiber sollen sich alle erhenken.


Diogenes gieng einsmals im Garten spatzieren, und als er ungefähr ein Weib sah, die sich selbst erhenket hatte, und vom Baume herunter hieng, sagte er: O wollte Gott, daß alle Bäume solche Früchte trügen! Er wollte sagen, als sollten sich alle Weiber erhenken, so wäre alles Uebel aus der Welt. Aber da gesagt, daß es die Weiber nicht hören.


99. In der Predigt soll man aufmerken.


Ein Pfarrer sah unter der Predigt, daß ein Bürger unweit der Kanzel schlief, und ziemlich stark schnarchete, auch daß neben ihm zwey[451] Weiber saßen, die ziemlich laut mit einander plauderten, da fieng er an: Meine Frauen, redet doch nicht so laut, sonst möchtet ihr den Herrn aufwecken, der neben euch so sanft schläft.


100. Ein künstlicher Ochsenkauf.


Einer kaufte ein Paar Ochsen für 30 Gulden, doch mit dieser Bedingniß, daß er 15 Gulden gleich zahlen, die übrigen 15 Gulden aber schuldig bleiben wolle. Nicht lang hernach foderte der Verkäufer solche 15 Gulden; aber der Käufer gab ihm zur Antwort: Nein, mein Herr! so lautet unser Vertrag nicht. Wenn ich dir die 15 Gulden bezahle, so bleib ich dir Nichts mehr schuldig; wir haben aber mit einander abgeredet, daß ich dir 15 Gulden schuldig bleiben wolle.


101. Eine Luge wird bemäntelt.


Einer rühmte sich, er wäre zu Venedig gewesen. Als ihn nun Jemand fragte, was er Gutes da gesehen hätte, sagte er, er wäre nur auf der Post durchgeritten. Da aber darauf ein Anderer widersetzte, das wäre nicht möglich, indem diese ganze Stadt im Meere liege, antwortete er: Es ist im Winter gewesen, da das Wasser alles gefroren war.


102. Weiberrausch.


Ein Bauernweiblein gieng einsmals ins Wirthshaus, und trank sich so voll und dumm, daß sie den Kopf nicht aufrecht tragen konnte; da sagte sie endlich: Herr Wirth! was bin ich[452] schuldig? Nur 10 Maaß Bier, antwortete der Wirth. Ach nein, mein Herr! sagte sie, ich bin nicht mehr als 9 schuldig, denn ich habe es oft probiret, es gehen nicht mehr in meinen Bauch, als so viel. Ey ja, versetzte der Wirth, wenn gleich nur 9 Maaß in euern Bauch gehen, so ist eine in Kopf gestiegen.


103. Schlechte Gelehrtheit.


Ein junger Hofherr am dreßdenschen Hofe, welcher sehr aufzuschneiden pflegte, rühmte sich einsmals über der Tafel, er habe zu Wittenberg mehr als 2000 Reichsthaler verstudiret. Dem sagte der Hofnarr ins Ohr hinein. Monsieur! wenn er Einen finden kann, der ihm wieder 100 Thaler für seine Gelehrheit giebt, so verkaufe er dieselbe ohne einiges Bedenken, denn er wird sie doch nicht höher anbringen.


104. Unverständiger Arzt.


Ein gewißer Feldscheerer, der nicht Viel verstund, machte mit seinen Kuren solche Proben, daß die meisten Patienten von der Kompagnie dahin starben. Der Hauptmann gab ihm deßwegen öfters einen scharfen Verweis; der Feldscheerer aber versprach künftige Besserung, und sagte, er wolle schon hinter das Geheimniß kommen, und sollte die halbe Kompagnie darauf gehen.


105. Aufs bloße Hemd prügeln.


Ein Soldat fieng immer Händel an; sein Hauptmann befahl, man soll ihm 100 Prügel[453] aufs bloße Hemd geben. Der Soldat nicht faul, warf seinen Rock hinweg und endlich auch das Hemd vom Leibe, und sagte: Hier ist mein bloßes Hemd, demselben möget ihr immer so viel Prügel geben. Dadurch geschah, daß er pardoniret wurde.


106. Durch die Finger sehen.


Ein gewißer Brillenmacher, als er sah, daß bey Hofe Alles unter und über sich gehe, wie auch, daß man den Beamten allen Zügel und Zaum lasse, gieng er nach Hof zu dem Fürsten, und begehrte von ihm um Gottes willen einen Zehrpfennig, damit er mit Ehren weiter kommen könnte. Der Fürst fragte, was er für ein Handwerk treibe? Er antwortete: Ich bin meines Handwerks ein Brillenmacher, und kann mich mit dieser Handthierung nicht mehr ernähren, denn die Brillen gehen heut zu Tage nicht mehr ab, weil man jetzt aller Orten durch die Finger sieht.


107. Mancher ist keinen Häller werth.


Zwey Kaufleute stritten lange Zeit auf dem Wege mit einander, wer unter ihnen gescheider und klüger wäre. Endlich fieng der Erste an: Du Kerl! ich wollte dich eher hundertmal verkaufen, als du mich einmal. Das will ich gar wohl glauben, versetzte der Andere: denn für dich würde man mir keinen Häller geben.


[454] 108. Ein Bauer schmähete seine Landesfürstinn.


Ein vornehmer Fürst verirrte sich auf der Jagd in dem Walde. Ein Bauer zeigte ihm, da er ihn für einen gemeinen Reiter ansah, den Weg hinaus. Als sie nun aus dem Walde kamen, fragte der Fürst den Bauern: Vater! wer ist dein Landesfürst? Dieser sagte: Der Fürst von –. Da verstund der Fürst, daß dieser Bauer sein Unterthan wäre; fragte also weiter: Mein! was hältst du wohl von deinem Fürsten? Unser Fürst, versetzte der Bauer, wäre schon recht, aber seine Frau, die böse Hure, ist keinen Schuß Pulver werth, sie drucket uns, wo sie immer kann. Der Fürst lächelte, und sobald er nach Hause kam, erzählte er dieses seiner Gemahlinn. Die Fürstinn entrüstete sich sehr darüber, und wollte Nichts als den Tod des Kalumnianten wissen. Der Fürst stellte ihr aus Gespaß diesen Bauern vor, und fragte ihn in Gegenwart der Fürstinn, ob er nicht wüßte, was er vor etlichen Tagen zu einem Reiter von der Fürstinn gesagt hätte. Der Bauer antwortete: Was wußte ich, daß der Schelm, dem ich es sagte, mich verrathen sollte? Die Fürstinn fieng an herzlich zu lachen, und sagte: Ich meines Orts bin zufrieden, der Bauer soll Gnade haben; der Fürst kann seinen Schelmen gleichwohl in Sack schieben.


109. Ein Bettler verlangte Brod.


Ein Bettler kam vor ein Haus, und begehrte[455] ein Brod. Die Magd rief ihm zu: Helf dir Gott, es ist Niemand zu Hause. Der Bettler antwortete: Ich begehre ein Stück Brod, und habe mit den Leuten im Hause Nichts zu thun.


110. Ein Narr suchet gescheide Leute.


Ein hoffärtiger und aufgeblasener Hofherr, der vermeynte, er habe alle Wissenschaften mit Haut und Haaren gefressen, rühmte sich, daß er endlich nach vielem Nachsuchen einen gescheiden Mann gefunden hätte; diesem gab Alphons, König in Arragonien, zur Antwort: Mein Knolle! wie kannst du wohl einen gescheiden Menschen kennen, der du ein Narr bist.


111. Böses Weib, großes Uebel.


Pythagoras wurde gefragt, warum er seinem ärgsten Feinde sein Töchterlein zur Ehe gäbe. Darauf gab er zur Antwort: Weil ich meinem Feinde kein größeres Uebel anthun könnte, als wenn ich ihm ein Weib gebe.


112. Besser ist sich nicht zu verheyrathen.


Einer wurde gefragt, warum er sich nicht verheyrathen wolle. Hierauf antwortete er: Nehme ich eine Arme, so muß ich sie ernähren; nehme ich eine Reiche, so muß ich immer Vorwurf leiden; nehme ich eine Schöne, so muß ich immer in Sorgen stehen, sie möchte verführet werden; nehme ich eine Häßliche, so bin ich ohnedem geschlagen genug. Es ist also weit besser, sich gar nicht zu verheyrathen.


[456] 113. Kleines Weib.


Demokrit wurde gefragt, warum er ein so kleines Weiblein zur Ehe genommen. Er gab zur Antwort: Ich habe mein Lebtag gehöret, aus zwey Uebeln soll man das kleinere erwählen.


114. Die lustige Zeit.


Einer von Adel fragte einen Bauern, um welche Zeit die Bauern am lustigsten wären. Der Bauer sagte: Im Winter, denn da haben wir nicht Viel zu arbeiten. Der Bauer fragte auch den Edelmann, wann sie dann am fröhlichsten wären. Wir von Adel, versetzte er, sind im Frühlinge am lustigsten, absonderlich im May. Ey! ey! schrie der Bauer auf, so machet ihrs gerade wie mein Esel: denn eben um diese Zeit schreyt er immer vor Freuden Iha! Iha!


115. Faulheit wird bestrafet.


Ein Weib wurde öfters von ihrem Manne wegen ihrer Faulheit mit Prügelsuppen abgespeiset; als er ihr aber einstmal es zu grob machte, fieng sie an zu schreyen: Du Schelm, du Dieb, warum schlägst du mich? habe ich doch Nichts gethan. Ey recht, widersetzte der Mann, eben aus dieser Ursache schlage ich dich, weil du den ganzen Tag Nichts thust.


116. Ein Esel hat Freunde.


Ein Bauer fuhr einsmals mit seinem Esel in die Stadt, und als der Esel nicht gehen[457] wollte, schlug er denselben erbärmlich. Ein Hofherr, der solches vom Fenster herab sah, hatte Mitleiden mit diesem Esel, und schrie: Knolle! warum schlägst du dieses arme Thierlein so gewaltig? Der arglistige Bauer versetzte: Gnädiger Herr! verzeihet mir, ich habe nicht gewußt, daß mein Esel ein so naher Freund zu euch sey.


117. Ein Student wird angeführt.


Ein Bauer hatte einen Sohn, der lange Zeit studirte, und ihm viel Geld kostete. Endlich verlangte er zu wissen, was doch sein Sohn gelernet hätte. Der Sohn wollte mit der Sprache lang nicht heraus. Als aber einsmal 3 Eyer auf den Tisch getragen wurden, wollte er seine hohe Gelehrtheit sehen lassen, und sagte also: Nun, mein Vater! ich will zeigen, daß hier in der Schüssel 5 Eyer seyn, obschon nur 3 gesehen werden; wo 3 sind, da sind auch 2; hier aber in der Schüssel sind 3, folglich sind auch allda 2. Zwey und 3 aber machen 5, schließlich sind hier 5 Eyer. Der Vater verwunderte sich über den so hohen Verstand seines Sohnes, und sagte: Gar recht, mein lieber Sohn! zwey von diesen fünf Eyern will ich essen, eines will ich deiner Mutter geben, die übrigen zwey kannst du essen.


118. Grabschrift eines Saufers.


Einem Saufer, der Tag und Nacht im Wirthshause herumzog, wurde diese Grabschrift gemacht:
[458]

Hier liegt begraben,

Der g'füllt hat seinen Kragen

Mit Brandtewein und Bitterbier;

Ist also entschlafen hier.


119. Grabschrift eines Pfarrers.


Ein gewißer Meßner, als sein Pfarrer, mit Namen Melchior, starb, machte er ihm zu Ehren diese wohlausstaffirte Grabschrift:


Hier liegt begraben Herr Melcher,

Ein Pfarrer g'west ist welcher,

Hat gelebt in Tugend und Zucht,

Ist gestorben an der Wassersucht.

Sag doch, o lieber Leser! frey,

Ist das nicht Schad? Ey! ey! ey!


120. Grabschrift.


Einer mit Namen Hanns Haschebrod, als er merkte, daß er bald sterben würde, machte sich selbst diese Grabschrift:


Hier liegt Hanns Haschebrod.

Gieb mir, mein lieber Gott!

Das ewige Leben,

Gleichwie ich dirs wollt geben,

Wenn du wärst Hanns Haschebrod,

Und ich dein lieber Gott.


121. Grabschrift eines Wirths.


Einem Wirth, der mit doppelter Kreide anzuschreiben pflegte, machte man diese Grabschrift:
[459]

Es liegt ein Wirth allhier,

G'schenkt hat er braunes Bier,

Zech machte er, daß d'Augen tropfen;

Hätt' man ihn nicht brav sollen klopfen?

G'schenkt hat ers Bier um doppelts Geld:

So betrogen sind d'Wirth in der Welt.


122. Grabschrift einer Frau.


Einer tugendhaften Frau wurde die schöne Grabschrift gemacht:


Schauet diesen schlechten Stein;

Ein Diamant sollt es seyn:

Denn Das, was er beschwert,

Ist Mehr, als dieser, werth.

Hier liegt die Frömmigkeit,

Und wart't auf jene Zeit.


123. Grabschrift eines zänkischen Weibes.


Ein gewißer Mann machte seinem zänkischen Weibe, als sie starb, diese Grabschrift:


Hier liegt mein Weib, Gott seys gedankt!

So lang sie g'lebt, hats immer zankt.

Lieber Leser, geh von hier,

Sonst steht sie auf, und zankt mit dir.


124. Ueble Ehe.


Ein übles Verständniß zwischen Mann und Weib beschreibt P. Abraham also:


Will er Sauer, so will sie Süß;

Will er Mehl, so will sie Grieß.

Schreyt er Hu, so schreyt sie Ha;

Ist er dort, so ist sie da.[460]

Will er essen, so will sie Fasten;

Will er Gehen, so will sie Rasten.

Will er Recht, so will sie Link;

Sagt er Spatz, so sagt sie Fink.

Ißt er Suppen, so ißt sie Brocken;

Will er Strümpf, so will sie Socken.

Sagt er Ja, so sagt sie Nein;

Sauft er Bier, so trinkt sie Wein.

Will er Dieß, so will sie Das;

Singt er den Alt, so singt sie den Baß.

Steht er auf, so sitzt sie nieder.

Schlägt er sie, so kratzt sie wieder,

Will er Wist, so will sie Hott;

Das ist ein Leben, erbarm es Gott!


125. Ein rauschiges und zänkisches Weib.


Ein gewißes Weib, mit Namen Anna, war fast Tag und Nacht sternvoll. Ihr Mann ermahnte sie öfters, sie sollte doch von diesem Laster abstehen, bekam aber nur ein böses Maul, und sie mußte allezeit das letzte Wort haben. Als sie nun nicht schweigen wollte, gedachte der Mann, daß, wenn die Kinder nicht schweigen wollen, sie durch das Wiegen können besänftiget werden. Daher nahm er sie, warf sie in die Wiege hinein, und fieng an ganz sanft zu wiegen. Das Weib aber schrie, als steckte ein Messer in ihr: Wieg, du Dieb! ey wieg, du Schelm! etc. Weil sie noch nicht schweigen wollte, wiegte er so stark, daß die Wiege sammt dem Weibe aufhüpfte, und sang dazu:
[461]

Schweig, mein Andel! schweig,

Ich kauf dir bald ein Miederzeug.

Schweig, mein Andel! schweig.


Sie schwört, sie schilt, sie murmelt, sie kirret, und wünscht ihm alle Teufel auf den Hals. Er aber wiegt immerfort, und damit sie desto eher einschlafen möchte, sang er abermal dazu:


Aja, Popaja, willst schweigen?

Sonst geb ich dir, Andel! ein Feigen.


Endlich fieng sie an einzuschlafen, versprach lauter goldene Berge; ja sie rief alle Heilige zu Zeugen an, daß sie inskünftige schweigen wollte. Bald darauf, als sie wiederum einen guten fidimirten Rausch hatte, strauchelte sie über einen Stein, und fiel zu todt. Der Mann ganz froh, ließ auf ihren Grabstein zu ewiger Gedächtniß diese Schrift setzen:


Hier liegt meine liebe Anna,

So die Küchel verbrannt in der Pfanna.

Der Teufel mag eines solchen Weibs Mann seyn.


126. Ein Jud wettet mit einem Christen.


Ein Jud und ein Christ wetteten mit einander, daß, wer die meisten Heiligen zählen könnte, der soll dem Andern allezeit ein Haar ausraufen. Als sie nun lang gegen einander zähleten, und der Jud einen Heiligen um den andern aus dem alten Testamente hersagte, fiel dem Christen die heilige Ursula mit eilftausend Heiligen ein, ertappte also den Juden bey dem Bart, und raufte ihm solchen ganz und gar aus.


[462] 127. Erwählung eines Standes.


Einer wußte nicht, in was für einen Stand er sich begeben sollte, sprach demnach bey sich selbst also:


Bin ich ein Mönch, so werd ich hart gestriegelt.

Bin ich ein Soldat, so werd ich hart geprügelt.

Bin ich ein Bauer, so thut man mich schinden.

Bin ich ein Dieb, so thut man mich binden.

Bin ich ein Doktor, so muß ich studieren.

Bin ich ein Narr, so thut man mich vexiren.

Bin ich reich, so leb ich in Sorgen.

Bin ich arm, so will man mir nicht borgen.

Bin ich hoch, so leid ich viel Mucken.

Bin ich nieder, so thut man mich drucken.

Bin ich ledig, so hab ich keine Freuden.

Bin ich verheirath, so muß ich Viel leiden.


Rathe demnach du mir, mein lieber Leser! was ich in meinem Anliegen zu thun habe.


128. Es kömmt nichts Bessers nach.


Eine alte Frau bethete täglich für ihren Stadtrichter, daß er doch lang leben möchte. Der Richter, als ers erfahren, ließ sie zu der Mahlzeit laden. Wie sie nun mit einander zur Tafel saßen, da sagte die Alte: Mein Herr Stadrichter! wie habe ich dieses um euch verdienet? Dieser antwortete: Ihr verdient es noch täglich an mir; nur wollte ich gerne wissen, was ich euch Gutes gethan, daß ihr täglich[463] für mich bethet? Worauf sie antwortete: Dieses, mein Herr! ist die Ursache: Ich habe euern Großvater als einen Richter gekannt; dieß war ein Mann, der nicht viel nutz war. Ich habe euern Vater gekannt, der noch viel schlimmer war. Ich kenne auch euch, mein Herr! daß ihr der ärgste Schelm auf der Erde seyd; darum bethe ich für euch, daß ihr möget lang leben, denn ich fürchte, es möchte noch ein ärgerer Schelm nach euch kömmen. Dieses gute Weib wollte sagen, es komme selten etwas Bessers nach.


129. Zwey zahlen mit gleicher Münze einander aus.


Ein Einäugiger traff unter Wegs in aller Frühe einen buckelten armen Tropfen an. Der Einäugige sagte schimpfweise zu dem Buckelten: Wo willst du so frühe hinreisen, weil du die Ranze auf dem Buckel schon aufgeladen hast? Der Buckelte antwortete ihm mit gleicher Schimpfrede: Ja, ja, es muß sehr frühe seyn, weil du erst einen Fensterladen aufgemacht hast. Er verstund hierdurch sein Einauge.


130. Ungeschicktes Reden.


Einer mischte in alle seine Reden jederzeit diese Worte ein: Wie ihr deßgleichen. Dieser wurde einsmals von seinem Herrn zu dem Landrichter geschickt, und mußte ihm andeuten, wie er, (sein Herr) zween Diebe gefangen habe, und gesinnet sey, dem[464] Landrichter solche zu liefern. Er richtete seine Post also aus: Gnädiger Herr Landpfleger! mein Herr läßt sich euer Gnaden empfehlen, wie ihr deßgleichen, und thut euch berichten, wie daß heute Nacht zween Diebe, wie ihr deßgleichen, eingebrochen und gestohlen haben, wie ihr deßgleichen. Läßt also bitten, euer Gnaden wollen solche Galgenvögel, wie ihr deßgleichen, gebührendermaßen abstrafen und aufhängen, wie ihr deßgleichen. Der Landrichter merkte wohl, daß dieser Lümmel eine schändliche Gewohnheit an sich habe, sagte ihm demnach, er soll seinem Herrn andeuten, daß er diese Diebe überliefern, und hinführo keinen solchen groben Narren mehr schicken sollte. Ja, ihr Gnaden, sagte dieser, wie ihr deßgleichen.


131. Ungeschickte Weise zu reden.


Ein Anderer hatte die Gewohnheit, daß er zu allen Sachen hinzusetzte: Recht also. Dieser Phantast kam ungefähr zu einem Fuhrmann, der mit seinen Wagen umgeworfen. O mein Gott! sagte er, wie seyd ihr umgegangen! Recht also, jetzt müsset ihr schon den Schaden büßen; recht also. Der Herr, dem der Wein gehört, wird euch keinen Pfennig nachlassen; recht also. Ja er wird euch noch über das brav abprügeln; recht also. Der Fuhrmann war ohnedem voll Zorn und sagte: Potz Stern tausend etc. wie wollte ich umgegangen seyn? Die verfluchten Leute machen den[465] Weg nicht, und wir müssen so große Maut geben. Recht also, sagte der Andere abermal. Was? sagte der Fuhrmann, ist es dann recht, daß man uns um Alles bringen will? Recht also, versetzte wiederum der Andere. Der Fuhrmann nicht faul, nahm die Geißel, und striegelte diesen armen Lappen so lang, bis er sein Recht also vergessen hatte.


132. Wodurch macht sich der Deutsche verächtlich.


Ein großer Politiker wurde gefragt, was die Deutschen am meisten verächtlich mache. Hierauf gab er zur Antwort: Zwey Dinge machen selbe verächtlich. 1) Die unterschiedliche Kleidertracht: denn sie sind wie die Affen; was sie heute Fremdes sehen, machen sie morgen nach. Daher malte einst ein Maler den Franzosen zwar nett, den Spanier gravitätisch, den Deutschen aber nackt, und vor ihm einen Korb voll allerhand Kleider, anzudeuten, daß der Deutsche nicht bey seiner Kleidertracht bleibe, sondern allerhand Kleider an sich nehme. 2) Das überflüßige Saufen. Es muß ja, leider! die Bierampel beständig auf dem Tische stehen, und vermeynet Mancher, er wäre kein rechter Biedermann, wenn er nicht alle Tage seinen tüchtigen Rausch habe. Pfui der Schande! Ja, Mancher bleibt keinen Tag zu Hause, geht bald in dieses, bald in jenes Wirthshaus, und es heißt bey ihm:
[466]

Am Sonntag zum schwarzen Rössel,

Am Mondtag zum blauen Kessel,

Am Erchtag zum goldnen Lampel,

Am Mittwoch zum grünen Kampel,

Am Donnerstag zur goldnen Sonn,

Am Freytag zum wilden Mann,

Am Samstag zur schönen Linden,

Laß ich mich beym Saufen finden.


133. Gute Purgier.


Ein Schneider gieng vor einer Apotheke vorüber, und weil eine Geise dahin gelorbert hatte, vermeynte er, der Apotheker habe Pillen verschüttet; nahm demnach einige davon, schluckte sie hinunter und sagte: Da komme ich recht unverhofft zu einer Purganz, indem ich ohne dieß bisher verstopft gewesen bin.


134. Ein Jude muß im Koth liegen bleiben.


In der Stadt Magdeburg fiel ein Jude an ihrem Sabbathe in das heimliche Gemach. Seine Mitbrüder bathen inständig den Magistrat, daß derselbe durch die christlichen Stadtknechte aus diesem übeln Quartier möchte herausgezogen werden. Die Sache kam zum Bischofe. Dieser verwunderte sich über das unverschämte Begehren der Juden, und fragte: Warum sollen ihn die Christen heraus ziehen? warum thut ihrs nicht? Weil wir, sagten die Mauschel, heute unsern Sabbath haben. Recht, widersetzte der Bischof: Heute[467] soll es nicht geschehen, weil euer Sabbath ist; morgen auch nicht, weil unser Sonntag ist. Mußte also der Jude so lang in diesem Saubette liegen bleiben, bis ihn seine Mitbrüder selbst heraus gezogen.


135. Den Todtschlag soll man strafen.


Ein gewißer Offizier stach Einen todt, gieng aber zum Könige, und bekam Pardon. Er stach wiederum Einen todt, und wurde pardonirt. Er stach abermal Einen todt, und wagte es wiederum, Gnade zu suchen. Der König aber ganz bestürzt, sagte: Was? ich soll euch Gnade mittheilen, indem ihr doch meine Gnade schon zweymal misbrauchet, und schon drey ums Leben gebracht? Unterdessen sprang der Hofnarr hervor, und sagte zum Könige: Herr! du irrest dich, dieser hat nur einen Einzigen umgebracht, die andern Zween hast du umgebracht: denn hättest du ihn bey dem Ersten hinrichten lassen, so hätte er die andern Zween nicht umbringen können.


136. Groß an Statur, klein im Verstande.


Ein gewißer Herr war sehr lang von Statur, hatte aber wenig Verstand im Kopfe. Einige rückten ihm solches öfters vor. Einsmals, als es wiederum geschah, fiel eine Frau in die Rede, und entschuldigte ihn also: Wisset ihr dann nicht, daß das oberste Stockwerk eines großen Hauses selten bewohnet wird?


[468] 137. Die Besoldung läuft fort.


Einer beklagte sich bey einem Beamten, und begehrte von ihm Bescheid. Der Beamte aber, welcher zu wenig in das Corpus juris hinein geschauet, konnte darauf keine Antwort geben. Der Kläger ganz unwillig, sagte zu dem Beamten: Zum Teufel, was seyd ihr dann für ein Beamter, wenn ihr nicht wisset, was in der Sache zu thun? Gewißlich, der Kurfürst giebt sein Geld umsonst aus. Der Beamte widersetzte: Wisse, mein grober Lümmel! der Kurfürst besoldet mich wegen Dessen, was ich weis, und nicht wegen Dessen, was ich nicht weis.


138. Zwey Beutelschneider, Einer besser als der Andere.


Es kamen 2 Beutelschneider in einer Komödie zusammen, derer Einer hieß Labier, der Andere Kandier. Nun dieser Kandier saß gerade hinter dem Labier, den er für einen vornehmen Herrn hielt. Er fieng an die kostbaren silbernen Knöpfe von des Labiers Rock herab zu schneiden; der Labier, welcher selbst ein ausgestochener Beutelschneider war, merkte es, und ließ ihn ein und den andern Knopf abschneiden; indessen zog er ein Messer aus der Tasche, wandte sich geschwind, und schnitt dem Kandier ein Ohr ab. Da fieng der Kandier gewaltig an zu schreyen: Mein Ohr! auwehe, mein Ohr! Der Labier schrie auch: Auwehe, meine Knöpfe! meine Knöpfe! Da hast du,[469] sagte der Kandier, deine Knöpfe. Da hast du, sagte der Labier, dein Ohr auch wieder. Hierauf entstund ein ungemeines Gelächter.


139. Anstatt der Erbsen wachsen Schweitzer.


Ein gewißer Bauer in Frankreich säete in seinem Acker Erbsen aus. Der König hielt nachgehends Musterung seiner Soldaten, und es kamen die Schweitzer eben auf diesen Acker zu stehen. Der Bauer wollte gerne wissen, wie es um seine Erbsen stund, gieng hinaus auf sein Feld, und sah, daß die Schweitzer darauf stunden. Ey Wunder! ey Wunder! schrie der Bauer: ich habe Erbsen gesäet, und es sind Schweitzer daraus geworden. Der König als er diesen Scherz erfahren, fieng an zu lachen, und ersetzte ihm den Schaden.


140. Ein Maurer schlägt Einen todt.


Ein Maurer fiel von einem hohen Hause herab, und zwar eben auf einen Mann, der vorüber gieng, dadurch dann dieser todt blieb, der Maurer aber sein Leben erhielt. Die Freunde des Erschlagenen verklagten den Maurer und wollten durchaus Satisfaktion haben. Die Obrigkeit, weil sie mir den Freunden Nichts ausrichten konnte, gab endlich folgenden Bescheid: Es sollte Einer aus diesen Befreundten sich auf das Haus hinauf begeben, wovon der Maurer herabgefallen, und sich gleichfalls auf besagten Maurer, der unten stehen sollte,[470] herunter stürzen. Da nun Keiner sich dazu verstehen wollte, giengen sie stillschweigend davon.


141. Mit den Degen, und nicht mit den Bärten streiten.


Als Franciscus von Bourbon, ein junger Fürst, in Italien mit der französischen Armee wider die Kaiserlichen zu Felde lag, ließ der Marggraf von Tuast, kaiserlicher Feldmarschall, dem jungen Herzoge Franziscus sagen, er sollte sich zuvor den Bart wachsen lassen, und alsdann mit ihm eine Schlacht wagen. Dieser aber ließ ihm antworten: Die Franzosen pflegen mit dem Degen, und nicht mit den Bärten zu fechten. Wie dann hernach dieser junge Herzog das Feld erhalten.


142. Die Diebe sind Soldaten geworden.


Ein Oberster unter den Soldaten sah in einem Wirthshause zum Fenster hinaus, und konnte eben auf den Berg sehen, wo der Galgen stund, welcher zu selbiger Zeit ganz leer war. Fragte also den Wirth, warum sie Keinen aufhängen ließen? Der Wirth antwortete: Herr! wir haben keine Diebe mehr; denn unsere Diebe sind alle Soldaten geworden.


143. Die Mäuse fressen die Schuhe.


Ein Bürger zu Rom, als er Morgens vom Bette aufstund, sah, daß seine Schuhe von den Mäusen zerbissen waren; weil er es nun für ein böses Zeichen hielt, gieng er zu dem Kato,[471] und fragte, was wohl dieses bedeuten möchte; welcher ihm lächelnd antwortete: Das ist kein Wunder, daß die Mäuse deine Schuhe zerbissen haben; aber Das wäre ein Wunder, wenn deine Schuhe die Mäuse gefressen hätten.


144. Pralender Arzt.


Ein hoffärtiger und aufblasener Arzt konnte bey einer Prälatentafel seine Arzneyen, die er den Kranken zu geben pflegte, nicht genugsam hervorstreichen und anrühmen. Ein gewißer Religios, der sehr ausgestochen war, fiel ihm endlich in die Rede, und sagte: Mein Herr Doktor! eure Medizin kömmt mir vor wie eine Seelenmesse, die weder Credo noch Gloria hat.


145. Vögel fangen.


Ein Vogelfanger nahm einen Doktor mit auf den Vogelheerd, und befahl ihm ganz still zu seyn. Kaum aber als dieser ungesalzene Doktor in den Wald kam, fieng er an zu reden, und sagte auf Lateinisch, es wäre eine große Menge Vögel vorhanden; worauf alle Vögel wiederum wegflogen. Der Vogler, ganz zornig, sagte zum Doktor: Wenn er nicht schweigen könnte, so hätte er nicht mitgehen sollen. Hierauf widersetzte dieser: Zum Plunder! was habe ich gewußt, daß die Vögel auch Lateinisch verstehen.


146. Alles gerade machen.


Ein gewißer Kardinal wurde vom Kaiser [472] Maximilian nach Florenz geschicket, die Streitigkeiten daselbst aufzuheben, und Alles richtig und gerade zu machen. Ein Possenreißer, welcher von Natur buckelt und krumm war, machte ihm allda viel artige Possen und Kurzweil, und begehrte endlich eine Gnade. Der Kardinal fragte ihn, was er für eine Gnade begehre; er gab zur Antwort: Ich habe gehört, Euer Eminenz seyn anher gekommen, Alles in diesem Lande richtig und gerade zu machen; als bitte ich, sie wollen mich auch gerade machen: denn ich habe es wohl vonnöthen. Hierüber lachte der Kardinal, und gab ihm ein ansehnliches Geschenk.


147. Ein Aff wird für ein Kind angesehen.


Ein Bauer in Schwaben kam vor die Apotheke, und wollte einen Thaler wechseln lassen; da saß ein angekleideter Aff vor der Thüre auf dem Laden, dem gab er den Thaler. Der Bauer gieng hinein in die Apotheke, klein Geld vor diesen Thaler zu empfangen, welches ihm auch gegeben wurde. Als aber der Apotheker fragte, wo dann der Thaler wäre? sprach der Bauer: Ich habe ihn schon vor der Thür eurem kleinen Büblein gegeben. Vermeynte, der Aff wäre des Apothekers Söhnlein.


148. Kleiner Respekt für die Bürgermeister.


In einem Städtlein der obern Pfaltz saßen die Bürgermeister zu Rath, und warteten lange Zeit auf die übrigen Rathsverwandten.[473] Als nun Einer nach dem Andern geschlichen daher kam, wurde der Stadtknecht zornig, und sprach: So gehet dann von der Stelle ins Teichselsnamen; müssen die Herren Bürgermeister schon warten, wie andere Hunds etc. etc. Das war ein trefflicher Respekt für die Bürgermeister.


149. Ein Bauer kaufet Brillen zum Lesen.


Ein Bauer, der nicht lesen konnte, als er sah, daß alte Leute, wenn sie lesen wollten, eine Brille brauchten, vermeynte, wenn er eine Brille aufsetzen würde, so könnte er auch lesen. Gieng also zu einem Brillenmacher, und wollte eine Brille kaufen. Der Brillenmacher setzte ihm eine auf die Nase. Der Bauer schauete in ein Buch, konnte es aber nicht lesen, sagte ihm also: Zum tausend! die Brille ist nicht gut. Der Brillenmacher setzte ihm noch etliche andere auf. Der Bauer konnte noch nicht lesen. Endlich sagte der Brillenmacher: Mein Freund! ihr möget wohl gar nicht lesen können. Ey, Kerl! sprach der Bauer, wenn ich lesen könnte, so kaufte ich die Brille nicht.


150. Eifersucht zweyer Narren.


Ein gewißer Herr hatte zween Narren; diese aber eiferten mit einander, und wollte ein Jeder ein größerer Narr seyn als der Andere. Einer gieng in der Stille zum Herrn, und sagte: Herr! was thust du dann mit zween Narren? es ist ja Einer genug aufs Haus. Recht, antwortete[474] der Herr, so sollst du hinführo Hauptnarr seyn, und also vor dem Andern die Präzedenz haben. Einsmal wurde er von andern Herren zur Tafel geladen, damit er ihnen lustige Possen machen sollte. Er soff und fraß brav darauf, sagte aber Nichts. Endlich begehrten die Herren, daß er ihnen doch was Lustiges machen möchte. Da sagte er, nachdem er genug gesoffen: Ich bin meines Herrn Narr, wollet ihr einen haben, so schaffet euch einen, und gieng davon.


151. Ein Mittel das Recht zu erhalten.


Ein Bauer gieng zu einem Advokaten, und begehrte von ihm ein Mittel, wie er in allen Streitigkeiten das Recht erhalten könne. Der Advokat sagte, er sollte ihm ein Paar fette Gänse geben, so wollte er ihns lehren. Solches verhieß ihm der Bauer. Der Advokat lehrte ihn dann, er soll nur allzeit sagen: Domine! non est verum, das heiße: Herr! es ist nicht wahr. Als nun der Bauer lange Zeit mit den Gänsen ausblieb, begehrte der Advokat die Gänse; aber der Bauer widersetzte: Herr! es ist nicht wahr. Wie, sagte der Advokat, hast du mir nicht die Gänse versprochen? Der Bauer antwortete abermal: Herr! es ist nicht wahr. Und auf solche Weise hat der Bauer auch diesen Streithandel gewonnen.


152. Ein Bürger schlägt den Bürgermeister ins Angesicht.


Ein Bürger ließ bey einem Becker in dem[475] Backofen einen Kalbschlegel braten. Der Beck aber schnitt ein gutes Stück davon herunter. Der Bürger begehrte, er sollte ihm diesen Schaden gut machen, sonst müßte er ihn verklagen. Der Beck gieng geschwind zu dem Bürgermeister und verehrte ihm einen überaus große Bretze. Sie stunden Beyde vor, und der Bürger wollte durchaus Satisfaktion haben, der Beck hingegen antwortete, es hätten die Fliegen das Loch in den Braten gefressen. Der Bürgermeister gab den Bescheid, und sagte zu dem Bürger: Haben es die Fliegen gethan, so rächet euch an denselben, und schlagt sie todt, wo ihr sie immer findet. Der Bürger, welcher ein loser Schalk war, sah eben eine Fliege in des Bürgermeister Angesicht sitzen, schlug ihn also ins Gesicht, daß das Blut aus der Nase lief, sagend: Herr! da saß eben eine.


153. Grobe Stimme.


Ein Rathsherr wurde nebst dem Stadtschreiber zum Fürsten geschicket. Der Stadtschreiber mußte das Wort vorbringen, war aber etwas heiser. Der Rathsherr redete ihm zu, er sollte doch gröber reden. Den Stadtschreiber verdroß dieses, und sagte darauf: Ey, thu mir was Anders! Das war grob genug, sagte der Fürst.


154. Eine Sau hatte den Köhl abgefressen.


Ein ungehobelter Bauer beklagte sich bey seinem Richter, daß des Nachbars Sau ihm[476] den Köhl abgefressen hätte. Der Richter fragte, wie es dann geschehen wäre? Der Bauer sagte, so ist es geschehen: Sehet, wenn ich der Zaun wäre, und ihr wäret die Sau, und kröchet dadurch, und fräßet mir den Köhl ab, also wars. Ey du Frakturgrober Flegel! versetzte der Richter: Habe ich dann mit dir die Säue gehütet? Packe dich zum Galgen.


155. Einer giebt sich lügenhaft für einen Ritter aus.


Ein gewißer Spreitzer gab sich für einen Ritter aus, und gieng stets mit Stiefeln und Spornen in der Stadt herum. Nun war ein gewißer Spaßvogel, der verklagte ihn bey dem Stadtrichter, mit Vorwande, als habe dieser ein kleines Kind auf der Gasse zu todt geritten. Der Stadrichter ließ ihn sodern, um seine Verantwortung anzuhören; er aber leugnete es hoch und theuer, es sey von ihm nicht geschehen. Da nun der Andere mit seiner Klage nicht aussetzete, mußte endlich dieser hoffärtige Spreitzer seine eigene Schande mit einem Eidschwure bekennen, daß er ein ganzes Jahr her auf kein Pferd gekommen sey, geschweigens, daß er ein Kind zu todt geritten hätte.


156. Ein Schuldenmacher.


Ein Anderer ließ fein sauber Alles durch die Gurgel rinnen machte hin und her Schulden und bekümmerte sich wenig, wie er selbe bezahlen könnte. Die Gläubiger verklagten ihn[477] bey dem Bürgermeister. Dieser befahl ihm öfters, die Leute, denen er schuldig war, zu befriedigen, konnte aber mit ihm Nichts ausrichten. Weil nun abermal die Gläubiger bey dem Bürgermeister um die Bezahlung ernstlich anhielten, schrie dieser Schuldenmacher auf: Mein, um Gottes willen, hausen doch diese donnerschlägigen Leute auch daß sie einem ehrlichen Manne borgen können.


157. Hoffart wird zu Schanden gemacht.


Eine gewiße Bürgerstochter, dieses hoffärtige Witzel, saß bey einer Mahlzeit wie eine Braut da, und wollte durchaus Nichts essen. Als man fragte, warum sie Nichts essen wollte, antwortete sie: Ich kann nicht, es geht kein Essen mehr bey mir; ich habe mich schon zu Hause mit einem Rebhühnlein angefüllet. Ja freylich wohl, sprach ein Anderer. Man sieht es der Jungfrau an, denn ihr die Federn noch am Halstüchlein hangen. Als man sie darum ansah, nahm man wahr, daß ihr Halstüchlein mit einem Habermuse besudelt war.


158. Ein Doktor weis nicht, wohin er reite.


Ein gewißer Doktor in Welschland ritt einstens mit seinem Maulesel herum, Kranke zu besuchen. Weil sich aber dieses Thierlein überfressen, so fieng es an zu gumpen, riß den Zaum entzwey, und sprang mit seinem Herrn die Gassen auf und ab, daß sich also der gute Reiter nicht mehr zu helfen wußte. Jedermann,[478] der diese Reiterey sah, fieng an zu lachen. Endlich schrie ihm einer spottweise zu: Wo aus, wo aus, Herr Doktor? Ich weis selbst nicht, schrie der Doktor; willst du es wissen, so frage meinen Esel darum.


159. Klage einer reisenden Gesellschaft.


Wir Brüder suchens hintern Ohren,

Der Wirth hat uns fein trocken g'schoren.

Er hat uns geben dreyerley Kost:

Hunger, Durst und großen Frost.

O wehe! das war ein saurer Wein;

Der Teufel mag sein Gast mehr seyn.

Der Wirth war tugendsam und fromm,

Giebt wenig z'essen, nimmt Viel drum.

Die Speis war kalt, der Wein war warm.

Er ist ein Wirth das Gott erbarm.

Das Kraut war seine beste Speise;

Das Tischtuch war auch voller Läuse.

Er gab uns G'müs, war nicht geschmalzen;

Das Fleisch war dürr und nicht gesalzen.

Der Braten war vom Blut noch roth,

Auch gab er uns ein schimmlich Brod.

Gott behüte uns vor solchem Wirth;

Der Teufel ihn bald holen wird.


160. Ein Aff stellet sich wie eine todte Frau.


Ludovikus Sfortia, ein Herzog zu Mayland, hatte einen sehr possierlichen Affen, welcher die ganze Stadt auf und abgieng; absonderlich[479] kam er fast täglich zu einer Frau, mit Namen Nonna, mir dieser trieb er seine mehrste Kurzweile, und schmeichelte ihr auf alle Weise. Als nun die fromme Frau starb, gab der Aff fleißig Acht, wie man ihren todten Leib wieder mit neuen Kleidern: anzog, und in die Todtenbahre legte. Am Tage der Begräbniß, als Alles vom Hause in der Kirche war, schlich der Aff durch ein offenes Fenster in das Zimmer hinein, wo seine liebe Frau Nonna gestorben war, und fraß alle köstliche Säfte, kräftige Latwergen, und andere kostbare Herzstärkungen, die von der verstorbebenen Frau übrig geblieben, fein sauber zusammen. Darauf wurde er schläfrig; zog also der verstorbenen Frau alle ihre Kleider, welche sie als krank getragen, an, und legte sich darmit in der verstorbenen Frau Bett hinein. Da nun Alles von der Begräbniß nach Hause kam, mußte eine Hausmagd Etwas aus solchem Zimmer holen. Kaum hatte sie den verstellten Affen im Bette erblicket, wollte sie fast vor Schreckten in die Fraiß fallen, machte viel hundert Kreuze vor sich, und sprang über die Stiegen hinunter, in Meynung, der Geist ihrer Frau wäre vorhanden. Die zwey Söhne, als sie dieses von der Magd vernommen, erschracken also, daß sie fast ohnmächtig zu Boden sanken. Voll der Angst und Furcht, giengen sie doch hinauf, und meynten auch wirklich, der Geist ihrer Frau Mutter wäre zugegen. Man schickte alsogleich nach dem Stadtpfarrer,[480] daß er diesen Geist beschwören möchte. Dieser kam alsogleich sammt seinem Meßner in dieses Haus, tröstete beyde Söhne in ihrem so betrübten Zustande, sie sollten gute Hoffnung haben, ihre Frau Mutter wäre ja eine gottesfürchtige Matron gewesen. Nachdem gieng er hinauf in das Zimmer, brauchte den Exorzismus, und beschwur den da liegenden Affengeist, was er hier mache, und was sein Begehren sey? Weil aber dieser Geist keine Antwort gab, nahm der Pfarrer von dem Meßner den Weihwadel, und spritzte ihn mit aller Gewalt in das Bett hinein. Der Aff wurde durch dieses Anspritzen vom Schlafe aufgeweckt, kehrte sein Angesicht herum, und weil er fürchtete, der Pfarrer wolle den Weihwadel auf ihn werfen, machte er ein erschreckliches Gefriß, krümmte das Maul, bleckte die Zähne, machte ganz feurige Augen, also, daß er wie ein lebendiger Teufel aussah; hiedurch wurden alle vor der Thüre Stehende dermaßen erschrecket, daß sie sämmtlich die Flucht nahmen, die zwey Söhne sprangen mit gleichen Füssen die Stiegen hinab, der Meßner fiel ihm ein großes Loch in den Kopf, der Pfarrer wollte auch der Letzte nicht seyn; mit einem Worte, dieser verstellte, von dem Bette aufspringende Aftergeist machte im ganzen Hause einen solchen Lärmen, daß Niemand vor Schrecken wußte, wohin er sich retten und diesem höllischen Geiste entfliehen könnte. Endlich als der Aff über die Stiegen hinunter[481] gieng, erkannten sie seine thierische Gestalt; und so schreckensvoll sie zuvor gewesen, mußten sie doch hierauf von Herzen lachen, und sich selbsten schämen, daß sie von diesem närrischen Affengeiste also spöttisch verblendet und betrogen worden.


161. Der Aff vertritt die Stelle einer adelichen Frau.


Zu Florenz an dem Hofe des Großherzogs Kosmus von Medicis wurde zur Fastnachtzeit ein großes Ballet angestellet, wobey alle hochadeliche Kavaliere und Damen erscheinen mußten. Ein gewißer Kavalier nahm einen im Tanzen wohl abgerichteten Affen mit sich, welchen er dermaßen prächtig kleidete und hervor schmückte, daß er einer Fürstinn gleich sah. Da er nun mit dieser Fräulein Affinn in den großen Saal kam, stunden alle anwesende adeliche Gäste alsogleich auf, und machten gegen diese vermummte Dame eine tiefe Reverenz, in gänzlicher Meynung, sie wäre eine ausländische Prinzessinn. Inzwischen fieng man an zu tanzen. Unter allen Tänzerinnen war keine, die so höflich und zierlich tanzete, als wie diese Affenprinzessinn: sie wußte ihren Gegentänzern mit den allerhöflichsten Gebärden, Bucken, Wenden und Neigen also zu begegnen, daß sich Jedermann darüber verwunderte. Nachdem sie eine geraume Zeit herumgetanzet, fiel einem auftragenden Hofpage aus der Schaale eine[482] Pomeranze; sobald der Aff dieselbe ersehen, konnte er nicht länger seine Person verbergen, riß die Larve vom Gesichte, hüpfet, springt, und läuft ganz hurtig dem Apfel nach, bis er selben erwischt und gefressen hat; worüber dann Einige lachten, Einige aber sich schämten, daß sie von einem Affen also geäffet worden.


162. Ein Meßner äschert die Leute ein.


Ein gewißer Pfarrer, weil er am Podagra lag, konnte am Aschermittwoche die Leute nicht einäschern; daher befahl er seinem Meßner, er sollte diese Einäscherung anstatt seiner verrichten. Der Meßner fragte den Pfarrer, wie ers dann machen müsse. Der Pfarrer sagte: Merk es wohl, wenn du die Asche auf den Kopf streuest, so sprich diese Worte dabey: Gedenke, o Mensch! du seyst Staub, und wirst zu Staub werden. Ist schon recht, antwortete der Meßner, ich will Alles schon fleißig merken. Als er aber diese Worte vergessen, lief er am Aschermittwoche in der Frühe wiederum zum Pfarrer, und fragte ihn abermal über die Form der Worte. Der Pfarrer in größten Schmerzen mußte herzlich lachen. Geh hin, sprach er zum Meßner, es ist halt wahr: Du bist ein Narr, und bleibst ein Narr. Wohl, wohl, antwortete der Meßner, jetzt habe ich schon Alles gefaßt; läuft mithin der Kirche zu, nimmt den Chorrock und den Teller mit der Asche, und streuet selbe auf der Leute ihren Kopf, mit diesen Worten: Du bist[483] ein Narr, und bleibst ein Narr. Du bist ein Narr, und bleibst ein Narr. Die Bauern rießen über diese Worte die Augen angelweit auf, und Alles fieng in der Kirche an hell auf zu lachen.


163. Ein junges Weib traktirt ihren alten Mann sehr übel, wird aber angeführt.


Ein alter, betagter Bauer heirathete eine junge Dirne, mit Namen Durl. Sie hausete kaum zwey Monate mit ihm, so wurde sie schon seiner überdrüßig, und wünschte, sie hätte ihn niemals mit einem Auge gesehen. Ihr alter Mann sah gar wohl, daß sie, als ein junges Mägdlein ihn nicht liebe, sondern lieber mit dem Knecht lache und scherze. Daher gieng er einst ganz bestürzt und melancholisch in ein nächstgelegenes Wirthshaus, und zu allem Glück traf er dort einen Arzt an. Dieser fragte ihn, warum er so melancholisch aussehe? Ach! antworte der Bauer, ich möchte mich gerade gar zu todt grämen: ich habe erst kürzlich wieder geheirathet, und habe zuvor ein gutes Weib gehabt, das mich liebte; das jetzige aber hat an mir schon genug, und sähe mich lieber heute als morgen sterben. Mein erstes Weib, vergelts ihr Gott in jener Welt! hat mir oft feiste Schmalznudeln gekochet, jetzt habe ich kaum nur das saure Kraut zu fressen. Nun, mein alter Vater! versetzte der Arzt,[484] folge nur meinem Rathe, so wird dir wieder geholfen, du wirst auch schon wiederum Schmalznudeln bekommen. Thu nur Dieses: So oft dir dein Weib feiste Suppen und Schmalznudeln wird aufsetzen, so stelle dich, als wolltest du dadurch blind werden. Ja, mein Herr Arzt, antwortete der Bauer, das will ich gerne thun. Wenig Tage darnach kömmt dieser Arzt in das Dorf, wo der Bauer wohnte, richtet einen Stand auf, und schreyt neben andern also: Sehet, ihr Herren! habet ihr dunkle, blöde Augen, schmieret eure Augen mit diesem köstlichen Wasser Morgens und Abends, es wird euch das Gesicht erhalten, stärken und erfrischen etc. Ihr müsset euch aber, absonderlich die alten Leute, enthalten von feisten Speisen, geschmalzenen Suppen und Nudeln: denn alle feiste und geschmalzene Speisen helfen zur Blindheit. Da die Durl dieses hörte, spitzte sie die Ohren: holla! gedachte sie, ich habe einen alten Mann, umbringen darf ich ihn nicht, das weis ich wohl, ich will ihn halt blind machen, Schmalz hin, Schmalz her, soll auch der ganze Schmalzkübel darauf gehen, wenn ich nur einen blinden Mann im Hause habe, der mir nicht mehr auf meine Fußtritte aufsehen kann, so bin ich und mein Hänsel, der Knecht, Frau und Herr im Hause. Darauf gab sie ihrem alten Manne fast täglich die besten Schmalznudeln, mit kräftigster Hoffnung, ihn gar bald blind zu machen. Der alte Mann ließ ihms herzlich[485] schmecken; über eine Zeit aber stellte er sich, als wollte er erblinden, tappte in der Stube hin und her, wischte die Augen, nicht anders, wie Einer, dem sein Gesicht vergehen will. O was ist das, spricht die Durl mit ganz kläglicher Stimme, (da ihr doch vor Freude das Herz im Leibe hüpfte, was ist das, mein allerliebster Mann! wirst mir ja nicht blind werden? O mein Weib! sagte er, ich meyne, ich sey schon blind. O jetzt bin ich dreyfach elend, ein alter, armer und blinder Mann! Das war der Durl eine gemähte Wiese: holla, dachte sie, jetzt bin ich Frau im Hause; ja, sie und ihr Knecht Hansel wiesen ihm sogleich die Feige, mit der Frage: Mann! siehst du uns? Ach nein, antwortete er. O meine allerliebste Durl! jetzt verdrießt mich alles Leben; mein, thu mir halt den letzten Gefallen, und bringe mich um. Beyleibe nicht! erwiederte sie: ich wollte dir lieber tausend Leben kausen, als dir eines nehmen. Der Mann setzte nicht aus; das Weib aber, welches es gerne that, fragte, wessen Todes er sterben wollte. Mein Weib! sprach der blinde Mann, führe mich zu unserm nächsten Weyher hinaus, und stoß mich mit aller Gewalt hinein, da werde ich gar bald verzappeln und ertrinken. Die Durl nicht faul, nimmt ihn geschwind bey der Hand, und führet ihn zum Weyher hin. Halt, spricht er, jetzt, meine Durl, steh etliche Schritte weit hinter mich, und lauf dann mit allen Kräften auf mich zu, so wirst du mich fein tief und[486] weit hineinstoßen, und mir gar bald den Garaus geben. Sie thuts, nimmt einen Ansprung und läuft mit aller Gewalt auf ihren blinden Mann hin; der verstellte blinde Mann aber springt urplötzlich auf die Seite, und die Durl platschete mit allen Vieren in den Weyher hinein, daß das Wasser über ihr zusammen schlug. Die Durl schreyt und bittet um Hilfe: O mein allerliebster, mein goldner Mann! hilf! ach, hilf! ich muß sonst ertrinken. Ja, ja, meine liebe Durl! versetzte der Alte, es wäre schon recht, ich bin aber blind, und sehe dich nicht, die Schmalznudeln haben ja mein Gesicht verblendet. Die Durl schreyt noch heftiger um Hilfe, der Alte schrie aber allezeit: Durl! o liebste Durl! ich bin blind, ich sehe dich nicht. Und auf solche Weise mußte die arme Durl zu Grunde gehen.


164. Die Männer fürchten ihre Weiber.


Thomas Bechkatzer, ein arglistiger Schuster, hieng vor seinem Laden ein Paar neue und wohlgeschmierte Stiefel auf, nicht zum Verkaufe, sondern er wollts Demjenigen verehren, der Herr über sein Weib wäre, und dieselbe nicht fürchtete. Ein Bauer vergaffte sich in diese Stiefel, und sagte, er fürchte sein Weib ganz und gar nicht. Der Schuster gab ihm also diese wohlgeschmierten Stiefel. Der Bauer bedankte sich, und nahm dieselben auf seinen Stecken über die Achsel. Nein, nein, sagte der[487] Meister Schuster, es ist so bös nicht gemeynt; wenn du die Stiefel haben willst, so mußt du sie vornen in Busen stecken. Der Schuster nahm also die neugeschmierten Stiefel, und stieß ihm selbe in Busen hinein. Beyleibe nicht, sprach der Bauer, potztausend, nur das nicht, Meister Schuster! seyd kein Narr; pfui Teufel, wie habet ihr mir mein weißes Hemd besudelt. O Lümmel! versetzte der Schuster, ist dann so viel an einem Hemd gelegen, man kanns ja wieder waschen. Nein, nein, sagte der Bauer, wenn ich mit einem so beschmierten Hemd sollte in mein Haus kommen, potztausend, was würde wohl mein Weib dazu sagen? Der Schuster nahm ihm die Stiefel wieder, schlug sie ihm ums Maul, und sagte: Ey, du verlogner Bierlümmel! warum hast du mir so stark vorgelogen, und gesagt, daß du dein Weib nicht fürchtest? Packe dich zum Plunder!


165. Ein Arzt machet die alten Weiber wieder jung.


In der Stadt Heilbronn hatte vor wenig Jahren ein Arzt austrommeln lassen, daß er neben andern Künsten auch die alten Weiber wieder jung machen könne. Kaum, daß solches ruchtbar geworden, da hat sich gleich eine große Anzahl der alten Weiber bey diesem Arzte gemeldet. Der Arzt befahl ihnen, daß sie des andern Tages ihre Namen, sammt dem Alter, schriftlich bringen sollten; welches auch geschehen.[488] Da waren zu lesen: Katharina Glöcklin, alt 101 Jahr. Magdalena Stulfüßin, alt 88 Jahre. Ursula Pauselin, alt 94 Jahre. Veronika Schutzinn, alt 69 Jahre. Regina Storchin, alt 92 Jahre etc. Nachdem alle Diese den dritten Tag wiederum bey dem Arzte erschienen, beklagte er sich, wie daß er ihre Zedel verloren, und ihm solche ein Bösewicht müsse gestohlen haben; sey also von nöthen, daß eine Jede wieder einen Zettel schreibe. Unterdessen aber sagte er ihnen vorhin, daß die Aelteste aus ihnen müßte zu Aschen verbrannt werden, welche Asche nachmals für eine Medizin tauge, womit er aus Alten könne Junge machen. Holla! gedachte eine Jede, vielleicht bin ich die Aelteste; will also weniger Jahre meines Alters schreiben, damit solcher Aschermittwoche nicht über mich komme. Wie nun der Arzt die neuen Zedel erhalten hatte, da zog er auch die vorigen Zedel hervor, und sagte zu den herumstehenden alten Weibern: Ich habe die alten Zedel gefunden; sehe aber einen großen Unterschied: in dem ersten Zedel war Katharina Glöcklin 101 Jahr alt, und in dem andern nur 49; Magdalena Stuhlfüßin zuvor 88 Jahre, itzt 36; Ursula Pausellin vorhin 94 Jahre, anjetzt nur 36; Regina Storchin vor zween Tagen 92 Jahre alt, jetzt aber nur 32 Jahre. Wohlan, weil ich euch dann innerhalb zwey Tagen habe jünger gemacht, wie ihr es selbst mit euern Zedeln beweiset, so feyd ihr alle vor Gott und der Welt schuldig, mich dafür[489] zu bezahlen. Hierauf fieng Alles an zu lachen und die jung gemachten Weiber mußten in ihrem alten Pelze wieder heim gehen.


166. Weiberlob.


Ein gewißer Kavalier lobte die Weiber in seinen Schriften über den Schellenkönig; daher er auch Heinrich Frauenlieb oder Weiberlieb genannt wurde. Er sagte, daß ein Weib sey ein Abschnitt vom Himmel, ein Konfekt aus dem Paradiese, ein Engel in Menschengestalt, ein zweyfüßiges Kleinod, ein Ausbruch der vier Elemente, eine Ehre des Hauses, eine Staffette des Glückes, ein Herzalkermes des Mannes, eine Bruthenne der Freuden, ein Tempel des Friedens, ein Innhalt alles Lobes. Als nun dieser Herr Weiberlob im Jahre 1367 gestorben, da fiengen die Weiber alle an jämmerlich zu schreyen, zu weinen und zu heulen, daß sich fast ein Stein über sie hätte erbarmen mögen. Ja, sie begleiteten ihn alle zum Grabe, und begossen dasselbige mit so viel Wein, daß die ganze Kirche davon roch. Sie haben auch ein halbes Jahr um ihn getrauert. Recht also! er hat es um das Weibervolk redlich verdienet.


167. Wer schmiert, der fährt.


Ein Metzger und ein Kürschner führten lang mit einander Prozeß. Dem Metzger rieth sein[490] Advokat, daß, wenn er einen guten Bescheid haben wollte, so sollte er dem Richter einen guten feisten Ochsen verehren. Der andere Advokat aber rieth dem Kirschner, er solle der Frau Richterinn ein schönes Zobelfutter zu einem Wintermantel verehren. Als nun des Metzgers Advokat vermerkte, daß der Bescheid wider ihn ausfallen wollte, schrie er: Ochs, brüll! Ochs, brüll! Der Richter aber sagte darauf: Er kann nicht, es steckt ihm ein Pelz im Halse. Gewann also der Kirschner das Recht.


168. Weiber List und Betrug.


Ein gewißer Mann kaufte ein paar Hühnlein, und schaffte seinem Weibe, daß sie selbe Nachmittag braten sollte, er habe den Meister Ulrich dazu eingeladen. Als die Hühnlein gebraten, kam dem Weibe ein Appetit an, und fraß sie alle zwey zusammen. Dem Weibe war nicht wohl bey der Sache, gedachte also hin und her, wie sie solches vermänteln könnte. Endlich, da sie den Meister Ulrich von weitem gesehen, sagte sie dem Manne, er soll die Messer schleifen, damit man die Hühnlein desto besser tranchiren könnte, welches er auch gethan. Unterdessen sprang sie zu der Hausthüre, und sagte dem ankommenden Meister Ulrich: O mein Ulrich! was müßt ihr wohl meinem Manne gethan haben? Er drohet euch beyde Ohren abzuschneiden; ihr höret ja selbsten, wie er das Messer wetzet. Der gute Ulrich nahm[491] den Reiß aus und lief davon. Das Weib sprang alsogleich zu ihrem Manne, und sagte: O Mann! komm geschwinde, der Meister Ulrich hat mir die zwey gebratnen Hühnlein gestohlen, dort geht er mit denselben davon. Der Mann läuft alsogleich ihm nach behielt aber in der Eile das Messer in der Hand. Wie der Meister Ulrich sah, daß ihm dieser mit dem bloßen Messer nachlaufe, sprang er noch stärker, in der völligen Meynung, es komme auf das Ohrabschneiden an. Endlich schreyt der Mann: Nur Eines, nur Eines, er verstund, nur ein Hühnlein sollte ihm der Meister Ulrich davon geben. Der Ulrich glaubte aber, er begehre nur ein Ohr, läuft also noch geschwinder, und schreyt zurücke: Hole dich der Teufel! du sollst nicht ein halbes bekommen, das ist, nicht ein halbes Ohr. Sind also Beyde durch die Arglist dieses Weibs stattlich betrogen worden.


169. Ein Student zerbricht seine Knödellaute.


Ein gewißer Student studierte zu Regensburg, welcher, obwohl er blutarm und folglich die Suppe betteln mußte, doch ein so großer Komplimentenschneider war, daß er Wenige seines Gleichen zu Regensburg hatte. Einstens bekam er von dem Franziskanerkloster zu Stadt am Hof einige Knödel in sein Bettelhäfelein. Diese nahm er unter seinen Mantel, und gieng darmit über die steinerne Brücke. Ungefähr begegnete ihm eine bekannte[492] Jungfrau. Der Student voller Komplimente, machte alsogleich gegen ihr alle erdenkliche Reverenz. Nachdem sie nun gegen einander ihre herzbrechende Worte ausgeleeret, fragte die Jungfrau, was er unter seinem Mantel trage. Meine Laute, sagte er, mit welcher ich mich bisweilen ergötze; und zieht hierauf den Mantel noch besser zusammen. Die vorwitzige Jungfrau wollte kurzum die Laute sehen. Der Komplimentist ruckte immerdar das Häfelein weiter unter den Arm, bis er endlich dasselbe gar zerdruckte, und auf die Erde fallen ließ, daß also die Knödel sammt den Brocken auf der Brücke herumkugelten. Die Jungfrau fieng an herzlich zu lachen, er aber mußte sich fast zu todt schämen. Die zulaufenden Hunde hingegegen sprangen kreuzweise herum, und ein jeder wollte ein solches Trumm von der Laute haben.


170. Ein grober Bauer.


Ein vornehmer Herr reisete einsmals aus, und schickte das Frauenzimmer voran. Als er nun durch einen Wald reisen mußte, war ein Bauer daselbst, welchen der Herr anredete, ob er nicht einen Wagen mit Frauenzimmern vorbeyfahren gesehen habe. Der Bauer antwortete, er habe keine Zimmerleute gesehen. Ich fragte, sagte der Herr, nach Frauenvolk, und nicht nach Zimmerleuten. Ja, ja, sprach der Bauer, das ist ein Anders, es ist nicht lang, so ist ein solch Gepäcke vorbey gefahren. Der Herr sagte: Du bist ziemlich grob. Der Bauer verstund groß, und sprach:[493] Ja, Herr! mein Bruder ist noch größer. Den möchte ich sehen, sagte der Herr. Der Bauer rief überlaut: Jochim, komm her! Dieser hatte sich im Grase gestrecket, und antwortete: Was ists dann? Ey, komm doch her! der Edelmann will mit dir reden. Da sprach der faule Schlingel: Mein! lecke mich du und der Edelmann kreuzweise in dem Hintern. Der Herr sagte: Laß ihn liegen, ich höre schon, er ist gröber als du.


171. Eine große Nase wird beschimpfet.


Ein vornehmer Gesandte, der eine überaus große Nase hatte, speisete einst bey einem hohen Fürsten. Als des Fürsten Hoffnarr die allzu große Nase mit höchster Verwunderung wohl betrachtet hatte, fieng er überlaut an zu lachen, und sprach: Ey, ey, welch eine große Nase ist das! Der Fürst erschrack, und befahl, man sollte den Narren aus dem Zimmer schaffen. Der Narr blieb eine Weile aus, kam aber wieder, und gieng schweigend um die Tafel herum; endlich legte er sich mit dem Ellenbogen auf einen Lehnstuhl, und sprach: Ey, ey, wie ein kleines Näsel ist mir das! Der Gast wurde dadurch noch mehr beschimpfet, der Fürst aber so sehr aufgebracht, daß er alsogleich befahl, man sollte den Narren in die Kuchel führen, und ihn daselbst wohl abschmieren, auch verwehren, damit er nicht mehr an die Tafel kommen möchte. Als man nun von der Tafel aufstund, und der Herr Gesandte von dem Fürsten Urlaub nahm, schlich der Hofnarr[494] ganz still hin, und sprach: Meinetwegen hast du eine große oder kleine Nase, ich schmeiß dir in deine Nase, und lief alsdann davon. Das war gewißlich ein gebohrner grober Narr.


172. Ein Müller zahlt einen Advokaten trefflich aus.


Es war einstens eine Gesellschaft bey einander, unter welcher auch ein Advokat und ein Müller sich befand. Der Advokat war lustig, und stichelte immer den Müller; unter andern erzählte er von den Müllern Dieses: Einst kam ein Müller zu der Himmelspforte, und begehrte durchaus in den Himmel hinein; aber St. Peter wollte ihn nicht hineinlassen, weil die Müller insgemein Diebe wären. Man saget zwar insgemein, sprach darauf der ausgestochene Müller, daß die Müller Diebe seyn sollten, es giebt aber auch fromme Müller; wie dann ebenderselbe auch ein frommer Müller gewesen, der zu der Himmelspforte gekommen ist, und als ihn Petrus nicht hinein ließ; begehrte er, man sollte ihm einen Advokaten aus dem Himmel kommen lassen, der ihm seine gute Sache verfechte. Als aber Petrus alle Winkel in dem Himmel durchgesehen, und keine Advokaten gefunden, sagte er zu dem Müller: Ich kann dir nicht helfen, denn es ist kein einziger Advokat im Himmel. Hierauf mußte Alles herzlich lachen, daß der Müller den Advokaten so künstlich ausgezahlet.


[495] 173. Hoffart fällt.


Ein gewißer, der ein Esel in Folio war, wurde unverdienter Weise zu einer hohen Würde erhoben, und übernahm sich also, als wäre er mit dem heiligen Paulus im dritten Himmel verzuckt. Er kritisirte und beschnarchte all Anderer ihr Thun und Lassen, Handel und Wandel, da er doch selbst den Besen sollte genommen, und vor seiner Thüre den Wust und Unflat seiner Mängel hinweg gekehret haben. Er verschwärzte und verschergte Jedermann, da er doch selbst nicht einen Strohehalm werth war. Er verspottete, er tadelte und verachtete Anderer ihre in Druck gegebene Bücher, als hätte er die Wissenschaft eines Salamon mit Haut und Haaren gefressen. Er wollte in Allem angesehen seyn, wie ein Alkoran, den ein Kamelthier jährlich nach der Stadt Mekka trägt; oder wie der Esel am Palmtage. Er vermeynte, er wäre allein Hahn im Korbe und bildete sich ein, Plato spaziere in seinem Kopfe herum, Aristoteles schaue zum Fenster heraus, Salust stecke ihm im Hosensacke, Diogenes hocke ihm auf den Achseln, Cicero liege ihm auf der Zunge, der Horaz sitze ihm bey den Füßen. Er blies die Backen auf, als müßte er die Stelle des Blasebalgs bey der großen Orgel zu Ulm vertreten. Er riß die Augen auf, als wollte er nach Kalekut schauen. Er gieng daher, als wollte er der ganzen Erde[496] den Boden ausstoßen. Er trug den Kopf, wie des großen Alexanders Reitpferd Bucephalus. Er ranzte und panzte sich, als wenn er des Goliaths Brustflecke anhätte. Er konnte sich gar nicht bücken, als hätte er einen Bratspieß geschlucket. Ja, wenn dieser hoffärtige Mensch hätte fliegen können, so hätte er gewiß sein Nest auf den babylonischen Thurm gemacht. Aber seine Freude dauerte nicht lang, er wurde bald von seiner Würde wieder abgesetzt, und mußte einen gemeinen Hagelschützen abgeben. Er wurde verachtet, verlachet und verschlagen, wie ein Schwanzmodler. Kurz zuvor, ehe dieser Luzifer von der Höhe seiner Würde heruntergefallen, hat ihm Einer aus seinen Untergebenen nachfolgende Versel zu einem Denkzeichen verehret:


Wer sich einbild't, er sey klug,

Und Andere hält für Schmarren,

Der gehört mit gutem Fug

Ins Protokoll der Narren.


174. Ein Prahlhanns wird trefflich ausgezahlt.


Paulus Florenius rühmte sich, daß er alle Sprachen verstehe, als nämlich; Lateinisch, Griechisch, Hebräisch, Syrisch, Chaldäisch, Aegyptisch, und andere mehr. Diesen Narren zu demüthigen, ersann der gelehrte Jesuit, P. Gregor Scherer, einen lächerlichen Fund; er schrieb auf einen Zedel diese Worte: Snäg neheg rap suf. Diese Worte wenn[497] mans hinter sich liest, heißen also: Gäns gehen barfuß. Mit diesen Worten gieng der P. Scherer nebst seinen Gesellen zu dem Doktor Florenius, und ersuchte ihn ganz höflich, er möchte ihm sagen, was sie heißen, und was es für eine Sprache wäre? Als Florenius solche Worte gelesen, sagte er: Meine liebe Patres! das ist eine alte arabische und heydnische Sprache; diese Worte hatten vor Zeiten gebraucht die Götzenpfaffen, wenn sie ihren Götzen opfern wollten, mit diesen Worten redeten sie solche an. Die Patres konnten sich des Lachens nicht enhalten, und zeigten ihm, daß diese Worte alle deutsch seyn, und wenn man jedes Wort hinter sich lese, so heißen sie: Gäns gehen barfuß. Auf dieses stund der Doktor da, als hätten ihm die Hühner das Brod genommen. Die zween Patres aber giengen mit lachendem Munde davon.


175. Ein Fürst kömmt wunderbarlich auf die Wahrheit.


Friederich, mit dem Namen der Aeltere, Herzog in Oestreich, hat gar oft schlechte Bauernkleider angelegt, und bey den Bauern einen ganzen Tag fürs Geld gearbeitet, um zu erfahren, was man von ihm rede. Er pflegte daher öfters unter solcher Bauernarbeit zu fragen, was man von dem Herzog Friederich halte? Dem zuweilen ein Bauer geantwortet: Der Herzog ist ein liebreicher Herr; aber seine Frau ist des Teufels, sie ist gar zu schinderisch,[498] es kann ihr kein Mensch genug geben. Wenn heut eine Steuer bezahlt wird, macht man morgen schon wieder eine Extrasteuer. Wenn sie also fortfährt, so machet sie lauter Bettelleute; da kann sie nachmals aus einer Herzoginn eine Bettelvögtinn werden. Ein Anderer sagte: Unser Herzog ist schon gut; aber seine Apostel sind nicht weit her, er schauet ihnen gar Viel durch die Finger, deßhalben braucht er wenig Brillen. Er läßt die Edelleute mit uns hausen, wie sie wollen. Das Beste ist, daß es noch Pferde giebt, sonst würden die Edelleute gar auf uns Bauern herum reiten. Es ist zwar heut zu Tage ein jeder Bauer ein Herr; aber nur mit einem R, denn es heißt immer Bauer gieb her, Bauer geh her, Bauer trag her, Bauer schaff her etc. Ein Dritter sagte: Unser Herzog ist schon ein rechter Herr, wenn er nur den Kleiderpracht nicht gar zu fast bey Hofe einschleichen ließe. Es funkeln und glänzen ja der Frauenzimmer ihre Kleider von Silber und Gold, daß, wenn man selbe ansieht, Einer erblinden möchte. Unser Herr Pfarrer hat einmal geprediget, wie daß Einer, mit Namen Atlas, die ganze Welt getragen, und ich habe schier darüber gepfiffen, denn ich konnte mir nicht einbilden, daß es möglich wäre; aber jetzt kann ichs schier glauben, weil unsre gnädige Frau, die ziemlich schwach, 6 oder 7 Dörfer auf dem Buckel trägt; denn ihre Kleider also kostbar und theuer geschätzet werden. Ein Anderer versetzte:[499] Ueber unsern Herrn hätten wir Nichts zu klagen, wenn er sich nur anstatt seines Hetzens und Jagens besser um die Regierung annähme, und seine Bediente und Beamte nicht Herr seyn ließe. Weit schöner stünde es unserm gnädigen Herrn an, wenn er öfters in seine Kanzley, Rath- und Amstube hinein schauete, als daß er uns armen Unterthanen unsere Felder und Wiesen, welche wir doch so hoch versteuern müssen, mit Hetzen und Jagen verwüstetete und verderbete. Dergleichen Reden hat der Herzog Friedrich in seinem Baurenkittel hören müssen. Wann er nun wieder nach Hof gekommen, und seine herzoglichen Kleider angelegt hatte, wurde er öfters gefragt: Aus was Ursachen er sich dann in so schlechte Bauernkleidrr unter den Bauern aufhalten wollte? Da gab er jedesmal mit ernsthaftem Angesichte zur Antwort: Alio modo verum audire non possum. Ich kann auf keine andere Manier die Wahrheit hören, denn meine schmeichlerischen Hofleute sagen mir die Wahrheit nicht.


167. Schandpredigt.


Ein vornehmer Prediger eines Königs in Frankreich sah eine geraume Zeit mit größtem Herzenleide die allzugroße Frechheit und Freyheit des Lebens, welche an dem königlichen Hofe vorbeygieng: man that nichts Anders als Spielen, Jagen, Musiziren, Tanzen, Fressen und Saufen, Huren und Buhlen etc. Als[500] er einstens vor dem Könige und seinem Hofstaate eine hurtige und geschwinde Predigt ablegen mußte, stieg er auf die Kanzel, und brach in diese lächerlichen Worte heraus: Geliebte in dem Himmel! merke mans wohl, was ich sagen werde. Unweislich hat gethan unser Erlöser Jesus Christus; närrisch haben gethan die heiligen Apostel; ein Narr ist gewesen der heilige Petrus; ein Narr ist gewesen der heilige Paulus; ein Narr ist gewesen der heilige Andreas; ein Narr ist gewesen der heilige Antonius, der heilige Benediktus, der heilige Dominikus, der heilige Franziskus, der heilige Augustinus etc. Narren und Närrinnen sind gewesen alle heiligen Märtyrer, Beichtiger und Jungfrauen etc. Mit diesen Worten beschloß er die Predigt, und stieg von der Kanzel herab. Jedermann erstaunte über diese Rede, und ärgerte sich an dieser Schandpredigt; ja, der König selbst schickte zu ihm, und ließ ihn fragen, was er thue, wohin er gedenke, daß er Gott und seine Heiligen also lästere; er solle nur geschwind seine Predigt widerrufen, oder werde als ein Gotteslästerer ernstlich abgestraft werden. Dem guten Hofprediger war dieser Befehl gar lieb und angenehm. Hoha! gedachte er, itzt kann ich meinen Batzen anbringen. Er stieg daher wiederum auf die Kanzel, und sagte ohne einigen Widerruf die vorigen Worte: Unweislich hat gethan Christus, Narren sind gewesen die heiligen Apostel, Märtyrer, Beichtiger etc. Ja[501] alle Heilige haben weit geirret, daß sie auf Erden mit einem so strengen Leben, mit so viel ausgestandenen Martern und Peinen den Himmel gesuchet: denn, wenn du, o König! sammt allen deinen Hofleuten dir getrauest, mit Fressen und Saufen etc. gleichsam mit Stiefel und Spornen in Himmel zu gehen, so folget ja, daß Christus sammt allen seinen Heiligen muß thöricht und unweislich gehandelt haben, da sie um des Himmels willen so Viel gelitten und ausgestanden; aber weit gefehlt, das Hofleben ist ein Höllenleben, und führt schnurgerade der Hölle zu. Amen. Dieses war die ganze Predigt, sie ist kurz und gut.


177. Die Halsstärrigkeit der Weiber wird abgeklopfet.


In einer gewißen Stadt wohnte ein frommer und gottesfürchtiger Körbelmacher, dieser pflegte allezeit, so ofter ein Körbel ausgemacht hatte, zu sagen: Gott sey Lob! das Körbel ist gemacht; darum er auch in seinem Haushalten Glück und Segen hatte. Er wollte, daß sein Weib auch solches sagen sollte; aber sie wollte durchaus nicht. Der Mann erzörnte sich über die Halsstärrigkeit seines Weibs, und schlägt ihr das Körbel über den Kopf, daß die Trümmer davon springen; hernach klopfte er sie recht ab, und schrie zugleich unter währendem Schlagen: Gott sey Lob! das Körbel ist gemacht, das Körbel ist gemacht. Dieser Tumult war kaum vorüber, so hatte es[502] gleich der Bürgermeister, sein Nachbar innen geworden, der erzählte es seiner Frau, daß der Körbelmacher seinem Weibe blaue Augen gemacht. Mein, warum? sprach seine Frau. Darum, sagte er, weil sie ihrem Manne nicht hat nachsagen wollen: Gott sey Lob! das Körbel ist gemacht. Was? versetzte seine Frau, deßwegen ein Weib schlagen? Ist dann das eine Ursache? Ich sagte es halt auch nicht; sie hat recht gethan. Wie? sagte der Herr, wolltest du es auch nicht sagen? Nein, sprach die Frau, ich sagte es halt auch nicht. Der Herr erzörnte sich, und schlug seine Frau aufs Maul, daß ihr der Saft herunter rann, und sprach zugleich: Das Körbel ist gemacht, das Körbel ist gemacht. Unterdessen läuft die Körbelmacherinn zum Herrn Stadtrichter, und verklaget ihren Mann, daß er sie also geschlagen habe. Der Stadtrichter fragte, was sie dann ihrem Manne gethan? Nichts, sagte sie, als daß ich ihm nicht habe nachsagen wollen: Gott sey Lob! das Körbel ist gemacht. Der Stadtrichter lachte darüber, und sagte zu ihr, sie sollen sich wieder mit einander vergleichen, denn es sey bald geschehen, daß Mann und Weib mit einander zanken und raufen. Die Körbelmacherinn war kaum aus dem Hause, so fragte die Stadtrichterinn ihren Herrn, was dieses Weib gewollt habe. Sie hat halt, sagte er, ihren Mann verklaget, daß er sie hart geschlagen, weil sie ihm nicht habe nachsagen wollen: Gott sey Lob! das Körbel[503] ist gemacht. Warum schlägt sie dann der grobe Flegel um ein so schlechtes Ding, sagte die Frau; ist wohl der Mühe werth! sie hat recht gethan, ich sagte es auch nicht. Nicht? sprach der Herr; wenn ichs aber haben wollte? Nein, sagte sie, ich sagte es dennoch nicht. Der Stadtrichter ergrimmte sehr über die Halsstärrigkeit seiner Frau, und prügelte sie tapfer ab, zugleich sagend: Das Körbel ist gemacht, das Körbel ist gemacht. Der Schreiber hatte solches gehört, und durch das Schlüsselloch zugesehen: läuft daher alsobald in die Kuchel, und sagte der Köchin: Urschel! höret, was ich euch sagen muß, der Herr hat die Frau geschlagen. Warum? fragte die Köchinn. Darum, versetzte der Schreiber, weil sie nicht hat sagen wollen: Gott sey Lob! das Körbel ist gemacht; und erzählte ihr zugleich den ganzen Verlauf. Sie hat recht gethan. sagte die Köchinn, ich sagte es auch nicht, Wenn ich aber euer Mann wäre, sagte der Schreiber, so müßtet ihr wohl sagen. Ich ließ es wohl bleiben, sprach die Köchinn, Mann hin, Mann her. Der Schreiber nicht faul, und schlägt die Köchinn ums Maul, ja er geht ihr mit der Faust um den Kopf herum, wie der Binder ums Faß, und sagte zu einem jeden Schlage: Das Körbel ist gemacht, das Körbel ist gemacht. Endlich kam der Gerichtsprokurator, und machte wieder Friede. Dieser, wie er nach Haus kam sagte es seinem Weibe, wie daß der Oberschreiber die Köchinn[504] abgeprügelt hätte, weil sie nicht hätte sagen wollen: Gott sey Lob! das Körbel ist gemacht, das Körbel ist gemacht. O wie recht hat sie gethan, sprach sein Weib: Mein, was hat der Schreiber mit der Köchinn zu schaffen? bleib er in seiner Schreibstube; zudem, was hat er Ursache sie zu schlagen wegen eines solchen Pfifferlings? Recht hat sie gethan, ich sagte es auch nicht. Wolltest du auch so stutzig seyn? sprach der Prokurator; erwischte eine Ochsenzenne, und prügelte sie ab, wie einen Tanzbärn, und sagte immer dazu. Das Körbel ist gemacht, das Körbel ist gemacht, das Körbel ist gemacht, das Körbel ist gemacht. Endlich hat, Gott Lob! dieser lächerliche Körbeltanz ein Ende genommen.


178. Zwey Gatzgende streiten mit einander.


In einer vornehmen Stadt Deutschlands war ein Barbierer, der in seiner Kunst wohl erfahren war; allein er hatte einen Mangel an der Rede, und stotterte mit der Zunge. Zu diesem kam einst Einer, der ebenfalls mit der Zunge anstieß, und wollte sich barbieren lassen, wußte aber nicht, daß der Barbierer auch also beschaffen wäre, sagte daher: Bon-bon-bona-di-dies, ich wollte mich gern lassen bu-bu-butzen; der Barbierer sah ihn an, und vermeynte, er wollte ihn ausspotten, wußte also vor Zorn nicht zu antworten; sagte aber endlich: I-i-ich mey-meyn, du spo-spo-spottest mich. Der Andere erwiederte: Iich[505] spo-spo-spott dich nicht, i-i ich wollte mi-mich gern la-lassen bu-bu-butzen. Dieses gieng eine lange Weile also fort, bis endlich der Barbier ihm das Barbierbecken an Kopf geworfen, und darauf mit einem starken Stuhlfuße ihn dergestalt abgeprügelt, daß, woferne die Leute nicht abgewehret, er denselben gar zu todt geschlagen hätte.


179. Ein Narr entdecket Andern ihre Narrheit.


Ein vornehmer und berühmter Herr gieng einstens in ein gewißes Narrenspital. Da er nun selbiges in etwas beschauet, kam ihm ein ehrwürdiger, alter, gravitätischer Mann entgegen, welcher ihn sehr höflich empfieng, und ihm Alles, was merkwürdig, zeigte. Da, in diesem Zimmer, sagte dieser ehrwürdige Mann, sitzet ein Mathematiker, der hat sich also in die Himmelszirkel vertieft, das ihm das Hirn verruckt worden. Dort, in jenem Zimmer hält sich Einer auf, der vermeynet, er sey der römische Pabst, wer nun immer vorüber geht, dem strecket er seinen Fuß dar, und lädt ihm zum Fußkusse, giebt ihm Ablaß und den Segen. Da, in dieser Kammer liegt Einer, der meynt, er sey König in Spanien, und alle Schiffe, die aus der neuen Welt oder Amerika kommen, gehören ihm zu; befiehlt auch alle Tage so und so viel Dublonen den Armen zu geben, ob er schon sein Lebtag nicht einmal eine zu sehen bekommen. Dort, in jener Kammer[506] hocket Einer, der bildet sich ein, er mache den Regen und Sonnenschein, wie Elias. Da, in diesem Zimmer ist Einer, der vermeynet, er sey Johannes der Täufer, er schreyt und prediget den ganzen Tag, wie ein Zahnbrecher. Als nun dieser ehrwürdige Mann diesen Herrn hin und her geführet, und eines Jeden seine Narrheit beschrieben, gieng ein überaus schöner Jüngling mit einem Kruge über den Hof, aus dem Brunnen Wasser zu schöpfen. Und schauet, mein Herr! sagte der alte, ehrwürdige Mann, dieser Jüngling ist unter allen der allernärrischte Narr, dieser bildet sich ein, er sey der Erzengel Gabriel, so Mariä den Gruß gebracht; und ich, der ich doch Gott Vater bin, weis Nichts davon, daß ich ihn sollte geschickt haben. Aus diesem merkte der gute Herr allererst, daß dieser alte, ehrwürdige Mann der größte Narr unter allen wäre.


180. Ein Mann suchet die Zunge seines Weibs.


Ein gewißer Mann hatte ein sehr trotziges und pochendes Weib; wenn er sie nur ein wenig über queer anschauete, so fieng sie schon an zu trotzen und zu pochen, also, daß er oft in einer ganzen Woche kein Wort von ihr hörte. Er besann sich hin und her, wie doch seinem Weibe zu helfen wäre. Endlich ließ er ihm bey helllichtem Tage ein Licht anzünden, dasselbe nahm er, und suchte darmit in allen finstern Winkeln ganz ämsig herum, als wenn er was Wichtiges verloren hätte. Die trotzige Rärrin saß[507] bey dem Tische, hatte Etwas vor sich auszunähen, fragte alsobald: Mann! was suchest du? Er antwortete: Mein Weib! ich suche halt deine Zunge, denn ich habe vermeynet, du habest deine Zunge verloren, daß du so lang nicht geredet hast; aber Gott Lob! jetzt habe ichs wieder gefunden.


181. Die Weiber haben neun Häute.


Ein anderer Mann prügelte fast alle Tage sein Weib. Sein Nachbar hatte ihms vor übel, daß er also grausam mit seinem Weibe umgieng. Ho! ho! sagte der Mann, habe nur kein Mitleiden mit einem Weibe, ich muß lang genug schlagen, bis ich ihr auf die neunte Haut komme. Wie da? versetzte sein Nachbar, sollen dann die Weiber neun Häute haben? Ey freylich, sagte der Mann, höre nur: die erste Haut ist eine Stockfischhaut, wenn man auf diese schlägt, so erdulden sie die Schläge, als wie ein Stockfisch. Die zweyte ist eine Bärnhaut, wenn man sie auf diese hinein schlägt, so fangen sie an zu brummen und zu murren wie ein Bär. Die dritte ist eine Gänshaut, wenn man sie auf diese schlägt, so gacken sie, wie eine Gans. Die vierte ist eine Hundshaut, wenn man diese trifft, so widerbellen sie, wie ein böser Kettenhund. Die fünfte ist eine Hasenhaut, wenn man diese schlägt, so werden sie furchtsam und flüchtig, wie ein Hase. Die sechste ist eine Roßhaut, wenn man diese schlägt, so schlagen sie hinten und vorne aus, wie ein unbändiger Gaul.[508] Die siebente ist eine Katzenhaut, wenn man diese trifft, so fallen sie Einen an, kratzen und beißen wie eine zornige Katze. Die achte ist eine Sauhaut, wenn man auf diese kömmt, so grunzen und greinen sie, wie eine Sau. Und endlich die neunte ist die rechte Menschenhaut, und wenn man diese recht trifft, so geben sie nach, und werden erst gut, fromm und gehorsam. Siehest du jetzt, mein Nachbar! daß ich noch laug genug mein Weib zu schlagen habe, bis ich ihr aufs Lebendige, das ist, auf die Menschenhaut komme.


182. Das allgemeine Gebeth machet ein stummes Weib redend.


Zu Edenburg, einer Stadt in Ungarn, hatte ein vermöglicher Bürger eine trotzige Frau, die 3, 4, oder 5 Tage kein Wort zu ihm redete. Er gab ihr die besten Worte, konnte aber mit ihr Nichts ausrichten; ja sie wurde dadurch noch halsstärriger, und redete bis 14 Tage gar nichts. Endlich schickte er an einem Freytage kurz vor der Predigt zu dem Herrn Pfarrer, und ersuchte ihn schriftlich, er wolle so gütig seyn, weil sein Weib bereits 14 Tage sprachlos, selbe in das allgemeine Gebeth zu empfehlen. Der gute Herr Pfarrer, unwissend dieser Komödie, hatte ein Mitleiden mit dieser Frau, stellte seinen Zuhören aufs kräftigste vor, was das für ein großes Kreuz sey, wenn ein Mensch die Sprache verliere; und alsdann ermahnte er sie zum öffentlichen Gebeth, nannte[509] auch solche Frau mit Namen. Die Frau, die eben damals in der Predigt war, fieng an zu schwitzen, und hätte theils aus Schamhaftigkeit, theils aus Zorn zerspringen mögen. Sie lief aus der Kirche, weinete und schrie, daß ihr Mann ihr einen solchen Schimpf und Spott angethan habe. Als auch der Mann nach geendigter Predigt heim gekommen, und gehört, daß sein Weib wiederum redete, und wider ihn erbärmliche Klagworte führte, da fiel er alsobald auf seine Kniee nieder, und sprach mit lauter Stimme: Gott sey Lob und Dank, daß mein Weib wieder reden kann; o wie ist das allgemeine Gebeth so kräftig gewesen!


183. Ein böses Weib ist des Mannes ärgster Feind.


Ein gewißer vornehmer Graf wurde aus Verschwärzung von dem kaiserlichen Hofe des Maxentius verstoßen; jedoch mit dieser Bedingniß, daß, wenn er seinen ärgsten Feind und seinen besten Freund innerhalb drey Tagen dem Kaiser vorstellen würde, er wiederum sollte zu Gnaden aufgenommen werden. Der Graf besann sich Tag und Nacht, wie er dieses anstellen wollte. Endlich, stellete er sich, als hätte er einen vornehmen Ritter auf seinem Gut ermordet, und ihn seines Geldes beraubet; gab also seiner Frau Gräfinn den abgenommenen Beutel voll Gelds, und verboth ihr bey Leib und Leben, keinem Menschen Etwas davon zu sagen, welches sie auch heilig zu halten versprochen.[510] Den dritten Tag gieng der Graf nach Hof, nahm seine Gräfinn und seinen Hund mit sich. Kaum aber da er in das Zimmer zu dem Kaiser gekommen, fieng er an seinen Hund erbärmlich zu schlagen, der Hund aber hat auf jeden Schlag seinem Herrn Grafen die Hände abgelecket, und tausend Zeichen der Liebe erzeiget. Die Gräfinn, welche nicht wußte, worauf der Handel angesehen, gab ihrem Herrn einen scharfen Verweis, daß er im Angesichte des Kaisers sich also närrisch stelle, und einen so großen Tumult mit dem Hunde mache. Der Graf nicht faul, ließ von dem Hunde ab, und gab der Gräfinn eine brackete Ohrfeige. Die Gräfinn ganz rasend, wie? sagte sie, ist dir, du Schelm! du Dieb! du Mörder! noch nicht genug, daß du erst vor drey Tagen einen reisenden Edelmann so jämmerlich ermordet, und seines Geldes beraubet hast. Zog darauf den Geldbeutel heraus, zeigte selben dem Kaiser, und erzählte ihm den ganzen Verlauf. Alsdann fieng der Graf zu dem Kaiser also zu reden an: Hier sehen Euer kaiserliche Majestät beysammen Beyde, meinen besten Freund, und meinen ärgsten Feind. Mein bester Freund auf der Welt ist mein Hund, denn ob ich selben schon hart geschlagen, wie Ihro Majestät selbst mit Augen gesehen, so hat er mir doch alle Treue und Liebe erzeiget. Mein Weib aber ist mein ärgster Feind, denn diese, ob sie mir schon mit ehelicher Treue von sich selbst verbunden, und erst vor drey Tagen heilig versprochen.[511] Niemand Etwas von diesem Todtschlage zu sagen, so hat sie doch Alles geoffenbaret, und zwar nur wegen einer einzigen Ohrfeige. Dieser sinnreiche Fund gefiel dem Kaiser also wohl, daß er diesen Grafen wiederum in seine vorige Ehrenstelle eingesetzet hat.


184. Ein rauschiger Bauer wird jähling ein großer Herr.


Als einsmals Philipp, Herzog und Gubernator in Brabant, bey der Nacht heim nach Hof fuhr, traff er unterwegs einen sternvollen Bauern an. Diesen, befahl der Herzog, alsobald in eine Kutsche zu werfen, und mit nach Hof zu bringen. Der gute tolle Hensa kam nun nach Hof, wie der Pilatus ins Credo, wußte aber so Wenig von sich selbsten, als ein Sack auf der Gasse, man mußte ihn aus der Kutsche heben, und die Stiegen hinauf tragen. Hier sollte man dazu gesungen haben.


Schau, Hensa, schau!

Bist du nicht ein Sau?

Da trägt man d'Sau die Stieg'n auf;

Wers sehen will, der schnauf und lauf.

Schau, Hensa, schau!


Sobald nun dieses neue Hofschwein, will sagen, dieser neue Hofjunker in das Zimmer gebracht wurde, befahl der Herzog, daß alle Hofbediente ihn auf das allerprächtigste bedienen sollten. Man zog ihm seine Kleider aus, scheerte ihm einen stolzen Knebelbart, setzte ihm[512] eine überaus kostbare Schlafhaube auf, und legte ihn in das herrlichste Bett. Als er zu Morgens erwachte, schauete er hin und her, und als er in dem Zimmer sah, daß Alles von Gold und Silber schimmerte, konnte er den Handel nicht genugsam fassen, und fragte sich selbsten vor lauter Freuden: Bin ichs, oder bin ichs nicht? Er sprang mit vollen Freuden aus dem Bette, schauete in einem Spiegel, und gefiel ihm Nichts besser als sein spanischer Bart; deßwegen schrie er auf: Mein Eid! ich bins. Indessen kamen die Hofbedienten, und warteten ihm auf. Einer brachte Pantoffeln, der Andere Hosen, der Dritte das Handtuch, der Vierte ein gold- und silberreiches Kleid etc. Ja, sie bedienten ihn, als wäre er wirklich Herr und Fürst. Weil er nun fest glaubte, er wäre kein Bauer, sondern der Fürst selbst, so hat er sich stattlich darein geschicket, nach jenem Sprüchworte:


Kein Scheermesser schärfer schiert,

Als wenn ein Bauer ein Edelmann wird.


Bey der Tafel saß er da wie ein aufgeblasener Bachus, er gieng daher ganz gravitätisch, wie ein Pfau, mit trotzigem und ernsthaftem Angesichte, wie ein Bär. Als der Abend anbrach, setzte man ihm bey dem Nachtessen also zu, daß er abermals sternvoll geworden. Man warf ihn aufs Stroh, legte ihm seinen vorigen Bauernrock an, und trug ihn ans vorige Ort, wo er gestern gefunden worden. Da mußte also die[513] alte Sau in dem Kothe vorlieb nehmen. Der Hof war voll Lachens; der Bauer aber mußte weniger, wie ihm geschehen wäre, als der Esel von der Laute. Auf solche Weise ergeht es uns Allen: wir leben und schweben in Wohllüsten und Reichthümern; aber wie lang? Kaum einen Tag, eine Woche, einen Monat, ein Jahr, da kömmt der Tod, nimmt uns alle Ergötzlichkeiten hinweg, und wirft uns in unser voriges Ort des Kothes, in die Erde, aus welcher wir gemacht. O! ihr versoffene Weltkinder! erwachet doch von eurem tiefen und höchstschädlichen Schlafe der Sünden, und folget der Ermahnung des heiligen Johannes: Liebet nicht die Welt, noch Das, was in der Welt ist, sondern gedenket, gedenket, gedenket: Momentaneum, quod delectat; æternum, quod cruciat:


Was wohl thut, währt eine kleine Zeit,

Was weh thut, währt in Ewigkeit.


185. Traurige Aprilschickung.


Ein vornehmer Herr in Niederland schickte seinen Diener in April, nämlich in die nächste Apotheke, um eine halbe Elle ungebrannten Kalk. Der Apotheker merkte den Possen, sagte ihm, es wäre dieser Kalk schon reißend hinweggegangen, und schickte ihn also zu einem Kaufherrn, welcher kurz vorher einen Prozeß wegen eines Kalkofens verloren, und deßwegen noch voll Zorn war. Da nun der Diener[514] von ihm eine halbe Elle ungebrannten Kalk begehrte, vermeynte der Kaufherr, dieser Diener wollte ihn beschimpfen, und ließ ihn erbärmlich abprügeln. Der Diener voll Zorn und Grimm, läuft nach Haus, findet seinen Herrn allein im Zimmer schlafend, ergreifet einen Dolch, stoßt ihm denselben durch die Brust, und begiebt sich in die Flucht.


186. Hund, Katze, Maus, sind gute Freunde.


Unweit Luzern, in der Schweitz, war ein Wirth, der seine Gäste unter der Mahlzeit folgendermaßen zu erlustigen pflegte: er schüttete nämlich einen Brey in eine Schüssel, setzte solchen an ein gewißes Ort; alsdann gab er ein Zeichen, und alsobald kroch eine Maus aus ihrem Loch, ein Vogel kam vom Vogelhause hervor, dort machte sich herbey eine Katze mit dem Hund, und fraßen mit einander aus einer Schüssel, also zwar, daß weder der Hund der Katze, noch die Katze der Maus, einiges Leid zufügte; nachdem nun alle genug gefressen, verfügten sich besagte Thiere wieder an ihr voriges Ort.

Quelle:
Schreger, Odilo: Odilo Schregers lustiger und nützlicher Zeitvertreiber [...]. Eilfte, vermehrte und verbesserte Auflage, Augsburg 1802, S. 416-515.
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