An den Frieden

[224] Friedensgöttin, komm, ich flehe

Dir mit hochgehobner Hand,

Komm herab von deiner Himmelshöhe,

Dich bedarf mein armes Vaterland.[224]


Sieh im Maienmonde wollen

Heere ziehen in das Feld.

Wie sie schon die Augen blutig rollen,

Zu verheeren eine ganze Welt.


Freude flieht vor Mavors Rufe,

Der sich schlachtendurstig naht;

Seiner kriegerischen Rosse Hufe

Stampfen, knicken unsre Frühlingssaat.


Blumen sterben, wo die Sohle

Eines ehrnen Kriegers geht;

Traurig liegt das Röschen, die Viole,

Jedes Blümchen auf zertretnem Beet.


O so komm, du Friede, nieder,

Sänftige der Krieger Sinn.

Tausend Deutsche, alle brav und bieder,

Grüßen dich, du Himmelskönigin.

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 224-225.
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