[Epilog]

[725] ROSALINDE. Es ist nicht hergebracht, die Frau als Epilog zu sehen: aber es ist nicht unziemlicher, als den Herrn als Prolog zu erblicken. Ist es wahr, daß der »gute Wein keines Kranzes bedarf«, so ist es auch wahr, daß ein gutes Stück keinen Epilog nötig hat: doch braucht man beim guten Weingute Kränze, und gute Stücke werden durch gute Epiloge nur um so besser. In welcher Lage bin ich denn nun, da ich weder ein guter Epilog bin, noch auch wegen eines guten Stückes angenehm sein kann? Ich bin nicht wie ein Bettler gekleidet, darum würde mir Betteln nicht geziemen; was mir übrig bleibt, ist, zu beschwören, und ich will mit den Frauen den Anfang machen. Ich beschwöre euch, o ihr Frauen, bei der Liebe, die ihr zu den Männern tragt, laßt euch von dem Stück so viel gefallen, als diese billigen! Und ich beschwöre euch, o ihr Männer, bei der Liebe, die ihr zu den Frauen tragt (und euer freundlich Gesicht sagt mir, keiner von euch haßt sie), daß, zwischen euch und den Frauen geteilt, das Stück gefallen möge. Wäre ich eine Frau, so wollte ich so viele von euch küssen, als Bärte hätten, die mir gefielen, Gesichter, die mir anständen, und einen Atem, der mir nicht zuwider wäre; und ich bin gewiß, alle, die gute Bärte, Antlitze und angenehmen Atem haben, werden für mein freundliches Anerbieten, indem ich meine Verbeugung mache, mir Lebewohl sagen. Geht ab.][725]

Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 1, Berlin: Aufbau, 1975.
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