|
[651] Fores, im Schloß.
Lenox und ein Lord treten auf.
LENOX.
Mein Wort berührt nur leicht, was Ihr gedacht;
Sinnt ferner drüber nach! Ich sage nur,
Seltsam geht manches zu: der gnadenreiche Duncan
Ward von Macbeth beklagt – Nun, er war tot –
Der wackre Banquo ging zu spät noch aus –
Wollt Ihr, so könnt Ihr sagen: Fleance erschlug ihn,
Denn Fleance entfloh. – Man muß so spät nicht ausgehn.
Wer kann wohl anders, als es schändlich finden,
Daß Donalbain und Malcolm töteten
Den gnadenreichen Vater? Höll'sche Untat!
Wie grämte Macbeth sich! Erschlug er nicht
In frommer Wut die beiden Täter gleich,
Die weinbetäubt und schlafversunken waren?
War's edel nicht getan? Ja, klüglich auch;
Denn jedes Menschen Seel' hätt' es empört,
Ihr Leugnen anzuhören. Also sag' ich,
Alles verfügt' er wohl: so denk' ich auch,
Daß, hätt' er Duncans Söhne unterm Schloß
(Was, mit des Himmels Hülfe, nie geschehn soll),
Sie würden fühlen, was es sagen will,
Den Vater zu ermorden; so auch Fleance.
Doch still! für dreiste Wort', und weil er ausblieb[651]
Beim Feste des Tyrannen, fiel Macduff
In Ungunst.
LORD.
Sandte er zu Macduff hin?
LENOX.
Ja; doch mit einem kurzen »Herr, nicht ich«
Schickt' er den finstern Boten heim; der murmelt,
Als wollt' er sagen: »Ihr bereut die Stunde,
Die mich beschwert mit dieser Antwort.«
LORD.
Dien' ihm
Als Warnung das, so fern zu bleiben, wie
Ihm seine Weisheit rät. Wißt Ihr, wo Malcolm
Sich aufhält?
LENOX.
Duncans Sohn, durch den Tyrannen
Beraubt des Erbrechts, lebt an Englands Hof,
Wo ihn der fromme Eduard aufgenommen,
So huldreich, daß des Glückes Bosheit nichts
Ihm raubt an Achtung. Dorthin will auch Macduff,
Des heil'gen Königs Hülfe zu erbitten,
Daß er Northumberland und Siward sende:
Damit durch ihren Beistand, nächst dem Schutz
Des Himmels, wir von neuem schaffen mögen
Den Tafeln Speis' und unsern Nächten Schlaf,
Fest und Bankett befrein von blut'gen Messern,
Mit Treuen huld'gen, freie Ehr' empfangen,
Was alles uns jetzt fehlt; und diese Nachricht
Hat so den König aufgeregt, daß er
Zum Kriege rüstet.
LORD.
Flieg' ein heil'ger Engel
Voran zum Hof nach England und verkünde
Die Botschaft, eh' er kommt, daß Segen schnell
Dies Land erfreue, von verfluchter Hand
So hart gedrückt!
LENOX.
Auch mein Gebet mit ihm.
Sie gehn ab.[652]
Ausgewählte Ausgaben von
Macbeth
|
Buchempfehlung
1858 in Siegburg geboren, schreibt Adelheit Wette 1890 zum Vergnügen das Märchenspiel »Hänsel und Gretel«. Daraus entsteht die Idee, ihr Bruder, der Komponist Engelbert Humperdinck, könne einige Textstellen zu einem Singspiel für Wettes Töchter vertonen. Stattdessen entsteht eine ganze Oper, die am 23. Dezember 1893 am Weimarer Hoftheater uraufgeführt wird.
40 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro