Siebentes Kapitel.

[66] Vor Akte, der früheren Geliebten Neros, hatten sich einst die stolzesten Häupter Roms gebeugt. Aber schon damals hatte sie keine Lust, sich in Staatsgeschäfte zu mischen, und wenn sie ihren Einfluß auf den jungen Herrscher jemals geltend machte, so geschah dies nur, um Gnade für jemand zu erbitten. Still und bescheiden verdiente sie sich den Dank mancher und machte sich niemand zum Feinde. Selbst Octavia konnte ihr nicht gram sein. Ihre Neider hielten sie für völlig ungefährlich. Man wußte von ihr, daß sie Nero nach wie vor in trauernder, schmerzlicher Liebe zugetan sei, die nicht mehr von der Hoffnung, sondern nur von der Erinnerung an jene Tage lebte, wo dieser Nero nicht nur jung und ihr Verehrer, sondern auch besser war. Man wußte, daß sie ihre Seele und ihre Gedanken nicht von jenen Erinnerungen loszureißen vermochte, aber auch keinen Wunsch mehr hatte; da aber auch in der Tat nicht zu befürchten war, der Caesar könne je zu ihr zurückkehren, so betrachtete man sie als gänzlich ungefährlich und ließ sie aus diesem Grunde in Frieden. Poppaea sah sie nur für eine stille, völlig harmlose Dienerin an und machte daher nicht einmal den Versuch, sie aus dem Palaste zu entfernen.

Da der Caesar sie jedoch einst geliebt und sich von ihr ohne Gewalttätigkeit und in ruhiger, ja gewissermaßen freundschaftlicher Weise getrennt hatte, so nahm man immer noch eine gewisse Rücksicht auf sie. Nero hatte ihr nach ihrer[66] Freilassung eine Wohnung im Palaste, zu der ein eigenes Schlafzimmer gehörte, sowie genügend Dienerschaft zugewiesen. Und weil früher Pallas und Narcissus, obgleich sie Freigelassene des Claudius waren, nicht nur an den Gastmählern ihres früheren Herrn teilnahmen, sondern auch als Minister einflußreiche Ehrenstellen innehatten, so wurde auch Akte mitunter zur Tafel des Caesars geladen. Dies geschah vielleicht deshalb, weil ihre Schönheit in der Tat eine Zierde des Festes bildete. Im übrigen hatte Nero in bezug auf die Auswahl seiner Gesellschaft schon längst jede Rücksicht fallen gelassen. An seiner Tafel fand sich das bunteste Gemisch von Leuten aller Stände und Berufe zusammen. Es waren Senatoren, namentlich solche, die sich bemühten, zugleich Hofnarren zu sein, alte und junge Patrizier, begierig nach Genuß, Luxus und Gunst. Frauen waren dabei, Trägerinnen berühmter Namen, die sich aber nicht scheuten, sich des Abends die blonde Perücke aufzusetzen und um des Vergnügens willen in abgelegenen Straßen Abenteuer zu suchen. Auch hohe Beamte waren da und Priester, welche bei vollen Bechern gern ihre eigenen Götter verspotteten, daneben eine Schar von Leuten jeder Art, bestehend aus Sängern, Schauspielern, Musikern, Tänzern und Tänzerinnen; aus Dichtern, die, während sie Verse deklamierten, an die Sesterzen dachten, die ihnen vielleicht dafür zu teil wurden, daß sie Neros Verse rühmten, aus hungrigen Philosophen, welche die Speiseschüsseln mit gierigen Blicken verfolgten, im übrigen aus berühmten Wagenlenkern, Seiltänzern, Wundertätern, Märchenerzählern, Spaßmachern, endlich aus Abenteurern, die durch die Mode oder ihre Torheit zu vorübergehender Berühmtheit gelangt waren und unter denen es auch nicht an solchen fehlte, welche die durchlöcherten Ohrläppchen, das Zeichen der Sklaven, unter ihren langen Haaren versteckten.

Die vornehmeren Gäste saßen unmittelbar an der Tafel, die geringeren sorgten für Unterhaltung während des Essens und warteten auf den Augenblick, wo die Diener ihnen gestatten[67] würden, sich auf die Überreste von Speise und Trank zu stürzen. Für Gäste dieser Art sorgten Tigellinus, Vatinius und Vitellius die mitunter genötigt waren, ihnen auch Kleider zu beschaffen, die zu den Gemächern des Caesars paßten. Dieser liebte übrigens solche Gesellschaft, weil er sich unter ihnen am meisten gehen lassen konnte. Der Prunk des Hofes vergoldete und bedeckte alles mit Glanz und Schimmer. Hoch und niedrig, Nachkommen berühmter Geschlechter und Leute vom Straßenpflaster der Stadt, große Künstler und armselige Pfuscher drängten sich zu dem Palaste, um ihre geblendeten Augen an der fast jeden menschlichen Begriff übersteigenden Pracht zu laben und sich dem Spender jeder Gnade, jedes Reichtums und jedes Gutes zu nähern, dessen bloßer Blick in der Tat erniedrigen, aber auch über alle Maßen erhöhen konnte.

Heut hatte auch Lygia an einem derartigen Gastmahle teilzunehmen. Furcht, Ungewißheit und eine Art Betäubung, die nach dem plötzlichen Umschwung ihres Geschickes nicht zu verwundern waren, kämpften in ihr mit dem Wunsche, Widerstand zu leisten. Sie fürchtete sich vor dem Caesar, sie fürchtete sich vor den Menschen, sie fürchtete sich vor dem Palaste, dessen Getöse ihren Geist verwirrte, sie fürchtete sich vor den Gelagen, über deren Schamlosigkeit sie Aulus, Pomponia Graecina und deren Freunde hatte erzählen hören. Obgleich sie ein junges Mädchen war, war sie doch nicht unerfahren, denn zu jener Zeit drang die Kunde des Schlechten frühzeitig selbst bis zu den Ohren der Kinder. Sie wußte daher, daß ihr in diesem Palaste die äußerte Gefahr drohe, vor der sie übrigens auch Pomponia in der Abschiedsstunde gewarnt hatte. Da sie jedoch einen jugendfrischen, von der Verderbnis unberührten Sinn besaß und dem erhabenen Glauben anhing, der ihr von ihrer Pflegemutter eingepflanzt worden war, hatte sie das Gelöbnis, sich vor dem Verderben zu bewahren, ihrer Mutter, sich selbst und jenem göttlichen Lehrer abgelegt, an den sie nicht nur glaubte, sondern den sie[68] auch um der Milde seiner Lehre, der Bitterkeit seines Todes und der Herrlichkeit seiner Auferstehung willen mit der ganzen Innigkeit ihres kindlichen Herzens liebte.

Ebenso war es ihr klar, daß jetzt weder Aulus, noch Pomponia Graecina für ihr Verhalten verantwortlich seien, und sie überlegte daher, ob es nicht besser sei, Widerstand zu leisten und nicht an dem Feste teilzunehmen. Einerseits sprachen Angst und Unruhe laut in ihrer Seele, andererseits tauchte in ihr der Wunsch auf, Mut, Ausdauer zu zeigen und sich der Marter und dem Tode preiszugeben. So zu handeln hatte der göttliche Lehrer ja geboten und selbst das Beispiel dazu gegeben. Und Pomponia hatte ihr gesagt, daß die Eifrigsten unter den Gläubigen mit allen Kräften ihrer Seele nach einer solchen Prüfung verlangten und darum beteten. Und Lygia hatte mitunter, als sie noch bei Aulus war, einen ähnlichen Wunsch gehegt. Sie sah sich als Märtyrerin, mit Wunden an Händen und Füßen, weiß wie Schnee, strahlend in überirdischer Schönheit, von ebenso weißen Engeln in den Himmel getragen, und an derartigen Visionen ergötzte sich ihre Phantasie. Es lag darin viel kindliche Schwärmerei, aber auch etwas wie Selbstgefälligkeit, die Pomponia tadelte. Nun aber, wo der Widerstand gegen den Willen des Caesars eine schreckliche Strafe nach sich ziehen und das in Träumen geschaute Märtyrertum zur Wirklichkeit werden konnte, gesellte sich zu der schönen Vision, zu der Selbstgefälligkeit noch etwas wie mit Furcht gepaarte Neugierde, welche Strafe, welche Art Qualen für sie bestimmt seien.

So wurde ihre noch halb kindliche Seele nach zwei Richtungen gezogen. Akte jedoch, die dieses Schwanken bemerkte, sah das Mädchen so erstaunt an, als ob es im Fieber spräche. Sich dem Willen des Caesars widersetzen? Gleich im ersten Augenblick seinen Zorn auf sich laden? Dazu müsse man ein Kind sein, das nicht wisse, was es spreche. Aus Lygias eigenen Worten gehe hervor, daß sie in Wahrheit keine Geisel, sondern ein von seinem Volke verlassenes Mädchen sei.[69] Kein Völkerrecht schütze sie, und auch wenn sie unter dessen Schutz stände, so sei der Caesar doch mächtig genug, in einem Wutanfalle dieses Recht mit Füßen zu treten. Es habe dem Caesar beliebt, sie abholen zu lassen, und er werde von nun an über sie Bestimmung treffen. Von nun an hänge sie von seinem Willen ab, neben dem es auf Erden keinen anderen gebe.

»So ist es,« fuhr sie fort; »auch ich habe die Briefe des Paulus von Tarsos gelesen, und weiß, daß über der Erde Gott lebt und der Sohn Gottes, der auferstanden ist, doch auf der Erde gibt es nur einen Caesar. Bedenke dies, Lygia. Ich weiß auch, daß dein Glaube dir nicht gestattet, das zu sein, was ich gewesen bin, und daß ihr, wie die Stoiker, von denen mir Epiktet erzählte, wenn euch die Wahl zwischen Schande und Tod freisteht, nur den Tod wählen dürft. Aber woher weißt du, daß nur der Tod deiner wartet und nicht auch die Schande? Hast du nichts von Sejanus' Tochter gehört, welche noch ein kleines Mädchen war und auf Tiberius' Befehl aus Rücksicht auf ein Gesetz, welches verbietet, eine Jungfrau mit dem Tode zu bestrafen, erst die Schande und dann den Tod erleiden mußte? Lygia, Lygia, reize den Caesar nicht. Wenn der entscheidende Augenblick naht, wo du zwischen Schande und Tod zu wählen hast, wirst du handeln, wie dein Glaube es dir gebietet; doch suche das Verderben nicht freiwillig auf, reize aus geringfügigen Gründen nicht eine irdische und dabei grausame Gottheit.«

Akte hatte mit großer Güte und sogar mit Begeisterung gesprochen und näherte nun, da sie von Natur etwas kurzsichtig war, ihr zartes Antlitz dem Lygias, um daraus zu entnehmen, was für einen Eindruck ihre Worte gemacht hatten.

Lygia legte aber vertrauensvoll ihre Arme um Aktes Hals und sagte: »Du bist so gut, Akte!«

Akte, der diese Anerkennung und dieses Vertrauen wohl taten, schloß sie an ihr Herz und antwortete dann, nachdem[70] sie sich von den Armen des Mädchens frei gemacht hatte: »Mein Glück ist hin, meine Freude ist hin; aber schlecht bin ich nicht.«

Dann begann sie mit raschen Schritten im Gemache auf und ab zu gehen und wie in Verzweiflung mit sich selbst zu sprechen: »Nein, auch er war nicht schlecht. Er selbst glaubte damals, er sei gut, und wünschte gut zu sein. Ich weiß es am besten. Alles kam erst später ... als er zu lieben aufhörte ... Andere haben ihn zu dem gemacht, was er ist – andere – und Poppaea.«

Dann füllten sich ihre Augen mit Tränen. Lygia verfolgte sie einige Zeit mit ihren blauen Augen und sagte endlich: »Du bedauerst ihn?«

»Ich bedauere ihn!« antwortete die Griechin leise.

Und wieder fing sie an mit vor Schmerz gerungenen Händen und traurigem Antlitz im Zimmer umherzugehen.

Lygia fragte furchtsam weiter: »Liebst du ihn noch?«

»Ich liebe ihn.«

Nach einer Weile fügte sie hinzu: »Außer mir liebt ihn niemand.«

Es trat Schweigen ein, und inzwischen suchte Akte ihre durch Erinnerungen getrübte Ruhe wiederzuerlangen, und als endlich ihr Antlitz wieder den gewohnten Ausdruck stillen Grames trug, sagte sie: »Wir wollen von dir sprechen, Lygia. Denke nicht einmal daran, dich dem Caesar zu widersetzen. Das wäre Wahnsinn. Im übrigen beruhige dich! Ich kenne dieses Haus gut und bin überzeugt, daß dir von seiten des Caesars nichts droht. Hätte Nero dich für sich entführen lassen, so hätte man dich nicht nach dem Palatin gebracht. Hier herrscht Poppaea, und Nero befindet sich, seitdem sie ihm eine Tochter gebar, noch mehr unter ihrer Herrschaft ... Nein! Nero hat allerdings befohlen, du sollst am Gastmahle teilnehmen, aber er hat dich bisher noch nicht gesehen und auch nicht nach dir gefragt und kümmert sich also nicht um dich. Vielleicht hat er dich von Aulus und Pomponia nur[71] aus Zorn über sie weggenommen ... Mir hat Petronius geschrieben, ich solle dich unter meinen Schutz nehmen. Auch Pomponia hat mir geschrieben, wie du weißt; es ist daher möglich, daß sie im Einverständnisse miteinander sind. Vielleicht auch hat er es auf ihren Wunsch getan. Wenn dies der Fall ist, wenn auch er sich auf den Wunsch Pomponias deiner annimmt, so droht dir nichts, und wer weiß sogar, ob dich Nero nicht auf seine Fürsprache hin zu Aulus zurückschickt? Ich weiß nicht, ob ihn Nero allzusehr liebt, aber das weiß ich, daß er es selten wagt, anderer Meinung zu sein als Petronius.«

»Ach, Akte!« entgegnete Lygia, »Petronius war bei uns, bevor man mich wegholte, und meine Mutter war überzeugt, daß Nero meine Auslieferung auf seinen Wunsch verlangte.«

»Das wäre schlimm,« sagte Akte.

Aber dann fuhr sie nach kurzer Überlegung fort: »Petronius hat vielleicht nur in Neros Gegenwart bei einem Abendessen erzählt, er habe bei Aulus eine Geisel der Lygier gesehen, und Nero, der auf seine Macht eifersüchtig ist, hat dich vielleicht nur deshalb verlangt, weil Geiseln dem Caesar gehören. Überdies liebt er Aulus und Pomponia nicht. Nein! Ich glaube nicht, daß Petronius, wenn er dich Aulus entführen wollte, in dieser Weise gehandelt hätte. Ich weiß nicht, ob er besser ist als die anderen, mit denen sich der Caesar umgibt, aber er ist anders ... Vielleicht findest du übrigens außer ihm noch einen anderen, der für dich eintritt. Hast du bei Aulus niemand aus der näheren Umgebung des Caesars kennen gelernt?«

»Ich habe Vespasian und Titus öfters gesehen.«

»Der Caesar liebt sie nicht.«

»Und Seneca.«

»Wenn Seneca etwas empfiehlt, so genügt dies für den Caesar, um anders zu handeln.«

Das klare Antlitz Lygias begann sich mit Röte zu überziehen.[72]

»Und Vinicius ...«

»Ich kenne ihn nicht.«

»Es ist ein Verwandter von Petronius der vor kurzem aus Armenien zurückgekehrt ist.«

»Und würde er für dich eintreten?«

»Ja.«

Akte lächelte freundlich und sagte: »Dann wirst du ihn sicher beim Feste treffen. Du mußt daran teilnehmen, erstens deswegen, weil du mußt ... Nur ein solches Kind wie du könnte anders darüber denken. Zweitens, wenn du in Aulus' Haus zurückzukehren wünschst, so mußt du Mittel und Wege finden, Petronius und Vinicius zu bitten, ihren Einfluß für dich behufs deiner Rückkehr geltend zu machen. Wären sie hier, so würden beide dir dasselbe sagen wie ich, daß es Wahnsinn und sicheres Verderben wäre, Widerstand zu versuchen. Der Caesar würde wahrscheinlich deine Abwesenheit gar nicht bemerken, wenn er sie aber bemerkte und glaubte, du hättest gewagt, sich seinem Willen zu widersetzen, so wäre für dich keine Rettung mehr. Gehe, Lygia ... Hörst du den Lärm im Hause? Die Sonne sinkt, und die Gäste werden bald eintreffen.«

»Du hast recht, Akte,« erwiderte Lygia, »ich werde deinen Rat befolgen.«

Wieviel zu diesem Entschlusse der Wunsch beitrug, Vinicius und Petronius zu treffen, wieviel die weibliche Neugier, einmal im Leben an einem solchen Gastmahle teilzunehmen, dabei den Caesar, den Hof, die berühmte Poppaea und andere Schönheiten sowie die unerhörte Pracht zu sehen, von der man in Rom Wunderdinge erzählte, davon konnte sich Lygia selbst keine sichere Rechenschaft geben. Aber Akte hatte mit ihrem Rate recht, und das Mädchen fühlte dies sehr wohl. Sie mußte gehen, und da die Notwendigkeit und die einfache Vernunft den geheimen Wunsch unterstützten, so schwankte sie nicht länger.[73]

Akte führte sie dann in ihr eigenes Unctorium, um sie zu salben und anzukleiden, und obgleich in dem Hause des Caesars kein Mangel an Sklavinnen war und Akte deren zu ihrer persönlichen Bedienung mehr als genug hatte, so entschloß sie sich aus Vorliebe zu dem Mädchen, dessen Unschuld und Schönheit ihr Herz bezaubert hatten, es selbst anzukleiden. Und zugleich hatte es den Anschein, als ob in der jungen Griechin, trotz ihrer Traurigkeit und trotzdem sie die Briefe des Paulus von Tarsos gelesen hatte, noch etwas von dem alten hellenischen Geiste zurückgeblieben wäre, auf welchen die Schönheit stärker wirkte als sonst etwas auf der Welt. Als sie Lygia entkleidet hatte, konnte sie beim Anblick ihrer zugleich schlanken und vollen, wie aus Perlen und Rosen geschaffenen Gestalt einen Ausruf des Staunens nicht unterdrücken, und einige Schritte zurücktretend, betrachtete sie mit Entzücken den unvergleichlichen, jugendprangenden Körper des Mädchens.

»Lygia!« rief sie endlich, »du bist tausendmal schöner als Poppaea!«

Im ernsten Hause Pomponias erzogen, wo man selbst dann, wenn die Frauen unter sich waren, Zurückhaltung beobachtete, stand das Mädchen, reizend wie ein schöner Traum, im herrlichsten Ebenmaß, als wäre es ein Werk des Praxiteles oder ein Gedicht, aber verwirrt, bescheiden errötend, mit zusammengedrängten Knieen, die Hände vor den Busen gepreßt und mit gesenkten Augen da. Endlich erhob sie mit einer plötzlichen Bewegung die Arme, entfernte die Nadeln, welche ihre Haare zusammenhielten und war in einem Augenblick, schneller, als man den Kopf bewegen konnte, in diese eingehüllt wie in einen Mantel.

Akte näherte sich ihr und sagte, indem sie die schwarzen Flechten berührte: »O, welch schönes Haar hast du! ... Ich will keinen Goldstaub darauf streuen; die Locken schimmern an verschiedenen Stellen selbst wie Gold ... Nur vielleicht hier und da will ich etwas Goldstaub auflegen, aber dünn,[74] dünn, als ob ein Sonnenstrahl sie verklärte ... Eure lygische Heimat muß wunderschön sein, wenn solche Mädchen dort geboren werden.«

»Ich kann mich nicht an sie erinnern,« entgegnete Lygia. »Ursus erzählte mir nur, daß es bei uns Wälder, Wälder und Wälder gäbe.«

»Und in den Wäldern blühen Blumen,« versetzte Akte, während sie ihre Hand in ein Gefäß mit Verbenenöl tauchte und Lygias Haar damit befeuchtete.

Als sie damit fertig war, begann sie den Körper des Mädchens leicht mit wohlriechenden Ölen aus Arabien zu salben und bekleidete es dann mit einer weichen, goldverbrämten Tunika ohne Ärmel, über die noch ein schneeweißer Peplos zu werfen war. Da sie jedoch zuvor das Haar zu ordnen hatte, zog sie Lygia inzwischen eine Art Hauskleid an, das Synthesis hieß, und übergab sie, während sie sich selbst auf einen Sessel niederließ, auf einige Zeit den Händen von Sklavinnen, um aus der Entfernung dem Kämmen zuzusehen. Zwei Sklavinnen begannen zugleich Lygias Füße mit weißen, purpurgestickten Sandalen zu bekleiden, die sie kreuzweise mit goldenen, um die alabasterweißen Knöchel gewundenen Bändern befestigten. Als endlich das Haar geordnet war, warfen sie dem Mädchen einen Peplos in schönen, leichten Falten über; nachdem Akte dann Lygias Hals mit Perlen geschmückt und ihr Haar stellenweise mit Goldstaub betupft hatte, ließ sie sich selbst ankleiden, indem sie die ganze Zeit über Lygia voller Entzücken betrachtete.

Doch war sie bald fertig, und sobald die ersten Sänften vor dem Haupttore zu erscheinen begannen, betraten sie beide den bedeckten Seitenportikus, von dem aus sie das Haupttor, die inneren Galerien und den von Säulen aus numidischem Marmor umgebenen Hofraum überblicken konnten.

Immer größere Menschenmengen schritten unter den hohen Bogen des Tores hindurch, auf dessen Giebel Lysias' herrliche Quadrigen Apollo und Diana zum Himmel emporzutragen[75] schienen. Lygias Augen wurden von dem stolzen Anblick geblendet, von dem Aulus' bescheidenes Haus ihr nicht die leiseste Ahnung zu geben vermocht hatte. Es war im Augenblick des Unterganges der Sonne, und ihre letzten Strahlen fielen auf den gelben numidischen Marmor der Säulen, der in ihrem Schimmer wie Gold glänzte und zugleich ins Rosenrote hinüberspielte. Zwischen den Säulen, neben den weißen Bildsäulen der Danaiden und anderen, die Götter und Heroen darstellten, drängten sich Scharen von Männern und Frauen, die auch ihrerseits Statuen glichen, denn sie waren mit Toga, Peplos und Stola bekleidet, die in weichen Falten anmutig bis auf den Fußboden fielen und auf denen die Strahlen der untergehenden Sonne erglänzten. Ein riesiger Herakles, dessen Haupt noch beleuchtet, der aber von der Brust abwärts bereits in dem von den Säulen geworfenen Schatten lag, schaute von oben auf die Menschenmenge herab. Akte zeigte Lygia die Senatoren in breitgesäumten Togen, in verbrämten Tuniken und mit Halbmonden auf den Schuhen, die Ritter und berühmten Künstler, römische Damen in römischen, in griechischen, phantastischen orientalischen Gewändern, die Haare in Turm- oder Pyramidenform angeordnet oder nach Art der Göttinnenstatuen auf die Stirn herabhängend oder mit Blumen geschmückt. Viele der Männer und viele Frauen nannte Akte mit Namen und fügte diesen kurze, bisweilen furchtbare Geschichten hinzu, die Lygia mit Grausen, Staunen und Verwunderung erfüllten. Es war für sie eine seltsame Welt, durch deren Schönheit ihre Augen geblendet wurden, deren Kehrseite ihr Mädchensinn aber nicht fassen konnte. In der Abenddämmerung am Himmel, in den regungslosen, in der Ferne verschwimmenden Säulenreihen, in den statuengleichen Menschen lag etwas wie erhabene Ruhe; es hatte den Anschein, als müßten inmitten dieser geradlinigen Säulen Halbgötter sorglos, glücklich und zufrieden leben, während Akte leisen Tones immer neue schreckliche Geheimnisse dieses Palastes[76] und dieser Menschen enthüllte. Dort war der bedeckte Portikus zu sehen, dessen Säulen und Fußboden noch von dem Blute gerötet waren, das Caligula verspritzte, als er unter dem Dolche Cassius Chaereas fiel; dort wurde seine Gattin ermordet; dort wurde sein Kind gegen einen Stein geschleudert; dort unter jenem Flügel lag der Kerker, in dem der jüngere Drusus vor Hunger seine Hände benagte; dort wurde der ältere vergiftet; dort zitterte Gemellus vor Entsetzen und wälzte sich Claudius in Krämpfen, dort Germanicus. Allenthalben hatten diese Wände von den Seufzern und Klagen Sterbender widergehallt, und diese Menschen, die jetzt in Togen, verbrämten Tuniken, mit Blumen und Edelsteinen geschmückt, zu Feste eilten, waren vielleicht morgen zum Tode Verurteilte. Auf manchem Gesichte verbarg vielleicht ein Lächeln die Angst, die Unruhe, die Furcht vor dem kommenden Tage; vielleicht nagten fieberhafte Gier und Neid in diesem Augenblicke an den Herzen dieser anscheinend sorglosen, unbekümmerten Halbgötter. Lygias erschreckte Gedanken konnten den Worten Aktes nicht folgen, und indem diese wunderbare Welt ihre Augen mit immer größerer Macht fesselten, wandte sich ihr das Herz vor Entsetzen um, und in ihrer Seele erhob sich plötzlich eine unsägliche, unendliche Sehnsucht nach ihrer geliebten Pomponia Graecina und nach dem stillen Hause des Aulus, wo Liebe herrschte, nicht das Verbrechen.

Unterdessen strömten vom Vicus Apollinis neue Scharen von Gästen herbei. Von jenseits der Tore hörte man den Lärm und das Geschrei der Klienten, die ihre Patrone begleiteten. Der Hof und die Kolonnaden wimmelten von Sklaven und Sklavinnen des Caesars, von kleinen Knaben und Prätorianern, welche die Wache im Palast versahen. Hier und dort zeigten sich zwischen den weißen oder braunen Gesichtern die schwarzen Züge eines Numidiers, mit einem Federbusch auf dem Helme und großen goldenen Ringen in den Ohren. Lauten, Zithern, kunstvolle Sträuße von trotz[77] des Spätherbstes gezogenen Blumen, Lampen aus Silber, Gold und Bronze wurden einhergetragen. Immer lauter mischte sich der Lärm der Gespräche in das Plätschern des Springbrunnens, dessen von der Abendröte bestrahltes Wasser aus der Höhe auf die Marmorplatten herabfiel und auf ihnen wie zu Tränen zerstäubte.

Akte hatte zu erzählen aufgehört; Lygia aber blickte unverwandten Auges auf die Menge, als suche sie jemand. Plötzlich bedeckte tiefe Röte ihr Gesicht. Zwischen den Säulen traten Vinicius und Petronius hervor und wandten sich dem größeren Triclinium zu; schön, ruhig, in ihren Togen weißen Göttergestalten vergleichbar. Als Lygia inmitten all der fremden Menschen diese beiden bekannten und befreundeten Gesichter erblickte, war es ihr, als ob ihr ein schwerer Stein vom Herzen falle. Sie fühlte sich weniger verlassen. Jene unendliche Sehnsucht nach Pomponia und dem Hause des Aulus, welche sie noch vor kurzem verzehrt hatte, verlor mit einem Male alles qualvolle. Das Verlangen, Vinicius zu sehen und mit ihm zu sprechen, erstickte jede andere Regung in ihr. Vergebens rief sie sich alles schlechte, was sie über das Haus des Caesars gehört hatte, die Erzählungen Aktes, die Warnungen Pomponias ins Gedächtnis zurück; trotz dieser Erzählungen und dieser Warnungen fühlte sie plötzlich, daß sie an diesem Feste nicht nur teilnehmen müsse, sondern auch teilzunehmen wünsche; bei dem Gedanken, daß sie bald jene holde, teure Stimme hören werde, die zu ihr von Liebe und einem der Götter würdigen Glück gesprochen hatte und seitdem wie ein Lied in ihren Ohren nachklang, durchdrang ein Gefühl der Seligkeit ihr ganzes Wesen.

Aber mit einem Male erschrak sie über diese Empfindung. Sie glaubte, in diesem Augenblicke jener reinen Lehre, in der sie erzogen worden war, Pomponia und sich selber untreu zu werden. Sich dem Zwange zu fügen, ist etwas anderes, als über diesen Zwang erfreut zu sein. Sie fühlte sich schuldig, unwürdig und verworfen. Mutlosigkeit erfaßte[78] sie, und sie hätte weinen mögen. Wäre sie allein gewesen, sie wäre auf ihre Kniee gesunken und hätte angefangen, sich die Brust zu schlagen und zu rufen: »Meine Schuld, meine Schuld!« Akte ergriff aber jetzt ihre Hand und führte sie durch die inneren Gemächer in das große Triclinium, wo das Fest stattfinden sollte. Vor den Augen wurde es ihr dunkel, in den Ohren dröhnte es ihr vor innerer Bewegung, und die Schläge ihres Herzens benahmen ihr den Atem. Wie im Traume sah sie tausende von Lampen auf den Tischen und an den Wänden strahlen, wie im Traume hörte sie die Rufe, mit denen man den Caesar begrüßte, wie durch einen Nebel er blickte sie diesen selbst. Der Lärm betäubte, der Glanz blendete, die Wohlgerüche berauschten sie. Sie verlor den Rest ihrer Besinnung und vermochte kaum Akte noch zu erkennen, die sie auf einen Sitz an der Tafel niederdrückte und dann selbst neben ihr Platz nahm.

Nach einer Weile ließ sich eine leise, wohlbekannte Stimme von der anderen Seite vernehmen: »Sei gegrüßt, du Schönste unter den irdischen Mädchen und den himmlischen Sternen! Sei gegrüßt, göttliche Kalline!«

Lygia, die sich einigermaßen erholt hatte, schlug ihre Augen auf: neben ihr saß Vinicius.

Er war ohne Toga, denn die Bequemlichkeit und der herkömmliche Brauch verlangten das Ablegen der Toga bei Gastmählern. Seinen Körper bedeckte nur eine scharlachrote, mit silbernen Palmblättern bestickte Tunika ohne Ärmel. Die Arme waren nackt und nach orientalischer Mode mit zwei breiten, oberhalb des Ellbogens befestigten goldenen Spangen geschmückt und weiter unten von sämtlichen Haaren befreit, weich, doch äußerst muskulös, wahre Soldatenarme, die vortrefflich zu Schwert und Schild paßten. Auf dem Haupte trug er einen Rosenkranz. Mit seinen über der Nase zusammenstoßenden Brauen, mit den leuchtenden Augen und der gebräunten Gesichtsfarbe erschien er als das Urbild von Jugend und Kraft. Lygia kam er so schön vor, daß sie, obgleich[79] ihre erste Bestürzung schon vorüber war, kaum zu antworten vermochte: »Sei gegrüßt Marcus ...«

Er entgegnete: »Glücklich meine Augen, die dich sehen; glücklich meine Ohren, die deine Stimme vernehmen, die mir lieber ist als die Klänge der Flöten und Zithern. Wenn ich wählen sollte, wer bei diesem Gastmahle neben mir weilen sollte, du, Lygia, oder Venus, ich würde dich wählen, Göttliche!«

Er schaute sie an, als wollte er sich an ihrem Anblicke laben und sie mit den Augen versengen. Sein Blick schweifte von ihrem Antlitz nach dem Halse und den bloßen Armen, umfaßte ihre reizende Gestalt, fand sie bezaubernd, verschlang sie, aber neben dem Verlangen erglänzten darin Glück und Wonne, sowie grenzenloses Entzücken.

»Ich wußte, ich würde dich im Hause des Caesars treffen,« fuhr er fort, »aber doch ergriff meine Seele bei deinem Anblick solche Wonne, als ob mir ein völlig unerwartetes Glück begegnete.«

Lygia, die sich erholt hatte und fühlte, daß er in der ganzen großen Menschenmenge und in diesem Hause das einzige ihr nahestehende Wesen sei, begann mit ihm zu sprechen und ihn nach allem zu fragen, was für sie unverständlich war und was ihr Furcht einflößte. Woher wußte er, daß er sie im Hause des Caesars treffen würde, und wozu war sie hier? Weswegen hatte sie der Caesar von Pomponia weggenommen? Sie fürchte sich hier und wünsche zu Pomponia zurückzukehren. Sie würde sterben vor Sehnsucht und Unruhe, wenn sie nicht hoffte, daß Petronius und er sich beim Caesar für sie verwenden würden.

Vinicius erwiderte, er habe sich bei Aulus selbst über ihre Entführung erkundigt. Warum sie hier sei, wisse er nicht. Der Caesar gebe niemandem Rechenschaft über seine Befehle und Gebote. Doch solle sie sich nicht fürchten. Er, Vinicius sei bei ihr und werde ihr beistehen. Lieber wolle er die Augen einbüßen, als sie nicht mehr sehen, lieber wolle[80] er das Leben verlieren, als sie verlassen. Sie sei seine Seele, darum werde er sie auch wie seine Seele hüten. Er wolle ihr in seinem Hause einen Altar errichten wie seiner Gottheit, auf dem er Myrrhen und Aloe, im Frühjahr aber Krokusblumen und Apfelblüten opfern. Und da sie sich im Hause des Caesars ängstige, so bürge er ihr dafür, daß sie in diesem Hause nicht bleiben werde.

Obgleich er gewunden sprach und mitunter sogar seine Zuflucht zu Erdichtungen nahm, so lag doch Wahrheit in seinen Worten, denn seine Gefühle waren echt. Auch ergriff ihn aufrichtiges Mitleid, und ihre Worte gingen ihm so zu Herzen, daß, als sie ihm zu danken und zu versichern begann, Pomponia werde ihn seiner Güte wegen lieben und sie selbst werde ihr ganzes Leben lang ihm dankbar sein, er seine Rührung nicht bemeistern konnte und es ihm schien, als würde er nie im Leben einer Bitte von ihr widerstehen können. Sein Herz fing an zu schmelzen. Ihre Schönheit berauschte seine Sinne, und er begehrte sie, aber er fühlte zugleich, daß sie ihm sehr teuer sei und er sie wirklich wie eine Gottheit verehren könne; er fühlte auch das unwiderstehliche Bedürfnis, von ihrer Schönheit und seiner Verehrung für sie zu sprechen. Als daher der Lärm des Gelages zunahm, rückte er näher an sie heran und begann ihr schmeichelnde, süße Worte zuzuflüstern, die der Tiefe seines Herzens entsprangen, wohllautend wie Musik und berauschend wie Wein.

Und er berauschte sie. Inmitten all dieser Fremden, die sie rings umgaben, erschien er ihr immer vertrauter, immer lieber, durch und durch treu und ihr von ganzer Seele ergeben. Er beruhigte sie, er versprach, sie aus dem Hause des Caesars zu bringen, er versprach, sie nie zu verlassen und ihr seine Dienste zu weihen. Außerdem hatte er damals bei Aulus nur im allgemeinen mit ihr von Liebe und Glück gesprochen, die sie gewähren könne, jetzt aber gestand er ihr offen, daß er sie liebe, daß sie ihm das Liebste und Teuerste auf Erden sei. Lygia hörte solche Worte zum[81] erstenmal von männlichen Lippen, und je länger sie ihnen lauschte, desto klarer wurde es ihr, daß etwas in ihr wie aus einem Schlummer erwache, daß etwas sie mit Glückseligkeit erfülle, wobei unermeßliche Wonne mit unermeßlichem Weh verbunden sei. Ihre Wangen begannen zu glühen, ihr Herz zu schlagen, ihre Lippen sich wie vor Staunen zu öffnen. Angst ergriff sie, daß sie auf solche Beteuerungen höre, und doch wünschte sie um nichts auf der Welt, auch nur ein Wort davon zu verlieren. Zuweilen schlug sie die Augen nieder, dann erhob sie wiederum den klaren Blick zu Vinicius, scheu und doch fragend, als dränge es sie, ihm zu sagen: »Sprich weiter!« Der Lärm, die Musik, der Blumenduft und der Wohlgeruch arabischer Spezereien begannen sie von neuem zu betäuben. Es war Sitte in Rom, bei Tafel zu liegen; zu Hause hatte Lygia ihren Platz zwischen Pomponia und dem kleinen Aulus; jetzt aber lag Vinicius neben ihr, jung, stattlich, liebeglühend; sie empfand die Glut, die in ihm loderte, und fühlte zugleich Beschämung und Freude. Es wandelte sie eine Art von Ohnmacht, Bewußtlosigkeit und Selbstvergessenheit an, wie wenn der Schlaf sie übermannte.

Ihre Nähe begann aber auch auf Vinicius einzuwirken. Sein Gesicht wurde bleich. Seine Nüstern blähten sich wie bei einem arabischen Renner. Man konnte sehen, wie sein Herz mit ungewöhnlicher Kraft unter der Scharlachtunika schlug, denn sein Atem wurde kurz, und die Worte stockten in seinem Munde. Zum erstenmal war er hier so nahe bei ihr. Seine Gedanken begannen sich zu verwirren; in seinen Adern fühlte er ein Feuer brennen, das er vergebens mit Wein zu löschen suchte. Nicht der Wein, sondern ihr wunderschönes Antlitz, ihre bloßen Arme, ihre jungfräuliche Brust, die unter der goldgestickten Tunika wogte, und ihre mit den weißen Falten des Peplos verhüllte Gestalt berauschten ihn immer mehr. Endlich ergriff er ihre Hand oberhalb des Gelenkes, wie er es schon damals in Aulus Hause getan hatte,[82] und sie an sich ziehend, begann er mit bebenden Lippen zu flüstern: »Ich liebe dich, Kalline ... meine Göttin!«

»Laß mich los, Marcus,« rief Lygia.

Doch er fuhr fort mit umnebelten Augen: »Meine Göttin! – Liebe mich!«

In diesem Augenblicke ließ sich die Stimme Aktes, die auf der anderen Seite von Lygia lag, vernehmen: »Der Caesar beobachtet euch.«

Vinicius wurde von plötzlichem Zorn über den Caesar und Akte ergriffen. Ihre Worte hatten den Bann seines Rausches gebrochen. Dem Jüngling wäre selbst die Stimme eines Freundes in diesem Augenblicke verhaßt gewesen; er glaubte aber, Akte wolle absichtlich sein Gespräch mit Lygia unterbrechen.

Das Haupt erhebend, und über Lygias Schulter nach der jungen Freigelassenen sehend, sagte er daher spöttisch: »Die Zeit ist vorüber, Akte, wo du bei Gelagen deinen Platz neben dem Caesar hattest, und man sagt, dir drohe die Gefahr, blind zu werden; wie kannst du ihn daher sehen?«

Doch sie antwortete beinahe traurig: »Dennoch sehe ich ihn ... Auch er ist kurzsichtig und betrachtet euch durch einen Smaragd.«

Alles, was Nero tat, erregte selbst bei seiner unmittelbaren Umgebung Argwohn; Vinicius konnte sich daher fassen und wieder zu sich kommen und begann in unauffälliger Weise nach dem Caesar hinzusehen. Auch Lygia, die diesen zu Beginn des Mahles in ihrer Verwirrung nur wie durch einen Nebel erblickt, und später, durch Vinicius' Anwesenheit und die Unterhaltung abgelenkt, sich überhaupt nicht nach ihm umgesehen hatte, richtete jetzt zugleich neugierig und erschrocken ihre Blicke auf ihn.

Akte hatte die Wahrheit gesprochen. Der Caesar hatte sich über den Tisch gebeugt, ein Auge geschlossen und hielt mit der Hand vor das andere einen runden, geschliffenen Smaragd, dessen er sich stets bediente, um jemand zu beobachten.[83] Einen Augenblick begegnete sein Blick dem Lygia, und das Herz des Mädchens zog sich vor Entsetzen zusammen. Als sie, noch ein Kind, auf Aulus' sizilischem Landgute lebte, erzählte ihr eine alte ägyptische Sklavin von Drachen, die in Berghöhlen hausen, und jetzt war es ihr, als ob sich plötzlich das grünliche Auge eines solchen Drachens auf sie hefte. Wie ein Kind, das sich fürchtet, ergriff sie Vinicius' Hand mit der ihrigen, und durch ihren Kopf begannen sich Gedanken ohne Zusammenhang in rasender Flucht zu jagen. War das nicht er, der Schreckliche, der Allmächtige? Sie hatte ihn bis dahin nie gesehen und glaubte, er sehe anders aus. Sie hatte sich ein gräßliches Gesicht mit versteinerter Bosheit in den Zügen vorgestellt, und sah nun einen großen Kopf, der auf einem dicken Halse saß und zwar einen furchterregenden, aber dabei fast lächerlichen Eindruck machte, denn er hatte von fern Ähnlichkeit mit dem Kopfe eines Kindes. Eine Tunika mit amethystfarbenem Saum, die zu tragen gewöhnlichen Sterblichen verboten war, warf einen bläulichen Schimmer auf sein breites, kurzes Gesicht. Er hatte dunkle Haare, die nach einer von Otho eingeführten Mode in vier Locken nebeneinander angeordnet waren. Einen Bart trug er nicht, da er ihn vor kurzem dem Jupiter zum Opfer gebracht hatte, wofür ihm ganz Rom seinen Dank aussprach – obschon man sich im stillen zuflüsterte, er habe es deswegen getan, weil er, wie bei allen Angehörigen seiner Familie ins Rote hinüberspielte. Auf seiner über den Brauen stark hervortretenden Stirn lag jedoch etwas Olympierhaftes. Auf den zusammengezogenen Brauen konnte man deutlich das Bewußtsein seiner Allmacht lesen, doch unter dieser an einen Halbgott erinnernden Stirn sah das Gesicht eines Affen, Trunkenboldes und Kannibalen hervor, ausdruckslos, voll wechselnder Begierden, trotz seiner Jugend von Fett strotzend und doch krankhaft und häßlich. Lygia erschien es unheilverkündend, vor allem aber ekelhaft.[84]

Nach einer Weile legte er den Smaragd weg und betrachtete das Mädchen nicht länger. Jetzt erblickte sie seine vorspringenden blauen Augen, im grellen Lichte blinzelnd, glasig, geistlos, den Augen Verstorbener gleichend.

Er wandte sich an Petronius und sagte: »Ist das jene Geisel, in die sich Vinicius verliebt hat?«

»Jawohl,« antwortete Petronius.

»Wie heißt ihr Volk?«

»Lygier.«

»Vinicius hält sie für schön?«

»Bekleide einen morschen Olivenbaum mit dem Peplos einer Frau, und Vinicius wird ihn für schön erklären. Aber in deinem Antlitze, o unvergleichlicher Richter, habe ich schon das Urteil über sie gelesen. Du brauchst es nicht erst auszusprechen. So ist es. Zu dürr und zu mager! In Wahrheit ein Mohnkopf auf dünnem Stengel; aber du, o göttlicher Schönheitsfreund, schätzest am Weibe den Stengel, und hundertmal, tausendmal hast du recht! Das Gesicht allein hat keinen Wert. Ich habe viel von dir gelernt, aber eines so sicheren Blickes sind meine Augen noch nicht fähig ... Aber ich bin bereit, mit Tullius Senecio um seine Geliebte zu wetten, daß, obgleich es bei einem Gastmahle, wo alle liegen, schwierig ist, über die ganze Gestalt zu urteilen, du dir schon selbst gesagt hast: Zu eng in den Hüften!«

»Zu eng in den Hüften,« erwiderte Nero, mit den Augen blinzelnd.

Ein kaum merkliches Lächeln huschte um Petronius' Mund; Tullius Senecio aber, der sich bis dahin mit Vestinius unterhalten, oder besser gesagt, die Träume verspottet hatte, an welche dieser glaubte, wandte sich an Petronius und sagte, obgleich er nicht die geringste Ahnung hatte, worum es sich handelte: »Du irrst dich – ich stimme dem Caesar zu.«

»Sehr gut,« fiel Petronius ein. »Ich behauptete eben, du besäßest einen Funken Verstand, der Caesar aber bleibt dabei, du seiest ein ausgemachter Esel!«

[85] »Habet,« sagte Nero lachend und den Daumen nach unten kehrend, wie es im Zirkus geschah zum Zeichen, daß ein Gladiator verwundet worden war und nun den Todesstoß erhalten sollte.

Vestinus aber, welcher glaubte, das Gespräch drehe sich um die Träume, rief: »Und ich glaube doch an Träume, und Seneca sagte mir einmal, daß auch er daran glaube.«

»Letzte Nacht träumte mir, ich sei Vestalin geworden,« sagte Calvia Crispinella, indem sie sich über die Tafel beugte.

Hierauf begann der Caesar in die Hände zu klatschen, die anderen folgten seinem Beispiele und eine Zeitlang ertönte ringsherum Händeklatschen, denn Crispinella, die verschiedene Male geschieden war, war wegen ihrer unglaublichen Zügellosigkeit in ganz Rom berüchtigt.

Sie ließ sich aber nicht aus der Fassung bringen, sondern sagte: »Was wollt ihr denn? Sie sind alle alt und häßlich. Nur Rubria sieht einem Menschen ähnlich, und so würden wir zwei sein, obgleich auch Rubria Sommersprossen hat.«

»Gestehe nur, keusche Calvia,« sagte Petronius, »daß du nur im Traume eine Vestalin hättest sein wollen.«

»Und wenn der Caesar es beföhle?«

»Dann würde ich glauben, daß selbst die wunderbarsten Träume in Erfüllung gehen könnten.«

»Und sie gehen in Erfüllung,« sagte Vestinus. »Ich verstehe die Leute, welche nicht an die Götter glauben; wie aber kann man nicht an Träume glauben?«

»Und Prophezeiungen?« fragte Nero. »Man prophezeite mir einst, Rom werde untergehen und ich den ganzen Orient beherrschen.«

»Prophezeiungen und Träume sind zusammengehörige Dinge,« erwiderte Vestinus. »Einst sandte ein Prokonsul, ein großer Ungläubiger, einen Sklaven in den Tempel des Mopsus mit einem versiegelten Briefe, den er niemandem zeigen durfte, um zu sehen, ob der Gott die in dem Briefe[86] enthaltene Frage beantworten könne. Der Sklave schlief eine Nacht im Tempel, um einen wahrsagenden Traum zu haben; dann kehrte er zurück und erzählte folgendes: Es erschien mir im Traume ein Jüngling, strahlend wie die Sonne, der nur das eine Wort zu mir sprach: Den schwarzen. Als der Prokonsul dieses hörte, erblaßte er, wandte sich zu seinen Gästen, die gleich ihm ungläubig waren, und sagte: Wißt ihr, was in dem Briefe stand?«

Hier schwieg Vestinus, hob den weingefüllten Becher zum Munde und begann zu trinken.

»Was stand in dem Briefe?« fragte Senecio.

»In dem Briefe stand die Frage: Welchen Stier soll ich opfern, den weißen oder den schwarzen?«

Aber die Aufmerksamkeit, welche diese Erzählung erweckt hatte, wurde durch Vitellius abgelenkt, der schon berauscht zum Gelage gekommen war und nun plötzlich ohne jede Veranlassung in ein sinnloses Gelächter ausbrach.

»Worüber lacht denn das Talgfaß?« fragte Nero.

»Das Lachen unterscheidet den Menschen vom Tiere,« antwortete Petronius, »und er hat kein anderes Mittel, um zu beweisen, daß er nicht ein wildes Schwein ist.«

Vitellius brach mitten im Gelächter ab, leckte seine von Saucen und Fett glänzenden Lippen ab und begann die neben ihm Sitzenden mit solcher Verwunderung anzustarren, als habe er sie nie in seinem Leben gesehen.

Dann erhob er seine einem Polster gleichende Hand und sagte mit heiserer Stimme: »Der Ritterring ist mir vom Finger gefallen, den ich von meinem Vater geerbt habe.«

»Der ein Schuster war,« ergänzte Nero.

Aber Vitellius brach von neuem in unsinniges Gelächter aus und begann den Ring in Calvia Crispinellas Peplos zu suchen.

Dabei ahmte Vatinius das Geschrei eines erschreckten Weibes nach. Nigidia aber, Calvias Freundin, eine junge Witwe mit dem Gesichte eines Kindes und den Augen einer[87] Buhlerin, sagte laut: »Er sucht etwas, was er nicht verloren hat.«

»Und was ihm nichts nutzen würde, wenn er es auch fände,« setzte der Dichter Lucanus hinzu.

Das Mahl wurde belebter. Scharen von Sklaven trugen immer neue Gerichte auf; aus großen mit Schnee gefüllten und mit Efeu bekränzten Gefäßen wurden fortwährend kleinere Mischkrüge mit verschiedenen Weinsorten herausgenommen. Jedermann trank nach Belieben. Von Zeit zu Zeit fielen Rosen von der Decke auf die Tafel und die Gäste herab.

Petronius begann Nero zu bitten, das Fest mit seinem Gesange zu beehren, bevor die Gäste betrunken wären. Ein Chorus von Stimmen unterstützte seine Worte, aber Nero fing an Einwände zu machen. Es handle sich dabei nicht allein um den Mut, obgleich er diesen jedesmal verliere ... Die Götter wüßten, was ihm jeder Versuch koste ... Zwar scheue er davor nicht zurück, denn man müsse etwas für die Kunst tun, und da ihm überdies Apollo einigermaßen mit Stimme begabt habe, so sei es unrecht, göttliche Gaben unbenutzt zu lassen. Er betrachte dies sogar als eine Rücksicht, die er auf das Reich zu nehmen habe. Heute sei er aber wirklich heiser. In der Nacht habe er sich zwar Bleigewichte auf die Brust gelegt, aber dies habe nichts geholfen ... Er denke sogar daran, nach Antium zu gehen, um Seeluft zu atmen.

Lucanus fing jedoch an, ihn im Namen der Kunst und der Menschheit zu bitten. Jedermann wisse, der göttliche Dichter und Sänger habe eine neue Hymne auf Venus vollendet, gegenüber welcher die des Lucretius dem Heulen eines hungrigen Wolfes gleiche. Möchte doch dieses Fest in Wahrheit zum Feste werden. Ein so gütiger Herrscher dürfe seinen Untertanen keine solche Pein auferlegen: »Sei nicht grausam Caesar!«

»Sei nicht grausam!« wiederholten alle, die in seiner Nähe saßen.[88]

Nero streckte seine Hand aus zum Zeichen, daß er nachgeben müsse. Auf alle Gesichter trat nun ein Ausdruck der Dankbarkeit, und aller Augen richteten sich auf ihn. Doch zuvor ließ er noch Poppaea mitteilen, daß er singen wolle, und erklärte, sie sei nicht zum Feste gekommen, weil sie sich nicht wohl fühle; da ihr jedoch keine Arznei so gute Dienste leiste wie sein Gesang, so würde es ihm leid tun, wenn sie diese Gelegenheit nicht benutzen könnte.

In der Tat erschien Poppaea bald. Sie hatte bis jetzt Nero wie einen Untertanen beherrscht, wußte aber, daß, wo seine Eitelkeit als Sänger, Wagenlenker oder Dichter ins Spiel komme, es gefährlich sei, diese zu verletzen. Sie erschien daher, schön wie eine Göttin, gleich Nero in ein Gewand mit amethystfarbenem Saum gehüllt, und mit einer Halskette aus riesigen Perlen, die einst von Masinissa erbeutet worden waren, mit goldglänzendem Haar, voller Anmut und, obgleich schon von zwei Männern geschieden, mit dem Gesicht und der Haltung einer Jungfrau.

Sie wurde mit lauten Zurufen und der Bezeichnung: »göttliche Augusta« begrüßt. Lygia hatte noch nie in ihrem Leben eine ähnliche Schönheit erblickt und wollte ihren eigenen Augen nicht trauen, denn sie wußte, daß Poppaea Sabina eins der nichtswürdigsten Weiber auf der Welt war. Sie wußte von Pomponia, daß sie den Caesar zur Ermordung seiner Mutter und seiner Gemahlin angestiftet hatte, sie kannte sie aus den Gesprächen der Gäste und Diener im Aulusschen Hause; sie hatte gehört, daß nachts ihre Statuen in der Stadt umgestürzt worden seien; sie hatte von Epigrammen gehört, deren Verfasser mit den schwersten Strafen belegt wurden und die dennoch jeden Morgen wieder an den Mauern der Stadt erschienen. Doch jetzt, beim Anblick dieser berüchtigten Poppaea, die bei den Anhängern Christi als die Verkörperung des Bösen und des Lasters betrachtet wurde, war es ihr, als ob so nur Engel oder himmlische Geister aussehen könnten. Sie vermochte geradezu ihre Augen nicht[89] von ihr zu wenden, und unwillkürlich entschlüpfte ihren Lippen die Frage: »Ach, Marcus, ist das möglich?«

Er jedoch, vom Weine erregt und beinahe zornig, daß so viele Dinge ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen und sie von ihm und seiner Unterhaltung ablenkten, sagte: »Jawohl, sie ist schön, aber du bist tausendmal schöner. Du kennst dich selbst nicht, sonst würdest du dich in dich selbst verlieben wie Narcissus ... Sie badet sich in Eselsmilch, aber dich hat Venus in ihrer eigenen gebadet. Du kennst dich nicht, ocelle mi ... Schau nicht auf sie; richte deine Augen auf mich, ocelle mi! Berühre mit deinen Lippen diesen Becher Wein, und dann will ich die meinigen an dieselbe Stelle legen ...«

Er näherte sich ihr immer mehr, doch sie begann von ihm weg nach der Seite zu rücken, wo Akte saß. Aber jetzt wurde Schweigen geboten, denn der Caesar hatte sich erhoben. Der Sänger Diodoros hatte ihm eine Laute von der Art überreicht, die man Delta nannte, Terpnos, der ihn beim Spiele zu begleiten hatte, näherte sich mit einem Instrument, das Stablium hieß. Nero stützte die Delta auf die Tafel und erhob die Augen; eine Zeitlang herrschte im Triclinium tiefes Schweigen, das nur von dem Geräusch unterbrochen wurde, welches die von der Decke herabfallenden Rosen fortwährend verursachten.

Dann begann er seine Hymne auf Venus zu singen oder besser gesagt, in singendem, rhythmischem Tonfall zu den Klängen der beiden Lauten zu deklamieren. Weder die Stimme, obgleich etwas angegriffen, noch die Verse waren schlecht, so daß die arme Lygia von neuem Gewissensbisse bekam, denn obgleich die Hymne die heidnische unkeusche Venus verherrlichte, kam sie ihr nur allzu schön vor, und der Caesar selbst erschien ihr mit seinem Lorbeerkranze auf dem Haupte und seinen emporgeschlagenen Augen edler, viel weniger furchtbar und weniger abstoßend als beim Beginn des Mahles.[90]

Die Gäste beantworteten den Gesang mit stürmischem Beifall. Die Ausrufe: »O himmlische Stimme« wurden ringsumher laut; einige Frauen erhoben die Hände zum Himmel und verharrten zum Zeichen des Entzückens in dieser Stellung, selbst als der Gesang schon zu Ende war; andere trockneten sich die Augen von Tränen; im ganzen Saale summte es wie in einem Bienenstocke. Poppaea beugte sich mit ihrem goldschimmernden Haupte herab, zog Neros Hand an die Lippen und hielt sie lange wortlos fest. Der junge Pythagoras aber, ein Grieche von wunderbarer Schönheit, derselbe, mit dem sich später der schon halbwahnsinnige Nero unter Beobachtung aller Zeremonien durch die Flamines vermählen lassen wollte, kniete jetzt zu seinen Füßen nieder.

Doch Nero blickte gespannt auf Petronius, auf dessen Lob es ihm stets vor allem ankam; dieser aber sagte: »Was die Musik betrifft, so muß Orpheus in diesem Augenblicke so gelb vor Neid sein, wie Lucanus hier neben dir; und was die Verse anlangt, so bedauere ich, daß sie nicht schlechter sind; denn dann wäre ich vielleicht imstande, Worte zu finden, mit denen ich sie gebührend loben könnte.«

Lucanus aber nahm ihm die Anspielung auf seinen Neid nicht übel; er wußte ihm im Gegenteil eher Dank und begann, indem er schlechte Laune heuchelte, zu murmeln: »Verfluchtes Schicksal, das du mich dazu verurteilt hast, zu derselben Zeit wie ein solcher Dichter zu leben. Ich würde sonst einen Platz im Andenken der Menschen und auf dem Parnaß haben und muß jetzt verbleichen wie Lampenlicht vor der Sonne.«

Petronius, der ein erstaunliches Gedächtnis besaß, begann nun Stellen aus der Hymne zu wiederholen, einzelne Verse zu zitieren, die schönsten Gedanken zu rühmen und zu zergliedern. Lucanus, der angesichts der Schönheit der Dichtung seinen Neid vergessen zu haben schien, setzte Petronius' Lobsprüche begeistert fort. Auf Neros Gesicht spiegelte sich Befriedigung und maßlose Eitelkeit, die nicht nur an Narrheit[91] grenzte, sondern ihr vollständig glich. Er selbst wiederholte ihnen die Verse, die er für die schönsten hielt, und begann endlich Lucanus zu trösten und ihm zu sagen, er möge nur den Mut nicht verlieren, denn wie man das bleibe, was man von Geburt aus sei, so schließe die Ehrfurcht, welche die Menschen dem Jupiter erweisen, nicht die Ehrfurcht vor den anderen Göttern aus.

Darauf erhob er sich, um Poppaea zu begleiten, die wirklich unwohl war und sich zurückzuziehen wünschte. Aber er hieß die Gäste, welche sich erhoben hatten, wieder Platz nehmen und versprach, zurückzukehren. Wirklich kehrte er nach einiger Zeit zurück, um sich von neuem an dem Weihrauchdufte zu berauschen und den weiteren Schaustellungen beizuwohnen, die er selbst, Petronius oder Tigellinus für das Fest angeordnet hatten.

Von neuem wurden Verse zitiert oder Dialoge zum Vortrag gebracht, in denen Schwulst die Stelle des Geistes vertrat. Nachher stellte Paris, der berühmte Mime, die Abenteuer der Jo, der Tochter des Inachos, dar. Die Gäste, und namentlich Lygia, denen solche Schauspiele neu waren, glaubten Wunder und Zauberkünste zu sehen. Paris vermochte lediglich durch Bewegungen der Hände und des Körpers Dinge auszudrücken, die sich anscheinend im Tanze nicht darstellen ließen. Seine Hände fuhren in der Luft umher und schufen aus ihr eine Wolke, die, strahlend, lebend, zitternd, liebeheischend die halb ohnmächtige, wonnebebende Gestalt einer Jungfrau umfloß. Es war ein Gemälde, nicht ein Tanz, ein glänzendes Gemälde, das die Geheimnisse der Liebe entschleierte, bezaubernd und schamlos, und als nun nach dem Schlusse des Schauspiels Korybanten hereinrasten und mit syrischen Mädchen zum Klange von Lauten, Flöten, Zimbeln und Tambourins einen bakchantischen Tanz begannen, der von wildem Geschrei und noch wilderer Ausgelassenheit begleitet war, da war es Lygia, als glühe in ihren Adern lebendes Feuer, als müsse der Blitz auf dieses Haus[92] herabflammen oder die Decke über den Häuptern der Schmausenden zusammenbrechen.

Aber aus dem goldenen Netze, das an der Decke befestigt war, fielen nur Rosen herab, und der schon halbberauschte Vinicius sagte zu ihr: »Ich sah dich im Hause des Aulus am Springbrunnen und gewann dich lieb. Es war in der Morgendämmerung; du glaubtest unbemerkt zu sein, aber ich sah dich. Ich sehe dich so auch jetzt noch, obgleich der Peplos dich mir verbirgt. Wirf den Peplos ab wie Crispinella. Sieh, Götter und Menschen verlangen nach Liebe. Es gibt außer ihr nichts auf der Welt. Lehne dein Haupt an meine Brust und schließe die Augen.«

Lygias Pulse an Schläfen und Händen schlugen zum Zerspringen. Sie hatte den Eindruck, als ob sie in einen Abgrund stürze und Marcus, der ihr anfangs so hilfsbereit und vertrauenerweckend erschienen war, anstatt sie zu retten, sie in diesen hineinziehe. Ein brennender Schmerz durchzuckte sie. Die Furcht vor diesem Feste, vor Vinicius und vor sich selbst bemächtigte sich ihrer von neuem. In ihrer Seele erklang eine Stimme, ähnlich der Pomponias, die ihr zurief: Lygia, rette dich! Aber etwas sagte ihr auch, daß es schon zu spät sei, daß, wen eine solche Glut ergriffen, wer dem allen, was sich bei diesem Gastmahle ereignete, zugesehen, wessen Herz so geschlagen habe wie das ihrige, als sie Vinicius' Worte vernahm, und wen ein solcher kalter Schauder ergriffen habe wie sie, als er sich ihr näherte, daß der rettungslos verloren sei. Eine Schwäche überkam sie. Zuweilen war es ihr, als sollte sie in Ohnmacht fallen, und dann würde sich etwas Schreckliches ereignen. Sie sah, daß es aus Furcht vor des Caesars Zorn niemand wagte, aufzustehen, ehe sich dieser selbst erhob; wenn dies aber auch nicht der Fall gewesen wäre, so hätte sie nicht mehr die Kraft dazu gehabt.

Das Gelage war noch lange nicht zu Ende. Sklaven trugen noch neue Schüsseln auf und füllten unaufhörlich die[93] Becher mit Wein und vor der in Hufeisenform aufgestellten Tafel traten zwei Athleten auf, um den Gästen das Schauspiel eines Ringkampfes zu geben.

Bald begannen sie zu ringen. Die kraftvollen von Öl glänzenden Körper bildeten eine einzige Masse, ihre Knochen krachten in den stahlharten Armen, aus den zusammengepreßten Kinnladen erklang das Knirschen der Zähne. Bisweilen hörte man nur das rasche, dumpfe Stampfen ihrer Tritte auf dem mit Safran bestreuten Fußboden; bald standen sie wieder bewegungslos, still da, so daß die Zuschauer eine aus Stein gehauene Gruppe vor sich zu haben glaubten. Die Augen der Römer folgten voller Entzücken dem Spiel der auf das äußerste angespannten Muskeln des Rückens, der Beine und der Arme. Aber der Kampf dauerte nicht allzulange. Denn Kroton, ein Meister und Leiter einer Gladiatorenschule, galt nicht umsonst für einen der stärksten Männer des Reiches. Sein Gegner begann immer schwerer zu atmen, dann zu röcheln; sein Gesicht färbte sich blau, schließlich drang Blut aus seinem Munde, und er stürzte zu Boden.

Stürmischer Beifall folgte auf die Beendigung des Kampfes. Kroton setzte einen Fuß auf die Schultern des Gegners, kreuzte die riesigen Arme über der Brust und blickte sich triumphierend im Saale um.

Nun erschienen Männer, welche Tiere und deren Stimmen nachahmten, Jongleure und Possenreißer; aber nur wenige blickten nach ihnen, denn der Wein hatte die Augen der Zuschauer schon umnebelt. Das Gastmahl verwandelte sich allmählich in eine wüste Säuferorgie. Die syrischen Mädchen, welche vorher die bakchantischen Tänze aufgeführt hatten, mischten sich jetzt unter die Gäste. Die Musik ging in ein regelloses wildes Getöse von Zithern, Lauten, armenischen Zimbeln, ägyptischen Sistren, Trompeten und Hörnern über. Als aber einige der Gäste zu reden wünschten, begann man den Musikern zuzurufen, sie möchten sich rasch entfernen.[94] Die Luft, überladen mit dem Dufte der Blumen und der wohlriechenden Öle, mit denen schöne Knaben die Füße der Gäste während des Mahles benetzten, angefüllt mit dem Safrangeruch und den Ausdünstungen der Menschen, wurde stickig und schwül; die Lampen brannten düsteren Scheines, die Kränze fielen von den Häuptern herunter, die Gesichter wurden blaß und bedeckten sich mit Schweißtropfen.

Vitellius fiel unter den Tisch. Nigidia entblößte sich bis zum Gürtel und lehnte ihr betrunkenes Kinderköpfchen an Lucanus' Brust, und dieser, ebenfalls berauscht, begann den Goldstaub aus ihrem Haar wegzublasen und ließ seine Augen mit namenlosem Entzücken auf ihrer Brust ruhen. Vestinus wiederholte mit der Beharrlichkeit eines Betrunkenen zum zehntenmal die Antwort des Mopsus auf den versiegelten Brief des Prokonsuls. Tullius aber, welcher die Götter verachtete, sagte mit gedehnter, von Schlucken unterbrochener Stimme: »Wenn der Sphairos des Xenophanes rund ist, siehst du, so kann man ja einen solchen Gott mit dem Fuße vor sich herstoßen wie ein Faß.«

Aber Domitius Afer, ein alter Sünder, der sich auch mit Angebereien befaßte, entrüstete sich über eine solche Rede und beschüttete sich aus Empörung darüber die ganze Tunika mit Falerner. Er habe stets an die Götter geglaubt. Man sage, Rom werde untergehen, ja es gebe sogar solche, welche behaupteten, es sei schon im Untergehen begriffen. Und gewiß ... Aber wenn es geschehen sollte, so geschehe es nur deswegen, weil die Jugend keinen Glauben mehr besitze, und ohne Glaube könne es auch keine Tugend geben. Man habe auch die alten rauhen Sitten verlassen, und niemandem käme es in den Sinn, daß Epikureer den Barbaren keinen Widerstand leisten wurden. Aber es sei alles vergeblich. Was ihn betreffe, so bedauere er, daß er in einer solchen Zeit lebe; er müsse seine Zuflucht zu Vergnügungen nehmen, um den Kummer zu verscheuchen, der ihn sonst bald dahinraffen werde.[95]

Bei diesen Worten zog er eine syrische Tänzerin zu sich heran und begann ihr Hals und Schultern mit seinem zahnlosen Munde zu küssen. Als der Konsul Memmius Regulus dies sah, lachte er, warf seinen kahlen, mit einem schief sitzenden Kranze geschmückten Kopf empor und rief: »Wer sagt, daß Rom untergehe? Dummheit! Ich als Konsul weiß es am besten. Videant consules! Dreißig Legionen schirmen unsere pax Romana! ...«

Hier legte er die Fäuste an die Schläfen und begann aus vollem Halse zu brüllen: »Dreißig Legionen! ... dreißig Legionen ... von Britannien bis zur parthischen Grenze!«

Aber plötzlich hielt er inne, legte den Finger an die Stirn und rief: »Bei allen Göttern, es sind sogar zweiunddreißig.«

Er fiel unter den Tisch, wo er nach einiger Zeit begann, Flamingozungen, gebratene Pilze, gefrorene Schwämme, Heuschrecken in Honig, Fische, Fleisch und alles, was er gegessen und getrunken hatte, von sich zu geben.

Doch Domitius ließ sich durch die Zahl der Legionen, welche den römischen Frieden beschirmten, nicht beschwichtigen. »Nein, nein! Rom muß untergehen, denn der Glaube an die Götter und die alten Sitten sind geschwunden. Rom muß untergehen, und das ist schade! Denn das Leben ist doch schön, der Caesar gnädig und der Wein gut. Ach, es ist zu schade!«

Er stützte seinen Kopf auf die Schulter der syrischen Bakchantin und brach in Tränen aus.

»Was ist doch das zukünftige Leben! Achilleus hatte recht, daß es besser ist, ein Sklave auf der Welt unter der Sonne zu sein, als ein König auf den kimmerischen Gefilden. Und doch ist es die Frage, ob es wirklich Götter gibt, obschon der Unglaube die Jugend verdirbt.«

Lucanus hatte unterdessen allen Goldpuder aus den Haaren Nigidias geblasen, die in ihrer Betrunkenheit eingeschlafen war. Nun nahm er Efeuzweige aus der vor ihm stehenden[96] Vase, bekränzte die Schlafende damit und begann, nachdem er mit dieser Beschäftigung zu Ende war, die Anwesenden mit seligen und fragenden Blicken anzusehen.

Dann bekränzte er auch sich selbst mit Efeu, indem er im Tone der tiefsten Überzeugung hinzufügte: »Ich bin überhaupt kein Mensch, ich bin nur ein Faun.«

Petronius war nicht betrunken, Nero dagegen, der anfangs aus Rücksicht auf seine »himmlische« Stimme wenig getrunken hatte, hatte gegen das Ende zu Becher auf Becher geleert und sich berauscht. Er wollte sogar weitere Verse von sich singen, diesmal griechische, aber er vergaß sie und sang aus Irrtum eine Ode Anakreons. Pythagoras, Diodoros und Terpnos begleiteten ihn dazu; da er aber immer aus dem Takte kam, hörten sie bald auf. Nero begann als Kenner und Schönheitsfreund Pythagoras' Anmut begeistert zu preisen und ihm vor Entzücken die Hände zu küssen. So schöne Hände hatte er nur einmal gesehen; wem gehörten sie doch gleich?

Er legte die Hand an seine feuchte Stirn und sann nach. Nach einer Weile nahm sein Gesicht einen angstvollen Ausdruck an: »Ah, bei meiner Mutter, bei Agrippina!«

Plötzlich traten düstere Bilder vor seinen Geist.

»Man sagt,« sprach er, »sie wandle nachts bei Mondschein auf dem Meere bei Bajae und Bauli umher ... Sie wandelt bloß, wandelt bloß, als ob sie etwas suche. Und wenn sie einem Boote begegnet, so sieht sie es an und geht vorüber, der Fischer aber, nach dem sie geblickt hat, stirbt.«

»Kein schlechtes Thema!« sagte Petronius.

Vestinus streckte seinen Hals aus wie ein Storch und flüsterte geheimnisvoll: »Ich glaube nicht an die Götter, wohl aber an Geister – o!«

Aber Nero achtete nicht auf ihre Worte, sondern fuhr fort: »Und doch habe ich die Totenfeier begangen. Ich will sie nicht sehen. Es sind jetzt schon fünf Jahre her. Ich mußte sie verurteilen, ich mußte es, denn sie hatte Mörder[97] nach mir geschickt, und wenn ich ihr nicht zuvor gekommen wäre, so hättet ihr heute meinen Gesang nicht hören können.«

»Wir sagen dir dafür unseren Dank, Caesar, im Namen der Stadt und der Welt,« rief Domitius Afer.

»Wein her! und laßt die Pauken schlagen!«

Der Lärm begann von neuem. Lucanus, ganz mit Efeu umwunden, versuchte ihn zu überbieten; er stand auf und rief: »Ich bin kein Mensch, sondern ein Faun und wohne in den Wäldern! E ... cho ... ooo!«

Schließlich betrank sich der Caesar, Männer und Frauen betranken sich. Vinicius war nicht weniger berauscht als die anderen, und außerdem erwachte in ihm neben der Lüsternheit die Händelsucht, die ihn jedesmal überkam, wenn er das Maß überschritt. Sein gebräuntes Gesicht wurde noch bleicher, und seine Zunge stotterte, als er in leisem, aber doch zugleich gebieterischem Tone sagte: »Reiche mir deine Lippen! Heute, morgen, alles gleich! Genug davon! Der Caesar hat dich von Aulus wegholen lassen, um dich mir zu schenken, verstehst du? Morgen schicke ich nach dir, verstehst du! ... Der Caesar versprach dich mir, ehe er dich holen ließ ... Du mußt mein sein ... Reiche mir deine Lippen! ich will nicht bis morgen warten ... reiche mir rasch deine Lippen!«

Er wollte sie umarmen, aber Akte begann sie zu verteidigen, und auch Lygia selbst sträubte sich mit ihrer letzten Kraft, denn sie fühlte, daß sie sonst zu grunde gehen müßte. Vergebens versuchte sie aber mit beiden Händen seine haarlosen Arme zurückzustoßen; vergebens bat sie ihn mit einer Stimme, in welcher Schmerz und Schreck zitterten, er möge dies unterlassen und Mitleid mit ihr haben. Sein nach Wein riechender Atem kam ihr immer näher, und sein Gesicht berührte beinahe das ihre. Es war nicht mehr der alte, gütige und ihr beinahe teure Vinicius, sondern ein betrunkener, teuflischer Satyr, der sie mit Entsetzen und Ekel erfüllte.[98]

Aber ihre Kräfte verließen sie immer mehr. Vergebens bog sie sich zurück und wandte ihr Gesicht ab, um seinen Küssen zu entgehen. Er erhob sich, umfaßte sie mit beiden Armen, drückte ihren Kopf an seine Brust und versuchte keuchend seine Lippen auf ihren blassen Mund zu drücken.

In diesem Augenblicke jedoch riß eine furchtbare Kraft seine Arme mit solcher Leichtigkeit von ihrem Halse fort, als wären es die eines Kindes, und stieß ihn beiseite, wie einen trockenen Zweig oder ein welkes Blatt. Was ging vor? Vinicius rieb sich die umnebelten Augen und erblickte plötzlich neben sich die riesige Gestalt des Lygiers Ursus, den er in Aulus' Hause kennen gelernt hatte.

Der Lygier blieb ruhig stehen und sah Vinicius nur mit seinen blauen Augen so drohend an, daß dem jungen Manne das Blut in den Adern gerann, dann nahm er seine Königin auf den Arm und verließ gleichmäßigen, ruhigen Schrittes das Triclinium.

Akte folgte ihnen auf dem Fuße.

Vinicius blieb einen Augenblick wie versteinert sitzen, dann raffte er sich auf und begann nach dem Ausgange zu eilen, und zu rufen: »Lygia, Lygia!«

Doch Begierde, Verblüffung, Wut und Wein hinderten ihn am Gebrauche seiner Füße. Er stolperte ein und das andere Mal, dann faßte er den nackten Arm einer Bakchantin und fragte blinzelnden Auges: »Was ist denn los?«

Sie ergriff einen Becher Wein, reichte ihn ihm mit einem Lächeln in den umnebelten Augen und sagte: »Trinke!«

Vinicius trank und fiel zu Boden.

Die Mehrzahl der Gäste lag bereits unter dem Tische; andere schritten schwankenden Fußes durch das Triclinium, andere schliefen auf Polsterbänken schnarchend oder im Schlafe das Übermaß des Weines von sich gebend, und auf die betrunkenen Konsuln und Senatoren, auf die betrunkenen Ritter, Dichter, Philosophen, auf die betrunkenen Tänzerinnen und Patrizierinnen, auf diese ganze Welt, die noch alles[99] beherrschte, die jetzt leblos, bekränzt und mit aufgelösten Kleidern dalag und für den Untergang reif war, fielen aus dem an der Decke befestigten goldenen Netze unaufhörlich Rosen um Rosen.

Draußen aber begann es hell zu werden.

Quelle:
Sienkiewicz, Henryk: Quo vadis? Zwei Bände, Leipzig [o.J.], Band 1, S. 66-100.
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Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

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Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

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