48. Warum sich in Sachsen der Teufel nicht sehen läßt.

[55] Mündlich aus Beesen bei Halle.


Ob in den uralten Zeiten der Teufel auch in Sachsen umgegangen ist, das weiß man jetzt nicht mehr; doch das ist gewiß, daß unter allen Menschen, die leben, Niemand in Sachsen den Teufel gesehen hat, weil er schon vor langer Zeit von hier nach Ungarn verwünscht worden ist. In Ungarn liegt ein großer, finstrer Wald, und wo er am Finstersten ist, da steht ein Schloß, dem kein Mensch nahen darf. Dort haust der Teufel mit vielen tausend seiner Genossen. In dem ganzen Walde regt sich nichts: es nisten dort keine Vögel, kein Wild[55] wird gejagt, es plätschern keine Bäche, und selbst der Wind weht nur ganz leise in den Wipfeln. Doch in der Nacht von elf bis zwölf spielen die Teufel auf dem Schlosse Karten mit großen eisernen Kartenblättern, und die werfen sie dann so heftig auf den steinernen Tisch, um den sie sitzen, daß man es ritsch ratsch! weit durch den Wald klingen hört.

Quelle:
Emil Sommer: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen 1. Halle 1846, S. 55-56.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen
Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen 1845: Mit Sagen aus Halle