67. Wartburg.

[77] Binhard Newe vollkommene thüringische Chronica 1,86 f.


Im Jahre 1062 erbaute Graf Ludwig von Thüringen Wartburg, und das kam so. Als er einst am Enselberge jagte, traf er ein Stück Wildes, dem ritt er nach bis an die Hörsel bei Eisenach und von da auf den Berg, wo jetzt Wartburg liegt, zu[77] warten wo das Wild aus dem Walde liefe. Da gefiel ihm die Gelegenheit des Berges also wohl, daß er eine Lust darauf zu bauen bekam, trachtete derwegen auf Mittel und Wege wie ers füglich anfinge und den Berg, welcher denen von Mittel- und Frankenstein zuständig, an sich brächte. Bald schickte er des Nachts aus und ließ Erde in Körben von seinem Lande auf den Berg tragen, doch heimlich, und ließ darnach eine Burgfriede machen und schlug die mit Gewalt auf. Da ward er von denen von Mittel- und Frankenstein bei dem Reich verklagt, daß er sich des Ihrigen mit Gewalt freventlich unterstünde. Als er nun darum zur Rede gesetzt ward, gab er zur Antwort, er hätte die Burg auf das Seine gebaut und wollte das mit Urtel und Recht seines Verhoffens wohl erhalten. Darauf denn zu Recht erkannt ward, wenn er mit zwölf redlichen Männern aus der Ritterschaft beweisen könnte oder selbst einen leiblichen Eid schwören wollte daß das Land, darauf er gebaut, sein wäre, sollte ers behalten. Da erkor er bald zwölf Ritter (welche ihm zuvor die Erde zu tragen behülflich gewesen waren), trat mit ihnen auf den Berg, und sie steckten ihre Schwerter in die Erde, die er hatte darauf schütten lassen, und schwuren daß ihr Herr, Graf Ludwig, da auf dem Seinen stünde und vor Alters der Boden zum Lande Thüringen gehört habe. Damit behielt er den Berg und fing also an das Schloß zu bauen.

Quelle:
Emil Sommer: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen 1. Halle 1846, S. 77-78.
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