Sechster Auftritt.

[32] Blonde, Pedrillo.


PEDRILLO. Bst, Bst! Blondchen! Ist der Weg rein?

BLONDE. Komm nur, komm! Der Bassa ist wieder zurück. Und meinem Alten habe ich eben den Kopf ein bischen gewaschen. Was hast du denn?

PEDRILLO. O Neuigkeiten, Neuigkeiten, die dich entzücken werden.

BLONDE. Nun? hurtig heraus damit!

PEDRILLO. Erst, liebes Herzensblondchen, laß dir vor allen Dingen einen recht herzlichen Kuß geben: du weißt ja, wie gestohlnes Gut schmeckt.[32]

BLONDE. Pfuy, pfuy! Wenn das deine Neuigkeiten alle sind –

PEDRILLO. Närrchen, mach darum keinen Lärm: der alte spitzbübische Osmin lauert uns sicher auf den Dienst.

BLONDE. Nun? und die Neuigkeiten? –

PEDRILLO. Sind, daß das Ende unsrer Sklaverey vor der Thüre ist. – Er sieht sich sorgfältig um. Belmonte, Konstanzens Geliebter, ist angekommen; und ich hab' ihn unter dem Namen eines Baumeisters hier im Palast eingeführt.

BLONDE. Ah was sagst du? Belmonte da?

PEDRILLO. Mit Leib und Seele!

BLONDE. Ha! das muß Konstanze wissen! Will fort.

PEDRILLO. Hör' nur, Blondchen, hör' nur erst: Er hat ein Schif hier in der Nähe in Bereitschaft, und wir haben beschlossen, euch diese Nacht zu entführen.

BLONDE. O allerliebst, allerliebst! Herzens-Pedrillo! das verdient einen Kuß. Geschwind, geschwind zu Konstanzen! Will fort.

PEDRILLO. Halt nur, halt, und laß erst mit dir reden. Um Mitternacht kommt Belmonte mit einer Leiter zu Konstanzens Fenster, und ich zu dem deinigen; und dann gehts heidi davon!

BLONDE. O vortreflich! Aber Osmin?

PEDRILLO. Hier ist ein Schlaftrunk für den alten Schlaukopf, den misch ihm fein manierlich ins Getränke; verstehst du? Ich habe dort auch[33] schon ein Fläschchen angefüllt. Geht's hier nicht, wird's dort wohl gehen.

BLONDE. Sorg' nicht für mich! – Aber kann Konstanze ihren Geliebten nicht sprechen?

PEDRILLO. Sobald es vollends finster ist, kommt er hier in Garten. Nun geh' und bereite Konstanzen vor; ich will hier Belmonten erwarten. Leb wohl, Herzchen; leb wohl!

BLONDE. Leb wohl, guter Pedrillo! Ach, was werd ich für Freude anrichten!


Welche Wonne, welche Lust

Herrscht nunmehr in meiner Brust!

Ohne Aufschub will ich springen

Und ihr gleich die Nachricht bringen;

Und mit Lachen und mit Scherzen

Ihrem schwachen, feigen Herzen

Freud and Jubel prophezeihn.


Geht fort.


Quelle:
Wolfgang Amadeus Mozart: Die Entführung aus dem Serail. Wien 1782, S. 32-34.
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