Sechster Auftritt.

[270] Clärchen und Albert


ALBERT mit unordentlichen Haaren. Ha! wo ist die Ungetrene?

CLÄRCHEN. Herr Albert seyn Sie vernünftig. Wir haben nicht lange Zeit, nutzen Sie also die wenigen[270] Augenblicke, wo nicht, so ist Ihnen alsdenn nicht mehr zu helfen. Haben Sie meinen Brief ganz gelesen?

ALBERT. Nein, ich habe schon an der ersten Zeile genug. Die Ungetreue verbindet sich heute oder morgen – – – was soll ich weiter lesen?

CLÄRCHEN. Haben Sie den Brief bey sich?

ALBERT. Hier hab' ich das unglückselige Papier. Er will es zerreißen.

CLÄRCHEN nimmt es ihm weg. Geben Sie her. Liest. »Ich mache Ihnen zu wissen, daß Mamsell Constanze heut oder morgen unserm alten Narrenvater ihre Hand geben muß –

ALBERT. Muß! ha!

CLÄRCHEN. Still! »Wir sind untröstlich! Das einzige Mittel uns zu retten, ist: stellen Sie sich närrisch und lassen sich zu uns bringen. Wir können dann mit Ihnen sprechen und versuchen, ob uns vielleicht die Liebe ein Mittel an die Hand giebt, diese verhaßte Verbindung zu hintertreiben, und eine andre zu schließen, die Sie und Constanze wünschen.«

ALBERT reißt ihr das Billet aus der Hand. Was! Was! Was liest Du da? Er überliest still das Billet. O Du herrliches Mädchen! Fällt ihr um den Hals und küßt sie. Ich bin schon ein Narr.

CLÄRCHEN. Das seh' ich.

ALBERT. Und bleibe gleich hier.

CLÄRCHEN. Beyleibe! Das gäbe Verdacht. Fort, fort, und längstens in einer halben Stunde lassen Sie sich herbringen. Und, hören Sie, da Sie gut sin en können, so muß Ihre Narrheit im Singen bestehen.[271]

ALBERT. Gut, ich will also gar nichts reden, nur immer singen. Ab.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 270-272.
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