Achter Auftritt.

[273] Die Vorigen, Bast und Trübe


BAST Traurigkeit affektirend. Ach bester Freund! Was für Dornen unter den Rosen!

TRÜBE. Man muß alles zum Besten deuten. Ihr Bruder, lieber Herr Bast, hat seine Jahre, er kann also schon abfahren.

BAST zu Clärchen. Ist Constanze nicht mehr hier?

CLÄRCHEN. Nein, sie ist gleich nach Ihnen auf ihr Zimmer gegangen.

TRÜBE. Wir sind also umsonst hergekommen.

BAST. Wollen wir zu ihr hin?

TRÜBE. Ey, sie soll zu uns kommen. Sag's ihr Clärchen.

Clärchen ab.


BAST zu Nikolo. Und Du sieh nach den Narren.

NIKOLO. Das hab' ich schon gethan. Die Königinn Cleopatra wird wohl heute müssen gestrichen werden, sie giebt keine Ruh, und die Jungfer Lukrezia ist auch völlig ausgelassen. Ab.[273]

TRÜBE. Ha! ha! ha! Mir Eurer Cleopatra und Lukrezia! Ich freue mich ordentlich darauf, bey Ihnen zu wohnen Herr Bast. Das wird mein größtes Vergnügen seyn, die Narren alle Tage zu sehen – – –

BAST. Es ist auch ein wahrer Spaß. Aber Ihre Tochter will noch keine rechte Freude daran finden.

TRÜBE. Sie wird's schon lernen. Aber wieder auf unsre Angelegenheiten zu kommen – da Sie zu Ihrem Bruder müssen, so muß, denk' ich, die Verbindung doch schon verschoben werden.

BAST. Ey warum denn? Ich reise dann mit so ruhigerm Gemüthe.

TRÜBE. Da Sie aber gleich fort müssen, ist nicht einmal Zeit genug dazu.

BAST. Ach Herr Trübe, Sie erinnern mich wieder an meine traurige Lage. Noch nie haben sich zwey Brüder so geliebt als wir beyde. Wenn er stirbt, bin ich untröstlich.

TRÜBE. Aber wenn Sie ihn erben, so dächt' ich, könnten Sie sich ja doch trösten?

BAST. Ach! sein Vermögen ersetzt mir seinen Verlust nicht. Er hat's zu erwerben gewußt, er soll es also auch genießen.

TRÜBE Er wird es wohl seinem andern vermachen?

BAST. Das befürcht' ich nicht; wir haben uns zu sehr geliebt. Aber was hilft mir sein Vermögen, wenn ich ihn verliere.[274]

TRÜBE. Hierinn sind wir ganz verschiedner Meynung. Geld denk' ich ist ein Mittel für jedes Uebel.

Wenn ich Geld und Guth kann erben,

Laß ich Weib und Eltern sterben,

Geld ersetzt mir den Verlust.

BAST.

Einen Bruder zu verlieren,

Sollte das mein Herz nicht rühren!

Wie beklemmt ist meine Brust.

TRÜBE UND BAST.

Menschen denken nun verschieden,

Einer ist mit dem zufrieden,

Was dem andern Sorgen macht.

TRÜBE.

Reichthum, Freund, giebt Stoff zu Freuden.

BAST.

Dieser Reichthum macht mir Leiden.

TRÜBE.

Einmal müssen wir doch sterben,

Das ist schon so hergebracht.

BAST.

Meinen Bruder soll ich erben!

Hätt' ich mir das wohl gedacht!

TRÜBE.

Kann Sie das denn so betrüben,

Daß man Sie itzt mehr wird lieben?

Meine Tochter jung und schön

Wird Sie nun weit lieber sehn.[275]

BAST lächelnd.

Wär' das möglich?

TRÜBE.

Mehr als möglich.

Geld bedecket alle Mängel.

BAST.

O der allerliebste Engel!

Ihrentwegen nur allein

TRÜBE.

Soll mich diese Erbschaft freun.

Muß Sie diese Erbschaft freun.

BAST UND TRÜBE.

Dann will ich nur denken

Dann müssen Sie denken

Mit schönen Geschenken

Ihr Herze zu stehlen;

Es wird auch nicht fehlen,

Denn Geld giebt nur Werth.

BAST auf einmal wieder traurig.

Doch mein Bruder soll mir sterben,

Kann ich da wohl fröhlich seyn?

TRÜBE.

Denken Sie, daß Sie ihn erben,

Und daß Sie mein Eydam seyn.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 273-276.
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