Einundsechzigstes Kapitel.

[94] – Wir müssen nun bald daran denken, sagte mein Vater, indem er sich im Bett umwandte und sein Kopfkissen etwas näher zu dem meiner Mutter schob, – wir müssen nun bald daran denken, dem Jungen Hosen anzuziehen.

Das müssen wir, sagte meine Mutter. – Wir haben schon gar zu lange damit gewartet, fuhr mein Vater fort.

Allerdings, sagte meine Mutter.

Wenn nur der Junge, sagte mein Vater, in seinem Hemdchen und Röckchen nicht gar zu gut aussähe.

Er sieht sehr gut aus, erwiederte meine Mutter.

Darum wäre es eigentlich schade, sie ihm auszuziehen, fügte mein Vater hinzu.

Ja, es wäre schade, sagte meine Mutter. – Aber der Junge wird doch zu groß, fuhr mein Vater fort.

Er ist sehr groß für sein Alter, sagte meine Mutter, das ist wahr.

Ich begreife nicht, sagte mein Vater, von wem er das in aller Welt haben mag.

Ich kann es auch nicht begreifen, sagte meine Mutter.

Hm! – sagte mein Vater.

(Hier trat eine kleine Pause ein.)

Ich selber bin doch klein, fuhr mein Vater etwas ernst fort.[94]

Ja, sehr klein, sagte meine Mutter.

Hm! brummte mein Vater zum zweiten Male vor sich hin; dabei rückte er das Kopfkissen ein wenig weiter ab und drehte sich auf die andere Seite. Die Unterhaltung war drei und eine halbe Minute lang unterbrochen.

In den Hosen, rief mein Vater mit etwas lauterer Stimme, wird er abscheulich aussehen.

Er wird zuerst wunderlich genug darin aussehen, erwiederte meine Mutter.

Noch gut, wenn's weiter nichts ist, setzte mein Vater hinzu.

Noch gut, antwortete meine Mutter.

Nun, erwiederte mein Vater, und hielt ein wenig inne, – es wird bei ihm auch nicht anders sein als bei andern Kindern.

Gewiß, sagte meine Mutter.

Sollte mir aber leid thun, setzte mein Vater hinzu, und damit stockte das Gespräch wieder.

Es müssen lederne sein, sagte mein Vater und drehte sich wieder herum.

Die halten am längsten, sagte meine Mutter.

Aber die kann man nicht füttern, sagte mein Vater.

Das kann man nicht, sagte meine Mutter.

Darum sind plüschene besser, sagte mein Vater.

Ja plüschene sind die besten, sagte meine Mutter.

Camelotene ausgenommen, erwiederte mein Vater. – Die sind freilich noch besser, erwiederte meine Mutter.

Er darf sich aber auch nicht erkälten, unterbrach sie mein Vater.

Gewiß nicht, sagte meine Mutter, und damit wurde es wieder still.

Aber Taschen soll er nicht darin haben, sagte mein Vater und brach zum vierten Mal das Stillschweigen, – das will ich entschieden nicht.

Wozu auch? sagte meine Mutter.

Ich meine im Rock und in der Weste, rief mein Vater.

Natürlich, erwiederte meine Mutter.

Aber wenn er nun einen Kreisel oder einen Ring hat, das[95] ist die höchste Seligkeit für solche Kinder, und kann dann nichts einstecken?

Bestelle sie ganz, wie Du Lust hast, erwiederte meine Mutter.

Aber ist's nicht wahr? setzte mein Vater hinzu, der eine entschiedene Antwort verlangte.

Mache es, wie Du Lust hast, sagte meine Mutter.

Das ist, um aus der Haut zu fahren! rief mein Vater ärgerlich. Wie ich Lust habe? Handelt sich's darum? Wirst Du denn nie unterscheiden lernen zwischen dem, wozu man Lust hat, und was einmal sein muß.

Dies war Sonntag Nacht – und damit schließt dies Kapitel.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 94-96.
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