95.

[87] Flechten treibt man in die Luft. Man streut Flockasche, leichte flockige Asche von weißem oder grauem Torf, auf das leidende Glied, bläst sie fort und spricht:


De Flockasch un de Flechten,

de flogen woll aewer dat wille Meer,

de Flockasch de keem wedder,

de Flechten nimmermehr.


(Schönemoor). – »Als ich ein etwa zehnjähriger Knabe war, litt meine Schwester an Flechten. Um sie zu heilen, gab mir meine Tante folgende Weisung: Du sammelst vom Feuerherde neun Kügelchen Flockasche, nimmst davon drei, gibst deiner[87] Schwester am nächsten Morgen einen Wink, dir zu folgen, und gehst mit ihr gegen Sonnenaufgang etwa 10 Minuten Weges fort, bis euch kein Mensch mehr beobachten kann. Dann lässest du deine Schwester so niederknieen, daß sie dahin sieht, wo die Sonne aufgeht, nimmst eins der Aschkügelchen, legst es auf die Flechten und bläsest es weg gegen Aufgang der Sonne. Dann sprichst du dreimal: ›Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.‹ Ebenso machst du es mit dem zweiten und dritten Kügelchen. Am folgenden Tage verfährst du in gleicher Weise mit den zweiten drei Kügelchen und am dritten mit den letzten. Du darfst aber weder vornoch nachher mit irgend jemanden über diese Sache sprechen, auch mit deiner Schwester nicht, und dieser darfst du nur sagen, daß sie genau tun müsse, was du ihr durch Zeichen andeuten würdest, und ja zu niemanden sprechen dürfe. Und an allen drei Morgen dürft ihr nichts vorher genießen und kein Wörtchen sprechen, nicht eher als bis ihr wieder zu Hause seid. Verseht ihr etwas, so wird die Krankheit nicht vertrieben oder kommt doch wieder, und vielleicht schlimmer, als sie gewesen ist«

(Jade).

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. LXXXVII87-LXXXVIII88.
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