143. Diebe zu strafen.

[122] Häufig wenden Bestohlene sympathetische Mittel an, welche den Dieb krank machen und selbst töten, sofern er nicht das Gestohlene wieder bringt oder in anderer Weise die Kraft des angewandten Zaubers zerstört. Die Erde, in welche ein Dieb seine Fußspur eingetreten hat, wird aufgehoben und in einem Sack in fließendes Wasser gehängt (Wildeshsn.) oder in den Sonnenschein (Vechta) oder auf den Rahmen eines Feuerherdes gelegt: so wie die Erde aus dem Sacke weggespült wird oder im Sonnenschein eintrocknet und zerfällt, auf dem Rahmen verschrumpft, so muß auch der Dieb hinschwinden, vertrocknen, verschrumpfen. Oder man legt die Erde einer Leiche in den Mund, in den Sarg, in das Grab, so muß der Dieb vergehen, wie die Leiche verwest. – Auch genügt es, wenn man mit einem grünen Zweige die Fußspur mißt und das Maß in den Schornstein hängt. Zu allen jenen Handlungen nimmt man statt der Erde auch Sachen, welche der Dieb hat liegen oder von dem Gestohlenen unterwegs fallen lassen. Wenn man eine derartige Sache an den Perpendikel einer Uhr hängt, wird der Dieb von ewiger Unruhe ergriffen (Dötl.). – Wenn ein Bienenkorb gestohlen ist,[122] und man hat noch etwas von dem Werk aus dem Korbe, so legt man dies mit etwas Quecksilber in ein Glas oder in einen hohlen Knochen, pfropft das Behältnis fest zu und wirft es in ein fließendes Wasser. Dann wird der Dieb fortan von Angst und Unruhe gequält. Um das Mittel mit Sicherheit anwenden zu können, nehmen Bienenhalter aus jedem Korb etwas Werk und stellen es in einer Reihe auf, damit, wenn ein Korb gestohlen wird, das Werk gleich zur Hand ist (Ammerld.). Das Quecksilber soll anscheinend zu der Beweglichkeit des Glases oder Knochens in fließendem Wasser noch seine eigene Lebendigkeit hinzutun. – Mit den vorstehenden Regeln stimmt nicht recht, was aus Dinklage berichtet wird, man könne einen Dieb mit gewissen Sprüchen zwingen, Gestohlenes wieder zu bringen, die Sprüche seien aber unwirksam, wenn der Dieb etwas von seiner Beute bei dem bestohlenen Hause liegen lasse. – Wenn ein Bestohlener eine Antoniusmesse lesen läßt, wird der Dieb von einer solchen Unruhe ergriffen, daß er das Gestohlene wieder bringt; auch sieht der Geistliche den Dieb während der Wandlung (Cloppenburg).

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CXXII122-CXXIII123.
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