21.

[33] Im Münsterlande herrscht der Gebrauch, daß beim Tode Erwachsener nicht blos während der Beerdigung geläutet wird, sondern auch am Tage vorher um die Mittagszeit. Jede Leiche wird demnach zweimal verläutet. Nur kleine Kinder, welche abends bestattet werden, erhalten kein Geläute. Auch im Jeverland ist es Sitte, Leichen, welche am Tage beerdigt werden, zweimal zu verläuten, wie es im Münsterlande geschieht. Schlägt nun die Kirchenglocke während des Sterbegeläutes, so sagt man überall, es ringe ein Sterbender mit dem Tode. Im Jeverlande sagt man überdies, wenn am Sonntag mittag das Geläute für eine Beerdigung am Montag stattfinde, so werde in dieser Woche noch eine zweite Beerdigung vor sich gehen. – Schlägt die Turmuhr an Sonn- und Festtagen während des Wandlungskleppens, so gibts im Kirchspiel in derselben Woche eine Leiche (Münsterld.), oder wie es in Wildeshausen heißt: Schlägt die Betglocke zugleich mit der Stundenglocke, so stirbt jemand. – Klingen die Kirchenglocken besonders hell, so stirbt bald jemand in der Gemeinde. – Ist zwischen Weihnachten und Neujahr (Holle: in den Zwölften, richtiger Neunten) das Kirchhofstor wegen einer Beerdigung geöffnet, oder steht in dieser Zeit ein Grab offen, so wird es im nächsten Jahre viele Leichen geben. – Wenn ein offenes Grab von selbst wieder einfällt, so muß aus der nächsten Verwandtschaft bald wieder einer sterben (Holle). – Derjenige, an welchen im letzten Augenblicke ein Sterbender denkt, bekommt sofort ein Zeichen des Todes. – In einer Familie zu Oldenburg kündigte sich der Tod eines Verwandten immer dadurch an, daß Saiten auf dem Klavier sprangen.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. XXXIII33.
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