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[230] Sprengepyl war ein Edelmann, der auf seinem Gute zu Vechta wohnte. Er hatte viele Knappen und eine große Dienerschaft und war ein sehr mächtiger Herr. Weitumher fürchtete sich alles vor ihm, denn er war ein Bösewicht, welcher viele beraubt und unschuldig gemordet, namentlich auch viele Mädchen entführt und geschändet hatte. Als es nun zuletzt mit ihm zum Sterben kam, wurde seine Dienerschaft mit Gewalt vom Schlosse vertrieben. Er aber hatte keine Ruhe im Grabe, sondern kam wieder und tobte des Nachts unter furchtbarem Gepolter und Lärmen umher, sodaß niemand seine Burg bewohnen wollte, und diese also lange wüst stand, und die[230] Gebäude zuletzt verfielen. Endlich baten Paters um den Platz zum Bau eines Klosters und einer Kirche und erhielten ihn auch. Als sie Kloster und Kirche fertig hatten, Sprengepyl aber noch immer sein Wesen trieb, wußten ihn die Paters zu bändigen und schlossen ihn mit einer starken eisernen Kette in der Kirche hinter dem Hochaltar an, wo er als ein großer schwarzer Hund (nach andern als ein schwarzer Stein) liegen mußte. Als nachher das Kloster einging, und die Paters es verlassen mußten, zogen sie aus und dachten an Sprengepyl nicht weiter, bis es zuletzt einem von ihnen einfiel. Da ging er zurück, um, wie er sagte, etwas, was er vergessen, nachzuholen, und machte Sprengepyl los. Seit dieser Zeit nun tobt Sprengepyl des Nachts wieder umher, bald mit Kettengerassel, weil er die Kette, mit welcher er angeschlossen war, noch mit sich schleppt, bald mit einem Gepolter, als wenn alles übereinander geworfen und zerbrochen würde, bald als großer schwarzer Hund von der Größe eines jährigen Kalbes und mit tellergroßen Augen. Er läuft mit einer Kette um den Hals vom Klostergarten über den Kapitelplatz durch die Stadt und kehrt über die Stadtsbleiche nach dem Garten zurück. Allnächtlich visitierte er früher die Posten der Citadelle und weckte sie, wenn sie eingeschlafen waren, indem er ihnen die Vorderfüße auf die Schultern legte. – Sprengepyl durchwandelt auch Lastrup, und zwar geht er in Gestalt eines großen schwarzen Hundes von der Brücke über die Ruhr (zwischen der Pfarre und der ehemaligen Burg) ab. Überall wo er vorbeigeht, springen die Schlösser auf. – Er spukt auch in Altenoythe; in Schemde bei Steinfeld geht er in ein Bauernhaus, durch die Türe in die Stube. Ist die Türe abends auch noch so dicht verschlossen, am andern Morgen steht sie offen. – Sprengepyl wird auch der ursprüngliche Gegenstand der folgenden Nachricht aus Wildeshausen sein: Der hier unter dem Namen Trentepyl im Volksmunde bekannte Hund mit glühenden grünen Augen, welcher hier zu Zeiten erscheint, soll ein strenger Hauptmann beim Militär gewesen sein, der eine schlafende Schildwache erstochen hat und nun umgeht, um vorzugsweise jede schlafende Schildwache aufzuwecken.

Vgl. 204p. – Andere Wiedergänger in Hundegestalt 180a, 183b, m, 184d, 261a, 519e.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CCXXX230-CCXXXI231.
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