b.

[466] Ein reisender Handwerksbursche bat einen Bauern um Nachtquartier. Der Bauer wollte erst nicht daran, auf wiederholtes Bitten aber willigte er doch ein und behielt jenen in seinem Hause. Abends sagte der Handwerksbursche zum Bauern, er habe wirklich drei wackere Töchter, aber die eine habe er des Nachts nicht viel im Hause, das wisse aber seine Tochter selbst nicht. Da der Bauer das nicht glauben wollte, führte ihn jener an den Alkoven, wo die drei Mädchen schliefen. Zwei von ihnen schliefen wie andere Leute auch; das dritte aber lag wie tot, und ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben, da. Der Handwerksbursche machte nun den Bettvorschieber zu, und bald darauf zeigte sich den beiden vor dem Alkoven etwas, was wie Dunst oder Rauch aussah und eine Öffnung zu suchen schien. Als der Gesell nun den Alkoven wieder öffnete, zog der Dunst hinein, und das Leben kehrte in die dritte Tochter zurück (Holle).

Nach den ältesten Erzählungen muß man aber wohl die Walriderske als Wesen anderer als menschlicher Art ansehen. Da erscheinen sie zwar in menschlicher Gestalt, sind auch den Menschen vielfach verwandt, aber leben doch unter anderen Gesetzen und sind mit anderen Kräften begabt. Ohne Zweifel haben diese Erzählungen vieles erhalten, was in der Mythologie unserer Vorfahren von den Walküren und ähnlichen auf Wolken reitenden und fahrenden Göttinnen geglaubt wurde.

Danach sind die Walridersken bildschön und singen wunderschön. Als ihre Heimat wird meist England angegeben. Sie kommen über das Wasser daher gefahren, um ihre Opfer aufzusuchen. Ihr Kahn ist ein Milchsieb (Tähmse, Seef), ihre Ruder sind die fächerförmigen Schulterblätter von Tieren oder Menschen (Saterld.) oder Kuhrippen. In dem hochgelegenen, schiffbarer Gewässer ermangelnden Ksp. Visbek geht die Reise durch die[466] Luft, aber auch hier auf einem Siebe, das sie Schiff nennen. Auch fahren sie wohl auf wirklichen Schiffen durch die Luft. Oft auch bedienen sich die Walridersken auf dem Lande zu ihren Reisen der Pferde und flechten deren Mähnen, um sie bequemer festhalten oder die Schlingen als Steigbügel benutzen zu können. Sie wählen stets die besten Pferde, weil sie die schnellsten sind, und hetzen dieselben oft so ab, daß sie anderen Morgens schwitzend und keuchend im Stalle gefunden werden. Die Flechten, welche die Walriderske in die Mähnen der Pferde macht, sind unauflöslich; man muß sie mit geweihten Kerzen ausbrennen oder mit einem Kreuzschnitte ausschneiden und dann verbrennen. Ein anderes Mittel zum Auflösen ist: Wachs von einer geweihten Kerze in ein Läppchen nähen und dies den Pferden um den Hals binden. Es kommt auch vor, daß eine Walriderske ihr menschliches Opfer in ein Pferd verwandelt, um ihre Lust am Reiten und Reisen zu büßen. – In den Verschlingungen der Zweige, welche man oft an Birkenbäumen sieht, und welche einem Krähenneste ähneln, sollen die Walridersken Rast halten; die Verschlingungen heißen Hexennester.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CDLXVI466-CDLXVII467.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg
Aberglaube Und Sagen Aus Dem Herzogtum Oldenburg (Paperback)(German) - Common
Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg: Erster Band