p.

[499] Ein armer elternloser Knabe diente bei einer Herrschaft, welche ihn hart behandelte. Als er einst Plaggen mähte und viele Seufzer ausstieß über die schwere Arbeit, kam ein Erdmännchen und fragte nach der Ursache seiner Traurigkeit. Und da der Knabe diese geoffenbart hatte, hieß ihn das Männchen andern Tages auf derselben Stelle wieder zu erscheinen, dann wolle es ihm helfen und ihm ein Spint mit Gold geben. Der Knabe fand sich am folgenden Tage getreulich wieder ein. Da kam auch das Männchen, ging erst mit ihm hin und her, faßte ihn dann fest an und flog mit ihm durch die Luft in die Hölle. Dort wurde ihm befohlen, das Feuer zu unterhalten, und zur Pflicht gemacht, zwei stets kochende Töpfchen nicht zu berühren. Einst trieb ihn aber doch die Neugier, die Töpfe zu öffnen, da sah er, daß in dem einen sein Vater, in dem anderen seine Mutter kochten. Beide baten ihn, sie mit kaltem Wasser zu begießen, aber er fürchtete sich und tat es nicht. Bald wurde er von dem Männchen wieder aus der Hölle herausgeführt und erhielt das versprochene Gold. Aber gleich darauf wurde er krank und starb in kurzem. (Hude). Daß Erdmännchen in der Hölle Dienste leisten, hört man sonst nicht.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CDXCIX499-D500.
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