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[149] Zu Anfang des 19. Jahrhunderts lebte in Goldenstedt ein Mann, der bezeichnete in Vechta genau eine Stelle, wo ein Haus werde gebaut werden, und wenn das Haus fertig sei und die Leute dann »Komm, heiliger Geist« singen würden, also am Pfingstfeste, so würde Vechta ganz voll von Franzosen sein. Als nun mehrere Jahre nachher wirklich ein Haus an der bezeichneten Stelle gebaut war, kam der Mann, welcher es prophezeiht hatte, gerade am ersten Pfingsttage nach Vechta. Da seine Prophezeihung allgemein bekannt war, wurde er gleich angehalten und gefragt, wo nun die Franzosen seien, das Haus sei ja fertig. Er erwiderte, sie sollten nur Geduld haben, der Tag sei noch nicht zu Ende. Aber es glaubte ihm jetzt niemand mehr, und er wurde von allen Seiten mit seinen Franzosen geneckt, so daß er gar keine Ruhe hatte. Da sagte er zuletzt: »Ich will machen, daß ich aus Vechta komme, ehe es zu voll wird.« Alle lachten ihn aus; aber nachmittags zwischen zwei und drei Uhr kam ein Bote gelaufen und meldete, der Weg hinter Vechta nach Lohne hin sei ganz voll Soldaten und gleich darauf hörte man auch schon die Trommeln, und 4000 Mann Franzosen rückten in Vechta ein. (Der Einmarsch der Franzosen erfolgte Pfingsten 1803). – Derselbe Mann hat nachher auch gesagt, die Franzosen würden noch einmal wieder kommen, aber die Zeit könne er noch nicht bestimmen; es würden auch noch andere Krieger dabei sein, welche er gar nicht kenne, die hätten ganz sonderbare Monturen an. Was es zu bedeuten haben werde, wisse er nicht; aber er sehe, wie Preußen vor den Franzosen herliefen und verfolgt würden.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CXLIX149.
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