e.

[398] Von dem Schlosse zu Jever führen mehrere unterirdische Gänge nach Upjever, Marienhausen etc. In einem dieser Gänge, und zwar, wie die meisten sagen, in dem Gange nach Upjever, soll Fräulein Maria verschwunden sein. Ehe sie hineinging, befahl sie, daß man so lange jeden Abend mit den Glocken läuten solle, bis sie wiederkomme, und dies ist auch bis in die neueste Zeit geschehen, des Winters um neun, des Sommers um zehn Uhr. In der französischen Zeit ließ die Obrigkeit das Läuten einstellen, um die Stadt, welche nach Süden zu durch Holzungen versteckt war, den Franzosen nicht dadurch zu verraten; aber da fingen die Glocken von selbst an zu gehen. Und als die Franzosen in der Stadt waren, wollten diese das Läuten abschaffen als unsinnig und die Ruhe störend, aber auch da fingen die Glocken von selbst an zu läuten, sodaß die Franzosen sahen, daß es mit der alten Sitte doch etwas auf sich habe. Man hat später oft in die unterirdischen Gänge einzudringen versucht, um zu sehen, wo Fräulein Maria geblieben sei, aber alle, die es gewagt haben, sind darin erstickt. Nur einer ist an eine Tür gekommen. Als er die öffnet, sieht er einen Tisch von Eisen mit drei (einem) brennenden Lichtern, und unter dem Tische lag ein großer schwarzer Hund, der ihn mit feurigen Augen anglotzte. Um der Gefährlichkeit willen hat man die Eingänge jetzt zugeworfen, aber viele glauben, daß Fräulein Maria doch noch einmal wieder zum Vorschein kommen werde, denn daß sie noch lebe, beweise das brennende Licht auf dem Tische. – – Ein Erzähler meint eine dunkle Erinnerung zu haben, als ob Fräulein Maria in einem gläsernen, mit vier Hähnen bespannten[398] Wagen abgefahren sei. – In einer Mitteilung heißt es: Fräulein Maria hatte eine Schwester, welche zu Marienhausen wohnte. Sie lebte mit derselben immer in Streit, und beide beschossen sich von ihren Wohnsitzen aus mit Kanonen. Noch jetzt sind drei dieser Kanonenkugeln im Turme zu Jever zu sehen. Neben dem Turme war ehedem ein unterirdischer Gang. Durch diesen wollte einst Fräulein Maria fahren, um ihre Schwester zu überfallen. Bei ihrem Weggange etc. – »In Wittmund hat Fräulein Maria auch das Abendläuten gestiftet, sagen die Leute. Ob Ostfriesland ihr auch gehört hat, oder ob sie's hat an sich nehmen wollen, weiß ich nicht. Aber als sie in die Mine gegangen ist, die vom jeverschen Schloß nach Ostfriesland ganz weit hineinführt, hat sie gesagt:


Ick nähm min Swester Frauk Marie bi de Hand

Un bestriek mit är ganz Harlingerland!


So ist das Sprichwort in Wittmund«. (Von einem Dienstmädchen aus Wittmund. Es wäre zu wünschen, daß dies wirre Bruchstück vervollständigt werden könnte.)

Vgl. auch 593b, 595b. Jever im Vorspuk brennend: 158n.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 398-399.
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