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[3] Redensarten wie: »Der versteht die schwarze Kunst« oder: »Der ist auf der schwarzen Schule gewesen«, sind noch gang und gebe und werden von vielen nicht bloß zum Spaß gesprochen. In den vorhergehenden Kapiteln ist verschiedentlich der schwarzen Kunst gedacht, ohne daß darauf näher eingegangen wurde. – Unter schwarzer Kunst versteht das Volk das ganze Gebiet der Zauberei, insbesondere die Wissenschaft oder Fähigkeit, den Teufel sich dienstbar zu machen und ihn zu zwingen, allerlei Künste und Fähigkeiten herzuleihen, oder die Wissenschaft, vermöge dem Christentum entlehnter Mittel die Anschläge des Teufels und seiner Helfershelfer unwirksam zu machen. Man unterscheidet eine böse und eine gute schwarze Kunst. Die böse dient dazu, den Nebenmenschen zu schaden, die gute (segnen, beten, bekreuzen u. dgl.) ihnen zu nützen. Wenn z.B. eine Frau, so sagt man, ein Erbsenstück dreimal betend umwandelt, um die Vögel abzuhalten, so ist das doch keine böse, sondern eine gute Sache. Die böse schwarze Kunst sucht man gewöhnlich bei Menschen, die vom Volke gemieden werden (Zigeuner, fahrendes Volk, Abdecker, alte Weiber, die sich einsam halten, womöglich als Hexen angesehen werden, anrüchige Männer, die keinen rechten Erwerb aufweisen können und doch leben usw.) Die gute schwarze Kunst wird von Laien und Geistlichen geübt. Frauen können sie so gut erwerben als Männer. Je höher einer steht in Welt und Kirche, desto mehr[3] ist man geneigt, ihm zauberische Kräfte beizulegen. Graf Anton Günther galt dafür, daß er mehr könne als Brot essen, vom Herzog Peter Friedrich Ludwig glaubte das Volk, daß er Brände besprechen könne, und auch sein Nachfolger sollte die Gabe besitzen, wenn auch im geringeren Grade. An der Spitze der Wissenden steht der Papst. Der Name schwarze Kunst rührt her vom Teufel, dem Schwarzen katexochen, dem Fürsten der schwarzen Unterwelt. Die schwarze Kunst, so erklärte dem Schreiber dieses ein Mann aus dem Volke, ist die Wissenschaft der Unterwelt, der bösen Dämonen, und diente ursprünglich dazu, die Anschläge des Fürsten der Unterwelt und seiner Getreuen zu fördern oder zu unterstützen. Mit der Zeit entwickelte sich eine Kunst, die dazu diente, jenen Anschlägen des Teufels entgegenzuwirken, und so entstand eine doppelte schwarze Kunst, eine böse, die mit dem Teufel, und eine gute, die gegen ihn arbeitet. Der Berichterstatter meinte, die gute Schwarzkunst werde auch wohl »de witte Kunst« genannt.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 3-4.
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