312. Ostern.

[70] In den kathol. Orten herrscht der Brauch, in der Osternacht oder in der Frühe des Ostermorgens um die Kirche zu gehen, um für die Verstorbenen zu beten. In Altenoythe nannte man es den Gang nach Emmaus. Die Leute gehen einzeln oder in Trupps, ohne Begleitung von Geistlichen, mit oder ohne Vorbeter. Stellenweise hat die Sitte ganz nachgelassen, anderswo ist die Beteiligung gering, wieder anderswo stark (Löningen). – Die alten Volksgebräuche am Feste: Eieressen, Osterfeuer und Ballschlagen bestehen noch überall im Lande. Eieressen. Das Gesinde bekam früher soviel Eier, als es mochte. Zwanzig Hühnereier und ein Gänseei oder ein Ei mit der Schale zum Schluß, so ging die Rede in Butjadingen, mußte ein tüchtiger Großknecht verzehren können. Später ist es mehr Sitte geworden, jedem Dienstboten am Nachmittage des Ostertages eine bestimmte Anzahl Eier, 12 bis 14, zuzuteilen. Das feierliche Eieressen geschieht am Abende des ersten und zweiten Ostertages. Für Kinder werden die Eier mit Zwiebelschalen, Farbehölzern oder[70] grünen Kräutern gefärbt, auch wohl im Garten unter Büsche versteckt, wohin sie dann nach dem Kinderglauben der Hase gelegt hat. Ein Spiel um Eier ist das Bicken. Einer tupft mit der Spitze seines Eies auf die Spitze des Eies eines andern bis eins zerbricht, das dann dem Besitzer des unverletzt gebliebenen zufällt. Vorzüglich, heißt es aus dem Saterlande, war dies Bicken beim Abbrennen des Osterfeuers unter Leuten beiderlei Geschlechts üblich und diente häufig dazu, alte Bekanntschaften zu erneuern, neue anzuknüpfen. Auch wirft man mit Eiern auf Wiesen und wer sein Ei am weitesten wirft, erhält die Eier der übrigen (Jever). In Löningen versammelten sich früher die Kinder mit ihren buntgefärbten Eiern auf dem Stockkamp und trieben damit allerlei Kurzweil. – Das Wasser, in welchem Ostereier gekocht sind, sowie die Schalen von Ostereiern haben wohltätige Kraft: 70 – Daß Ostern die Eier nicht das einzige Festgericht ausmachen, ist selbstverständlich. Meine Großmutter, erzählt ein Mann aus den Marschen (Schweiburg), hielt darauf, daß Ostern und Weihnachten ein Stuten mit Christi Blutstropfen gebacken wurde. Die Blätter der Pflanze Christi Blutstropfen wurden im Sommer vorher gesammelt, getrocknet und dann zu Weihnachten und Ostern zerkleinert in den Teig gemengt, der den Feststuten abgeben sollte. Die Pflanze Christi Blutstropfen konnte er nicht näher angeben (das Volk versteht einmal dieses dann jenes Kraut darunter), nur soviel hörte man, daß es sich um Unkräuter handelte. Schmartkarrn (366) wies er ausdrücklich ab.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 70-71.
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