Vierzehnte Szene

[82] Trast. Robert. Frau Heinecke.


TRAST. So, so. Ich verstehe! Legt die Hand auf Roberts Achsel. War etwa Herr Mühlingk hier?

ROBERT. Mensch, das lohne dir Gott ... Den Namen brauchte ich!

TRAST. Was hast du vor?

ROBERT. Man verlangt Abrechnung von mir. Man soll sie haben.


Eilt nach hinten zum Koffer, den er öffnet und in dem er fieberhaft zu wühlen beginnt.


FRAU HEINECKE weinend. Danken Sie Gott, daß Sie unverheiratet sind, Herr Jraf. Es gibt recht undankbare Söhne.

TRAST für sich. Einfalt, du sprichst wie eine Mutter! ... Sich besinnend. Pfui, Trast, das war nicht schön.

FRAU HEINECKE. Hab ich nich recht?

TRAST ergreift mit seinen beiden Händen die ihre. Eine[82] Mutter hat immer recht. Sie hat zuviel gelitten und geliebt, als daß es anders sein könnte. Nimmt ihre Hand.

FRAU HEINECKE. Aber Herr Jraf, mir einfache Frau jeben Sie die Hand?

TRAST. Ich hab mich an den Müttern versündigt und muß ihnen Abbitte tun. Nicht zum mindesten der meinigen. Es gibt nämlich noch schlechtere Söhne, als der dort, liebe Frau.

ROBERT hat eine Mappe hervorgesucht, durchblättert und zur Seite gelegt. – Dann nach nochmaligem Suchen hebt er einen Revolver hervor, den er prüft.

TRAST beiseite. Ah, mit dem Revolver! Auf die Art will er Abrechnung halten!

ROBERT der sieht, daß er beobachtet wird, verbirgt den Revolver in der Brusttasche, greift nach seinem Hute und kommt mit der Mappe nach vorne. So, jetzt bin ich fertig!

TRAST. Ich begleite dich.

ROBERT. Du?

TRAST. Hab ich nicht das Recht dazu?

ROBERT zögernd. Gut – komm!

FRAU HEINECKE zärtlich – unter Tränen. Robert!

ROBERT der versucht, seine Erregung niederzukämpfen. Ich – komme – noch – Abschied nehmen, Mutter! Jetzt hab ich Nötigeres zu tun! Geht zur Tür.

FRAU HEINECKE zu Trast, die Hände ringend. Herr Curt und er, das gibt gewiß ein Unglück!

TRAST halblaut zurück. Stille! Stille! – – Nun – gehn wir?

ROBERT zur Mutter in großer Erregung und mit hervorbrechender Zärtlichkeit. Und wenn wir uns – – nicht mehr Sich fassend zu Trast. Gut – gehn wir! Die beiden zur Tür.


Der Vorhang fällt.
[83]

Quelle:
Hermann Sudermann: Die Ehre, Stuttgart 1974, S. 82-84.
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