Siebenter Auftritt.

[48] Straubing. Gemach.

Ernst. Seibelstorfer. Vicedom. Tuchsenhauser. Pienzenauer. Preisinger. Maxelrainer. Sandizeller. Tore.


ERNST. Verheiratet – Ein Tag zum Aufbruch, zur Rebellion bestimmt!

VICEDOM. Das dacht' ich –: Hätte man mir gefolgt, alles wäre aus.

TUCHSENHAUSER. Aber wer hätte sich das auch einfallen lassen? Müssen doch erst hören, was Gundelfing und der Thorringer ausgerichtet haben.

VICEDOM. Was werden sie haben thun können? sie kamen zu spät –

ERNST. Verheiratet! – Mußt' ich das erleben an dir, Albrecht! – mein Sohn, meine Enkeln sollen nicht einmal Ritter sein? nicht sitzen auf Ottens Throne? verlöschen soll mein Stamm in Niedrigkeit und Schande?

VICEDOM. Entrüstet Euch nicht, gnädiger Herr! wer Gewalt hat, hat auch Rettungsmittel –: die Dirne weg, und alles Übel ist weg.

ERNST. Kämpfen mit meinem Sohne? das Schwert ziehen gegen meine Unterthanen!

TUCHSENHAUSER. Nein, nein! In der Hitze, wo ich alle sehe, die mehr auf den Schimpf als auf die wahre Gefahr sehen, da läßt sich nicht urteilen. Habt Ihr nun schon einmal eine friedliche Gesandtschaft an ihn gehen lassen, so müßt Ihr auch die Antwort hören; vielleicht giebt er doch vom Kriege nach; eher wird der Thorringer wohl nicht abgelassen haben! In jedem Falle fahrt dann fort in der äußerlichen Güte –

VICEDOM. Güte und Güte! und alles wird dabei verwahrloset.[48]

TUCHSENHAUSER. Geduld! – dann sucht ihn zu entfernen unter dem möglichst freundschaftlichen Scheine, und wenn er weg ist, da laßt das Mädchen bereden, daß sie von ihm lasse. Ist's eine gute Seele: so sage man ihr, die Ehe sei nicht gültig. Denkt sie niedrig: so bestecht sie, oder schafft ihr einen andern Mann. Man kann am Ende auch wohl drohen, und wenn nichts hilft, sie schnell in ein anderes Land führen lassen.

PIENZENAUER. Ja, wenn's Albrecht nicht vor merkte.

SEIBELSTORFER. Die Strafgelder der von Württemberg wären eben eine schöne Gelegenheit, ihn an die schwäbische Grenze zu schicken.

TUCHSENHAUSER. Hier muß wohl Politik gebraucht werden; die Gesandten müssen einzuschläfern wissen.

MAXELRAINER. Doch nicht lügen? nicht in des Herzogs Namen ein falsches Wort geben?

VICEDOM. Und das ist alles noch nichts. Kommt er dann zurück, wird er sie nicht wieder fodern? Von Gott mag er sie fodern, wann sie tot ist.

ERNST. Vielleicht auch ist sie unschuldig, verführt, verblendet! Aber Ehre und Vaterland fodern ein Opfer; besser sie, als Tausende! – Geht, Tuchsenhauser! und Ihr, Tore! ich will euch meinen Befehl schriftlich an Albrecht geben, daß er forteile zu dem von Württemberg. Beredet dann das Mädchen; thut, was ihr könnt: seid vorsichtig! – Will sie aber von ihm nicht lassen, auf keine Weise; entführt sie hieher. Vicedom, Ihr und der Rat sprecht dann gesetzmäßig über sie. Ich eile nach München und rüste mich auf alle Fälle. Es ist mir schwer, über sie zu sprechen, als Richter: aber hängt ein Dieb? stirbt ein Mörder? muß im Krieg der unwissende Soldat fallen? soll die leben, die meinem Stamme den Thron, meinem Lande Frieden, mir meinen Sohn raubt? – aber wendet alles zuvor an.

TUCHSENHAUSER. Sie wird sich schon geben. So weit kommt's nicht.

ERNST. Ihr werdet Gundelfingen unterwegs treffen; hört auch seinen Rat! Stille zu Tuchsenhauser. Ich gehe nur bis Mallerstorf. Alle ab.

Quelle:
Das Drama der klassischen Periode. Herausgegeben von Dr. Adolf Hauffen, Band 1, Stuttgart [o.J.], S. 48-49.
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