Zwölfte Szene

[311] Der Bürgermeister. Der Major. Schweigel. Frau Bürgermeister. Beringer. Suschen.


SCHWEIGEL sehr laut. So is recht! Waar ja net übi, wenn sie des schönste Brautpaar z'kriag'n tat!

BÜRGERMEISTER zu Beringer. Herr Schweigel hörte davon.

SCHWEIGEL. Und i hab koan schlechten Verdruß g'habt! Liaba wer'et ma do scho a ganze Sud Bier sauer, als so was! Herrschaftsseiten!

SUSCHEN. Sie sind so gut zu mir, Herr Schweigel.

SCHWEIGEL mit lärmender Lustigkeit. Da hamm S' recht! I gab Eahna glei a Busserl, wenn da Herr Amtsrichter net dabei war! Wendet sich zur Bürgermeisterin und reicht ihr die Hand. Gelten S', Frau Mama?

SUSCHEN zu Beringer. Heute bleibst du recht lange?

BERINGER. Eigentlich ... aber wenn du willst.

SUSCHEN küßt ihn. Du lieber Schatz!

FRAU BÜRGERMEISTER gerührt. Unsere Kinder! Fritz!

SCHWEIGEL lärmend zum Major. Ha? Sag'n S' amal selber, is des net g'scheiter als wia d' Politik?

FRAU BÜRGERMEISTER. Aber jetzt setzen wir uns![311]

BÜRGERMEISTER. Heute soll es einmal gemütlich werden.

SUSCHEN. Herr Schweigel bleibt auch da? Gelt?

SCHWEIGEL. Freili, Sie liabs Hascherl! Man hört entfernt Musik.

FRAU BÜRGERMEISTER. Also Platz nehmen! Karl, du mußt neben mich ...

SCHWEIGEL. Wenn i no dro denkt hätt', nacha hätt' i a Banzel Bier aufg'legt.


Alle gehen zu Tisch. Schweigel, der Major, Frau Bürgermeister, der Bürgermeister setzen sich. Suschen und Beringer wollen Platz nehmen. In diesem Augenblick intoniert die Musik ganz nahe einen Marsch. Alle horchen. Der Bürgermeister und seine Frau springen auf.


BÜRGERMEISTER. Was ist das?

MARIE stürzt herein und ruft. D' Liedertafel kommt!

FRAU BÜRGERMEISTER bestürzt. Um Gottes willen!

BÜRGERMEISTER. Es wird doch nicht wieder! ...

SCHWEIGEL. Na! Na! Hamm S' nur koa Angst! Desmal is a Friedensfeier!


Dröhnender Marsch. Die Musik, die Liedertafel, Lampionträger und viel Volk sind im Garten angelangt. Einen Moment Stille. Dann singt ein Quartett die erste Strophe von »Still ruht der See«. Nach Beendigung der Strophe tritt Stelzer unter die Türe und spricht gegen den Zuschauerraum gewendet.


STELZER. Zum zweiten Male kommen wir mit Dank erfüllt an diese Schwelle. Unser Herr Bürgermeister, der dem Wohle der Stadt alles opfert, und der sich selber bezwungen hat, er lebe Hoch! Hoch! Hoch!


Die Leute im Garten stimmen brausend in das Hoch ein. Einen Augenblick Schweigen. Dann tritt der Bürgermeister vor und spricht.


BÜRGERMEISTER. Mitbürger! Diese Ehrung überrascht mich noch mehr wie die erste. Ich weiß aber, daß Sie damit nur Ihre gute Gesinnung zeigen wollen. Wir Dornsteiner sind und bleiben treue Untertanen. Jetzt und immerdar. In diesem Sinne rufe ich: Die loyale Stadt Dornstein soll leben Hoch! Hoch! Hoch!


Stürmische Hochs und Bravos. Die Liedertafel fällt gleichzeitig mit dem Sängerspruche ein.


Schneidige Wehr,

Blanke Ehr,

Lied zum Geleit,

Gib Gott allezeit!


Während des Singens fällt der Vorhang.
[312]

Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 2, München 1968, S. 311-313.
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