Vierte Szene


[215] Jakob Lampl. Die Vorigen.


LAMPL. Grüß Gott, Herr Bezirksamtmann. Do san ma.

BEZIRKSAMTMANN. Ach, das ist schön, Herr Lampl. Amalia, hier ist unser bewährter Landtagsabgeordneter, Herr Metzgermeister Lampl, von dem ich dir schon öfter erzählt habe.

FRAU BEZIRKSAMTMANN kühl. So? Kann mich nicht erinnern.

BEZIRKSAMTMANN. Meinen Assessor kennen Sie ja?

LAMPL. Ja. Mir san scho öfters z'sammkemma.

ASSESSOR. Amtlich. Gewiß.

BEZIRKSAMTMANN. Nun, wie geht es, Herr Lampl?

LAMPL. Ja, muaß scho toa. 's Wetter halt, 's Wetter sollt anderst sei. Viel z' trucka is.

BEZIRKSAMTMANN. Die anhaltende Dürre ist der Landwirtschaft wenig zuträglich.

LAMPL. Freili. Aba da kannst nix machen, des muaß ma schon nehma, wia's kimmt.

BEZIRKSAMTMANN. Leider, leider, Herr Lampl.

LAMPL. An andersmal regent's dafür wieder mehra; da hört's nacha glei gar nimmer auf.[215]

BEZIRKSAMTMANN. Stimmt, stimmt.

FRAU BEZIRKSAMTMANN. Das ist merkwürdig interessant.

LAMPL. Da ham Sie recht, Frau Bezirksamtmann, des sag i aa oft. Des is ganz merkwürdi heutzutag. I ko's net glaaben, daß 's früherszeiten aa'r a so g'wen is.

BEZIRKSAMTMANN. Im Landtage gibt es viel Arbeit, Herr Lampl?

LAMPL. Ganz richtig.

BEZIRKSAMTMANN. Es wird noch manche Woche vergehen, bis das Budget durchberaten ist!

LAMPL. Der Bidsche? Ja, des is a Teufelsg'schicht. Und der Haufen G'setzer! I woaß gar net, wo s' as allweil herbringen.

BEZIRKSAMTMANN. Die legislatorische Tätigkeit steht eben unter dem gewaltigen Drucke der Neueinführung des Bürgerlichen Gesetzbuches.

LAMPL. Mhm! Bereits. Was gibt's denn nacha heut z'essen, Herr Bezirksamtmann?

FRAU BEZIRKSAMTMANN. Hast du keine Dinerkarten drucken lassen, Heinrich?

LAMPL. Des brauchts net, mir wern's a so aa kenna, was kimmt, Frau Bezirksamtmann.

FRAU BEZIRKSAMTMANN. Wenn Sie glauben.

LAMPL. Hamm mer Eahna halt a bissel Umständ g'macht? Hamm S' recht aufkochen müassen, Frau Bezirksamtmann?

FRAU BEZIRKSAMTMANN. Ich habe das meiner Köchin überlassen.

LAMPL. Ja so. No, de werd scho aa was z'sammbringa. Des is scho a große Ehr für den alten Neusigl, Herr Bezirksamtmann.

BEZIRKSAMTMANN. Ich gehe von dem Prinzip aus, Herr Lampl, daß die staatliche Oberaufsicht gerade mit der Anerkennung einer verdienstvollen Tätigkeit Gutes leistet. Einerseits ist die öffentliche Erzeigung des Dankes von ethischem Werte, andererseits wirkt sie anregend und ermunternd.

LAMPL zieht die Tabaksdose. Amal schnupfen schadet net. Mögen S' a Pris? Lotzbeck Nummera zwoa.

BEZIRKSAMTMANN nimmt eine Prise und wirft sie heimlich weg. Danke. Ja, was ich sagen wollte, Herr Lampl. Gerade in der Provinz heraußen muß der Amtsvorstand auch für das Kleinste Fürsorge zeigen, den Mittelpunkt bilden. Er vertritt einerseits den Willen des Staates, andererseits vermittelt er die aus dem Bedürfnisse herausgewachsenen Wünsche der Untertanen. Die[216] Rede, welche Seine Exzellenz neulich in der Kammer hielt, war mir aus dem Herzen gesprochen.

LAMPL. Er ist a ganz a g'führiger Mo, unser Minister.

BEZIRKSAMTMANN. Hatten Sie schon öfter Gelegenheit, mit Exzellenz Rücksprache zu nehmen?

LAMPL. Ja, mir kemman öfter z'samm im Ausschuß.

BEZIRKSAMTMANN. Sie sagen auch, nicht wahr, er ist außerordentlich weitblickend? Er beherrscht sein Ressort mit einer geradezu verblüffenden Detailkenntnis!

LAMPL. Ja; er redt wia'r a anderner Mensch aa. Ganz deutsch.

BEZIRKSAMTMANN. Das freut mich von Ihnen zu hören. Ich hegte schon längst den Wunsch, mich mit Ihnen einmal auszusprechen.

LAMPL. Is scho recht. Ah, da kimmt ja der Hahnrieder und der Sedlmoar! Hamm S' de aa'r eing'laden?


Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 2, München 1968, S. 215-217.
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