Erste Szene

[27] THOMAS knurrig. Host du koa Arbet in der Kuchel?

LENI. I muaß zum Ess'n herricht'n.

THOMAS. Vor'm Spiegel da?

LENI. Weil ma 's Band aufganga is.


Leni geht an den Tisch, sie holt aus der Schublade Löffel heraus und legt sie neben die Teller, die dort stehen.


THOMAS. Im Stall war i drauß; host d' wieder an Barren net ausg'wasch'n ...

LENI. I geh nacha umi.

THOMAS. Nach jeder Mahlzeit g'hört a putzt, und so will i's hamm. Net, daß i jed'n Tag red'n muaß.

LENI. I putz'n nacha glei, wenn i in der Kuchel ferti bin; i gib ma g'wiß de größt Müah' ...

THOMAS. Und wenn i net nachschau, g'schiecht nix.

LENI. Hat d' Mangin aa g'sagt, daß i mi ganz guat g'stell zu der Arbet ...

THOMAS. De muaß 's ja wiss'n ...


Er stellt sich an ein Fenster und schaut hinaus. Kleine Pause.


LENI. Vata, der Jud Männlein hat dir nachg'fragt.

THOMAS ohne sich umzuwenden. So?

LENI. Und der Bürgermoasta is aa da g'wesen.

THOMAS sich umdrehend. Was will denn der?

LENI. Er hat mir nix g'sagt, als daß er wieder kerkummt, und g'fragt hat a, wann du hoamkimmst.[27]

THOMAS. Möcht i scho wiss'n, was der bei mir suacht.

LENI gesprächig. Wia'r a bei uns außi ganga is, hab i g'sehg'n, daß er zum Wirtshaus ummi is, und da is der Männlein heraußd g'stand'n, und g'rad gnädi hamm sie's mitanand g'habt, und zu uns hamm s' herg'schaugt.

THOMAS hat sich wieder dem Fenster zugekehrt. Was geht denn dös mi o?


Pause.


LENI. Vata, gel, der Männlein möcht' dir gern abkaff'n?

THOMAS. Ko scho sei.

LENI zaghaft. Dös sollt'st aba net toa.

THOMAS sich umwendend. Han?

LENI. Dös sollt'st net toa, daß d' 's Sach hergibst.

THOMAS. Z'weg'n was net?

LENI. I moan halt, es is do g'scheiter, du b'haltst as.

THOMAS. Weil di du so guat zu der Arbet schickst?

LENI. I gib ma ja g'wiß de größt Müah ...

THOMAS. Dös siech i. Jetzt is d' Muatta vier Woch'n tot, und wia schaugt's denn aus bei uns? Moanst d', i hab koane Aug'n?

LENI. Wo schaugt's denn so aus?

THOMAS. Du merkst as freili net. Und nacha de Dreingab', daß i a Taglöhnerin neb'n deiner hamm muaß, de di o'lerna soll.

LENI. Sie lobt mi aba recht und sagt, daß i's jetzt scho ganz guat ko.

THOMAS. Von dem G'red hab' i was!

LENI. Derfst g'wiß glaab'n, daß i gern mei Arbet tua ...

THOMAS. Geh, hör ma'r auf! A Stund im Tag tuast d' so, als wenn's d' an Eifer hättst, und in der nächst'n hockst wieda umanand, oder stehst vor'n Spiagl ...

LENI. Nach und nach lern i's scho bessa ...

THOMAS. Wenn 's Sach amal hi is. Na! Dös G'red' hat koa Hoamat.

LENI weinerlich. Was is denn nacha, wenn's d' verkaffst?

THOMAS setzt sich auf die Ofenbank. Ja ... was is nacha? So is nix, und anderst weerd's nix ... Pause. Wenn ma mit dir red'n kunnt, und wenn's an Wert hätt, na saget i, genga ma furt von da ... wo anderst hi, wo di neamd kennt ... und neamd was woaß von dir ...[28]

LENI. N ... no!

THOMAS. Aba mit dir was Neu's o'fanga, dös waar ja no schlechta, und so weit kunnt'n ma gar net geh, daß uns 's G'red net nachlaffet.

LENI. Gar so arg sollt'st d'as na do net macha!

THOMAS. Net, moanst d'? I sollt's halt a so o'schaug'n kinna wia du und nix g'spür'n vo dem, was um mi rum is!

LENI. D' Muatta hat's aa g'sagt.

THOMAS schaut finster vor sich hin und schweigt.

LENI. Am letzt'n Tag hat sie's no g'sagt, daß ma dös vergess'n muaß, was amal g'wesen is ...

THOMAS. Vergess'n ... ja ...

LENI. Und daß ma sunst net auf a Neu's o'fanga ko, wenn ma dös Alte net guat sei laßt ...

THOMAS. Dös host d' dir g'merkt, aba sunst net recht viel.

LENI. Und daß mir beinand bleib'n soll'n, hat s' g'sagt und hat di no so bitt'.

THOMAS aufstehend. Ja ... glaabst denn du, wenn dös net waar ... wenn i net an d' Muatta denkat ... glaabst du, i gab de Leut da an Hanswurst'n ab? Er ist nach vorn gegangen. Tag für Tag an Verdruß und mi versteck'n, als wenn i was g'stohl'n hätt' oder an jed'n was schuldi waar? Na! Er wendet sich gegen Leni. Und wenn's d' Muatta net g'wißt hätt ... und wenn's i net wisset, daß du im Dreck derstickst, wenn i di weg laß ...

LENI. I will aba gar net weg.

THOMAS mißtrauisch. Daß du jetzt auf oamal vom Bleib'n redt'st? De erst Zeit host d' allaweil furt woll'n und host d' soviel von deiner Nahterei g'sagt?

LENI. Selbig's Mal hab i's halt aa net so überdenkt.

THOMAS. Hätt' ma di no um Gott's Will'n bitt'n müass'n, daß d' net davolaffst und dahoam bleibst?

LENI. Jetzt vasteh i's halt bessa ...

THOMAS. Was vastehst d'?

LENI. Halt, daß ... halt, daß 's do g'scheiter is, wenn i do bin und arbet ...

THOMAS trocken. So an Ei'sehg'n host du auf oamal?

LENI. Und weil d' Muatta g'sagt hat, i sollt di net alloa lass'n.

THOMAS. So?[29]

LENI weinerlich. Und jetzt is all's für nix, und du willst verkaff'n!

THOMAS. Mach du dei Arbet und mach 's richti, und dös ander is mei Sach!


Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 2, München 1968, S. 27-30.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Magdalena
Magdalena. Ein Volksstück in 3 Aufzügen

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldsteig

Der Waldsteig

Der neurotische Tiberius Kneigt, ein Freund des Erzählers, begegnet auf einem Waldspaziergang einem Mädchen mit einem Korb voller Erdbeeren, die sie ihm nicht verkaufen will, ihm aber »einen ganz kleinen Teil derselben« schenkt. Die idyllische Liebesgeschichte schildert die Gesundung eines an Zwangsvorstellungen leidenden »Narren«, als dessen sexuelle Hemmungen sich lösen.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon