Dritens: Über die Kunzt

[457] Indem das Minchen eine Kunztschtadt ist haben mier oft im barlamend die Forlahge gehabt, was eine Kunzt ist hoder was keine Kunzt nicht ist.

Die Mahlerei ist schohn eine Kunzt, haber plos bis zum Nahbl. Untern Nahbl ist es eine Sauerei, indem es dohrt geschlächtlich ist. Der biderne Ögonohm schähmt sich bereiz im Hämd, wodurch mir ins in der Unterhohsen ins Bett lehgen.

Und bald ich meine kristgadollische Ehefrau anschauge ist es mir fiel liber bald sie mer anhat als wie wehniger, hobwol es beim ferheirateden Zuschtand keine Unkeischheid nichd gibt sontern es ist gesezlich.

haber man kahn sein Schamgefiehl nichd einmahl bei der Ehe unterdriken, sondern man drahd sich um, bald man heraus muhs. Disses ist eingewurtselt und in der Nadur forhanden. Die Mahler haben kein Schahmgefül nichd, sontern sie mahlen die Weisbielder gans nakert wie die Küh auf der Wihsen. Indem mahn in Minchen auf der Schtrase get und dengt an nichz schtet mahn auf einmahl for einem Fensder wo disse liderlingen Geschäbfe aufgemahlen sind und häben die Hend in die Höh und schtreken iere ferbotenen Kerperdeil hinaus. Disses ist ser schedlich.

Es kohmt auf dem lahnde for, das die Weisbilder nichd forsichtig siend, bald sie zum beischpil auf eine Leither schteigen, haber da bfeift der Ögonohm und sie ferstehen disses Signahl und halden die Rök zu. haber for dissen Fensder hilft es nichz, bald man bfeift und muhs man dissen Anbliek aushalden.[457]

Einmahl bin ich in der biehnakertäg gewehsen. Disses ist eine Anschalt fier alte Bielder zum aufheben, haber bfui Deifel!

Ich habe den Minisder Wähner gefrahgt, ob disses mit seiner Erlauhbnis sich begiebt und er had gesahgt, ich sohl um Gothes wielen im Barlamend keine Rehde dafon machen sonzt ist es eine Blamaschi, indem disse bielder beriehmde Kunztwerge siend.

Ich habe nichz gesahgd, indem auch der Bresadent Orderer zu mier gekohmen ist und mier ferbotten hat, das ich keinen Schbetakel darieber mache, haber ich habe gedänkt, fier was missen mir neie bielder ferabscheien, bald die alden noch schlächter sind?

In Mingharting ist es forgekohmen das eine Schtahlmagd ieber den Zaun ist geschtiegen und ist der Rok hengen bliben, das man ferschidenes bemergt had, wo sonzt nichd zum bemergen ist. Die lädigen Purschen haben gelacht, haber die ferheirathen Mähner haben weg geschaugt.

In der bienakertäg sind fiele solchene bielder, aber kein Mentsch schaugt weg, sontern sogahr die Weibsbielder bleiben dafor schtehen und halden sich briehlen for die Augen, das sie es gans genau sehgen. Ein brofesser had zu mier gesagt in der Kunzt macht es nichz. Disses kahn ich nichd klauben. Fier was ist es unkeisch bald es ein wierkliches Fleusch ist? Und fier was ist es schöhn, bald es ein gemahlenes Fleusch ist?

Disses ist selzam. Indem ich klaube, das es mit der Öhlfarb keinen Unterschid machd.

Was ich zudehke, lahse ich von mier nichd mahlen, und lehge mich mit der Unterhohsen ins bedd.

Disses ist mein kristlicher Schtandbunkt.

Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 4, München 1968, S. 457-458.
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