Epilog


[509] Der Jäger tritt als Epilog unter Verbeugungen auf.


DER JÄGER.

Wer erst Prolog gewesen, wird Epilogus.

So wunderbar verkehrt sich's in der Welt:

Wärt ihr der Lieder nicht ganz überdrüssig,

So möcht' ich wohl zum Schlusse eins versuchen,

Denn welcher Schluß ist doch wohl ganz geschlossen?


Trüb und heiter

Fliegt die Welt vor uns vorbei,

Wir wandeln weiter

Bald trüb und heiter

Und wissen nicht, wie es uns sei:

Himmlische Poesie,

Lehrst uns, wie.
[509]

Aber sie vernehmen dich nicht,

Sie wenden sich hinweg vom Licht,

Sie leben weiter

Immer trüber, wen'ger heiter.

Merken nicht, daß alles Trübe

Durch der Künste Göttermacht

In der heitern Milde lacht,

Selbst der Haß wird lichte Liebe.


Warum Schmachten?

Warum Sehnen?

Alle Tränen,

Ach, sie trachten

Weit nach Ferne,

Wo sie wähnen

Schönre Sterne.


Doch ewig, ewig um erstanden bleibt

So Stern wie Blume wie die hohe Liebe,

Dem dürftigen gemeinen Sinn. Die Jagd

Ist, Freunde, nun vollendet, alles ist

Vorüber, was noch eben um euch scherzte.


Wir kehren zurück von der Jagd!

Es wird Nacht! Es wird dunkle Nacht!

Habt ihr denn Beute mit euch gebracht?

Wohlauf, besucht das grünende Land,

Den Wald mit den Hörnern durchklungen,

Von bunten Vöglein durchsungen,

Besucht ihn öfter, er ist euch bekannt.

Doch komme keiner, der Jägerei

Durchaus ein völliger Fremdling sei,

Er rennt in den Schuß,

Hat dessen durchaus keinen schönen Genuß,

Weil ein solcher im Zimmer nur jagen muß.


Muntres Herz, frischer Sinn

Ist Gewinn,

Fröhlich geht's durch Büsche hin.

Ist dein Herz dir matt und bang,

Schnell erfrischt es Waldgesang,

Waldgesang und Hörnerklang.


Geht ab.


Quelle:
Ludwig Tieck: Werke in einem Band. Hamburg 1967, S. 509-510.
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