9. Das verfehlte Wort

[380] Robert.


Sie ging zum Sonntagstanze!

Schon klang Musikgetön!

Und sie, im grünen Kranze,

Sie war so wunderschön!
[380]

Heut, dacht' ich, kannst du's wagen!

Du kannst ja mit ihr geh'n,

Ihr dies und jenes sagen,

Und ihr dein Herz gesteh'n.


Ich ging ihr nach; sie eilte

Dahin am Lerchenhain;

Und wo der Weg sich teilte,

Da holt' ich sie erst ein.


Sie fragte, was ich wollte;

Und ach, ich wußte nicht,

Was ich ihr sagen sollte!

Mir brannte das Gesicht.


Und was ich endlich sagte –

Mir war nicht wohl dabei –

Ich sagte nichts, und fragte,

Ob heute Sonntag sei!


Ihr färbten sich die Wangen;

Kaum wagt' ich, aufzuseh'n!

So blieb ich, ganz befangen,

Vor ihren Blicken steh'n.


Die hätt' ich fliehen mögen;

Denn trieben sie mir nicht,

Als ob sie Wasser zögen,

Die Thränen ins Gesicht?


Kaum hört' ich, was ich hörte.

Nein! Robert hat kein Glück!

Ich nahm ein Herz, und kehrte

Beschämt und still zurück.


Was ich ihr sagen wollte,

War wohl ein schönes Wort;

Und als es gelten sollte,

Da war's auf einmal fort.
[381]

Wenn das so mit mir bliebe,

Dann würd' ich noch zum Tropf.

Ach, glaubt es nur! die Liebe

Verwirrt den klügsten Kopf.

Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 135, Stuttgart [o.J.], S. 380-382.
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