Kleine Vorrede

[145] Mein lieber Ignaz Wrobel,

ich widme Dir dieses Büchlein, weil Du es brauchen kannst. Du bist ein ernster Mann, nicht wahr, und stehst unter Deinen Mitmenschen geachtet da, als . . . sagen wir . . . Pädagoge, Fotograf oder als Redakteur oder Buchhändler . . . Du bist ernst. Denn daß das Leben eine ernste Sache sei, haben sie Dir schon auf der Schule bei Gelegenheit des kleinen deutschen i beigebracht. Du hast es geglaubt.

Dem ist aber nicht so. Glaubs nicht, mein Ignaz, glaubs nicht! Daß jede Wirkung auch eine Ursache haben muß, daß in allem eine Kausalität versteckt liegt, glaubs nicht! – Kausalität, mein Junge, ist, wenn man dran glaubt.

Lerne von den englischen Exzentriks, daß man sich vom Schwergewicht, vom Satz vom Grunde und wie all die dummen Sachen heißen, sehr wohl befreien kann, wenn man nur den Mut hat. Denn das, was danach kommt, ist das Himmelreich. Wer sagt, daß Weinen der Ausdruck einer Gemütsempfindung sei? Oder ein physiologischer Vorgang? – Glaubs nicht! Weinen ist eine Tätigkeit, die nicht motiviert werden kann.

Bleib äußerlich der ernste reputierliche Mann mit dem Bart, als den sie Dich kennen und schätzen. Innerlich aber, mein Junge, innerlich: Lache! – Stets der Deine

Ignaz Wrobel


  • · Ignaz Wrobel
    Der Zeitsparer.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 1, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 145.
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