Helm ab –!

[345] Da liegt die große Pickelhaube

im schwarzen, dunkeln Grabesloch.

Sie ruhe sanft . . . Sieh da, ich glaube,

sie wackelt noch.


Ein Landrat fletscht die großen Zähne:

»Am Grabe noch ein Spottgedicht?

De mortuis nil nisi bene!«

Ich weiß doch nicht.


Steigt unser Leid heut zu den Sternen

nach blutigem Kling-Klang-Gloria –

vergeßt es nicht: ihr sollt das lernen,

wie es geschah.[345]


Vergeßt sie nicht: die Ordensritter,

den Heimatkistenoffizier,

die Jungs der Reklamiertenzither –

all das Getier.


Helm ab!

Voll Pietät? Ja, Kuchen!

Er liegt auf wohlverdientem Mist.

Wir müssen erst dem Alten fluchen

und dann nach gutem Neuen suchen –

bis er vermodert ist.


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 28.11.1918, Nr. 48, S. 519.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 1, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 345-346.
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