Preissturz?

[317] Amalie steht vorm Ehesegen.

Er naht sich legitim und leis.

Sie kauft sich noch kein Bett. Von wegen:

es fällt der Preis.


Sie wartet. Und die Tage eilen.

Die Preise falln zur Lenzsaison.

Sanft schläft ihr Bräutigam derweilen

aufs Chaiselongue.


Sie wartet. Und wir warten alle . . .

Kommt uns der Preissturz bloß so vor?

Die Dummheit in den Reichstagshallen

steht nach wie vor.


Kapp: dies Papier hat seine Nücken.

Herr Ludendorff wird nicht notiert.

Ein Grünhorn, wer in Achselstücken

nicht spekuliert.


Selbst Noske freut sich noch des Lebens,

die Stütze unsres Wallotbaus.

Wir offerierten ihn vergebens

ab Haus.[317]


Wer will die Wilhelmstraße deuten,

für die man keinen Dollar bot?

Nachfrage ist nach tüchtgen Leuten . . .

kein Angebot.


Ein Mädchen nur – auf jenem Striche,

wo man den Deutschen Mann sein läßt –

spricht froh: »Ich kenn die Börsenschliche.

Und wenn der ganze Markt entwiche –:

Ich bleibe fest –!«


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 29.04.1920, Nr. 18, S. 301.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 2, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 317-318.
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