Rieges Holzschnitte

[131] Hamann-Schokolade (Originalreklame im Text! Neu! Angebote seriöser Firmen erbeten – Theater demnach ausgeschlossen) – Hamann-Schokolade, junger Herr, müssen Sie ihr aber nicht immer schenken. Gewiß, sie freut sich und sagt lieblich: »Du sollst doch nicht!« und ißt, wenn Sie weggegangen sind, den ganzen Zimt mit einem Male auf . . . Aber Sie müssen auch einmal etwas andres schenken, wenn Sie lieben. Zum Beispiel: Rieges Holzschnitte.

Kriegen Sie keinen Schreck. R. Riege ist kein teurer Mann, weil die Kunstschreiber noch nicht ihre Fremdworte über ihn ausgeschüttet haben – noch ist er billig. Seine Mappen und Mäppchen, eine immer hübscher als die andre, sind in der, entschuldigen Sie das harte Wort, Holzbock-Presse zu Weimar erschienen und dorther können Sie sie auch beziehen lassen. Die Adresse genügt.

Ich habe meiner jungen Dame gleich zwei geschenkt: ›Kord Dönebön‹ und noch eine.

Kord Dönebön ist herrlich. »Hier habt ihr«, steht auf der ersten Seite, wo ein haargewaltiger Kerl abgebildet ist, »zehn Holzschnitte von R. Riege, dadrauf seht ihr Kord in Situatschonen, die durchaus gewöhnlich sind. Kord jedoch ist ungewöhnlich. Kord stammt aus Multhöpen. Sein Vater aus Plötzen. Er wurde im März soundso geboren. Vermutlich stimmen diese Angaben nicht.« Auf jedem Bild steht zu lesen, was da los ist: »Kord und annere Lüe«. »Kord kümmt«. Dann das hübscheste: »Kord up'n Torm.« Und auf einem, wo der Lümmel nackte Bademädchen belauscht, steht über seinem Kopf, mahnend von des Holzschneiders Hand hingesetzt: »Kord! Kord!«

Das ist die eine Mappe. Die andre, die ebenso lächerlich wenig kostet wie die eine, heißt: ›Die Hochzeitsreise‹ und sollte auf keinem Nachttisch fehlen. Es brunnert sich aber gar nichts – die Bilder (die Riege übrigens handschriftlich gezeichnet hat) sind entzückend rein und hell. Mit am schönsten die abendliche Ankunft im Gasthaus – welch deutsche Wolken! welch weicher Abendwind! Obgleich das Blatt gar nicht farbig ist: in warmem Gelb lädt das Haus das junge Paar[131] zum Eintreten. Und wie erinnerungsreich das morgendliche und das abendliche Beieinander . . .

Mir hat diese schönen Mappen Munke-Punke empfohlen, und der weiß in solchen Dingen Bescheid. Ich denke, das wäre etwas für eine kluge gnädige Frau.


  • · Peter Panter
    Die Weltbühne, 16.02.1922, Nr. 7, S. 178.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 3, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 131-132.
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