Die Drei

[527] Den Gutsherrn mit den fetten Backen,

den Ringen und dem Speck im Nacken,

mit Haus und Hof und mit Gesinde,

mit junger Frau und gutgenährtem Kinde;

den Gutsherrn mit dem Schloß in Fliederranken,

mit der Pension und seinem Konto auf den Banken,

mit seinem Speck und seiner Wuchersaat:

den schützt der Staat.


Den Unternehmer, der die tiefen Schächte

ausraubt nach eignem, freiem Rechte,

der Herr ist über tausend Leben,

dem tausend Räder Ware weben;

den Unternehmer, dessen Schlote

auch qualmen bei dem Streitgebote –

als ob die Not der andern gleich wär:

den schützt die Reichswehr.


Doch den, der mit den harten Händen

von früh bis spät die Dividenden

erst schafft, die jener lächelnd handelt,

der Stein und Stoff in Gold verwandelt;

den Mann, des Sorge seinem Kind flucht,

des Frau verröchelt an der Schwindsucht,

der ohne Hoffnung auf ein Morgen

sich windet um die Alltagssorgen . . .

grau wird der Kopf, die Löhne kleiner,

den Mann schützt keiner –!


  • · Theobald Tiger
    Volksstimme, 21.10.1926.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 4, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 527.
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