Aussage eines Nationalsozialisten

vor Gericht

[241] »Ich möchte den Eid in der religiösen

Form ablegen. Ich schwöre – daß ich

die reine Wahrheit sagen – und nichts ver–

schweigen – und nichts hinzusetzen werde.

So wahr mir Gott helfe!«[241]

Wir standen da vor Klippermanns Lokal

und dachten weiter gar nichts Schlimmes –

wir stehn so harmlos da . . . Mit einem Mal –

ich sag noch zu Parteigenossen Kimmes –

ich sage: »Kimmes!« sag ich – »wir gehn bald

jetzt Blümchen pflücken in den grünen Wald . . . «

Auf einmal kommen da die Kommunisten –

acht oder hundert Stück . . . ich weiß genau!

und schlagen auf uns los und machen Kisten –

an ihrer Spitze eine wilde Frau!

Wir mußten alle rasch in Deckung gehn.

Ob wir geschossen . . . ?

Ich hab nichts gesehn.


Der eine Kommunist trug in der Linken

ein typisch russisches M. G.:

mit seiner rechten Hand, da tät er winken –

der andere Trupp stand vorn auf der Chaussee.

Zwei Kommunisten sangen freche Lieder.

Wir waren harmlos, ruhig, doch empört . . .

Ich kenn die Angeklagten alle wieder –

Ob was . . . ? Geschossen . . . ?

Ich hab nichts gehört.


Wir gehn ja immer leis und sanft von hinnen.

Wir trinken Milch, weil das die Muskeln stärkt.

Gestochen . . . ? wir . . . ? Ich kann mich nicht besinnen.

Mit einem Dolch . . . ? Ich habe nichts bemerkt.

Wir sind die friedlichste und stillste Blase.

Wir schwören vor den Schranken des Gerichts.

Man glaubt uns gem. Mein Name, der ist Hase:

ich weiß von nichts – ich weiß von nichts.

Der Kommunist wird feste arretiert.

Wir haben alles sauber einstudiert . . .

Beweisen Sie uns mal das Gegenteil!

So wahr mir Gott helfe.

Hitler Heil!


  • · Theobald Tiger
    Arbeiter Illustrierte Zeitung, 1930, Nr. 37, S. 728.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 8, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 241-242.
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