Malwine

[288] Ich habe mich deinetwegen

gewaschen und rasiert.

Ich wollte mich zu dir legen

mit einem Viertelchen,

mit einem Achtelchen –

Malwine!

Doch du hast dich geziert.


Der Kuckuck hat geschrien

auf deiner Schwarzwalduhr.

Ich lag vor deinen Knien:

»Gib mir ein Viertelchen!

Gib mir ein Achtelchen!

Malwine!

Ein kleines Stückchen nur!«


Dein Bräutigam war prosaisch.

Demselben hat gefehlt,

dieweilen er mosaisch,

ein kleines Viertelchen,

ein kleines Achtelchen . . .

das hätt dich sehr gequält!


Du hast mir nichts gegeben

und sahst mich prüfend an.

Das, was du brauchst im Leben,

sei nicht ein Viertelchen,

und nicht ein Achtelchen . . .

das sei ein ganzer Mann –!


Mich hat das tief betroffen.

Dein Blick hat mich gefragt . . .

Ich ließ die Frage offen

und habe nichts gesagt.[288]

Daß wir uns nicht besaßen!

So aalglatt war mein Kinn.

Nun irr ich durch die Straßen . . .

Malwine –!

und weine vor mich hin.


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 11.11.1930, Nr. 46, S. 732, wieder in: Lerne Lachen.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 8, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 288-289.
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