Schnitzel

[146] Ein bekannter Modezeichner ging einst zum Chef der Zeitung, für die er arbeitete, und bat um Gehaltserhöhung. Die schlechten Zeiten . . . und die teuren Preise . . . Und der Chef entgegnete: »Die teuren Preise . . . und die schlechten Zeiten . . . « – »Da wird nichts andres übrig bleiben«, sagte der Modezeichner, »als daß wir beide reich heiraten –!«


Das Äußerste, was ich jemals an Perversität gehört habe, hat mir meine Freundin Grete Walfisch erzählt. Die hat in ihrer Jugend einen alten Hofhund abgerichtet: wenn der einem Menschen schmeicheln sollte, dann mußte er knurren.


Die Balten sind die Apotheker Europas – sie haben durchweg einen Sparren. In Ascona wohnte einer, der hatte nie eine Uhr im Haus. In einem Dörfchen, vier Kilometer davon, war eine Turmuhr, die konnte man mit bloßem Auge kaum erkennen. Da kaufte sich der Balte für teures Geld ein Fernrohr und las die Zeit ab.


Er ist ebenso dumm, wie er ehrlich ist. Und er ist der ehrlichste Mensch, den ich jemals gesehen habe.


Vom Mitleid. Da war ein Mann, der war ganz gelähmt und lag im Bett. Sprechen konnte er nicht mehr; er hatte eine kleine Buchstabiertafel, auf der fuhr er schwach mit dem Finger herum. Jeden Nachmittag besuchte ihn seine Schwester und erzählte ihm die Neuigkeiten der Welt, auf daß er sich zerstreue. »Denke dir«, sagte sie eines Nachmittags, »der Rudolf! Da hat er doch erst neulich das Pech mit seiner Frau gehabt, und jetzt ist sein kleiner Junge die Treppe heruntergefallen und hat sich das ganze Gesicht zerschlagen!« Da nahm der Kranke seine Tafel und buchstabierte: »n – e – b – b – i – c – h –!«


[146] Von der Eifersucht. Ich sagte zu Germaine: »Heute nacht habe ich von dir geträumt – aber wie!« Sie zog die Stirn kraus. »Alors tu m'as trompée avec moi!« sagte sie.


Von der Verliebtheit. Von ihr nichts zu bekommen, ist immer noch hübscher, als mit einer andern zu schlafen.


Es gibt Schriftsteller, die rasen sehr exakt. Sie dichten aus dem Reinen ins Unreine.


Manche Zeitschriften halten sich nur durch die Freiabonnenten.


Der Kerl versteht nichts von Frauen. Den feinen Damen bietet er Geld an, und auf die Huren macht er Gedichte. Und damit hat er auch noch Erfolg!


Wenn man einen Menschen richtig beurteilen will, so frage man sich immer: »Möchtest du den zum Vorgesetzten haben –?«


(Aus den Sprüchen des Pfarrers Otto): »Die Frauen sind die Holzwolle in der Glaskiste des Lebens.«


Die Deutschen haben zwar nicht das Pulver erfunden, wohl aber die Philosophie des Pulvers.


Bei der Premiere des Brechtschen ›Happy-end‹ rief in die Schlußfanfare einer Schauspielerin eine hohe Frauenstimme von der Galerie: »Lassen Sie sich von einer Kollegin sagen: Was Sie da unten machen, ist Scheibe –!«


Der schwedische Zeichner Albert Engström hat von einer seiner Figuren gesagt: Er schielte so, daß er mittwochs beide Sonntage zu gleicher Zeit sah.


(Zum Mann, der in der Nase bohrt): »Suchen Sie was bestimmtes?«


Karlchen ist der artig hinter den Mädchen her! Er hat den Coitus tremens.


Der Mensch ist ein Wesen, das klopft, schlechte Musik macht und seinen Hund bellen läßt. Manchmal gibt er auch Ruhe – aber dann ist er tot.


Ein Mann fiel vom Mond. Die Deutschen legten ihn auf die rechte Straßenseite; die Franzosen fragten: »Vous venez de la part de qui –?«;[147] die Italiener zogen sich scheu zurück, denn sie hielten ihn für einen Spitzel Mussolinis; die Dänin beschnupperte ihn und sagte: »Ist er nicht der geschiedene Mann von Frau Johannsen –?« Hierauf begab sich der Mann wieder zum Mond zurück.


Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn.

Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen.


  • · Peter Panter
    Die Weltbühne, 27.05.1930, Nr. 22, S. 799.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 8, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 146-148.
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