7. Grabschrift unseres Haushahns

[341] 1794.


An diesem Baume ruht

Der Haushahn, treu und gut.

Er führt' ins achte Jahr

Der lieben Hennen Schar.

Als wackrer Ehemann,

Rührt' er kein Krümchen an,

Was wir ihm vorgebrockt,

Bis er die Fraun gelockt.

Nun strotzet er nicht mehr

Im Hofe stolz umher,

Und jagt aus seinem Ort

Des Nachbars Hühner fort.

Nun schützt er nicht vor Graun

In Sturm und Nacht die Fraun.

Nun wecket uns nicht früh

Sein helles Kikeri.

Vor Alter blind und taub,

Sank er zuletzt in Staub.

Sein Kamm, so schön und rot,

Hing nieder, bleich vom Tod.

Hier gruben wir ihn ein,

Wir Kinder, groß und klein,

Und sagten wehmutsvoll:

Du guter Hahn, schlaf wohl!


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 49, Stuttgart [o.J.], S. 341-342.
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