Zehnter Auftritt.

[81] Der Mönch, welcher jenen Haufen anführte, von einigen Männern gebunden eingebracht.

Vorige.


CINTHIO wüthend zum Mönch.

Warum verfolgt Dein Rasen meine Brüder?

MÖNCH.

Den Wolf vertilgt man, der den Schaafen naht.

CINTHIO.

Die Haabe läßt Du meinem Anhang rauben.

MÖNCH.

Den Himmel will er seinen Frommen stehlen.

CINTHIO.

Dem Scheiterhaufen giebst Du die Gefangnen.

MÖNCH.

In ewig Feuer woll'n sie Gläub'ge bringen.

CINTHIO.

Verzeihung euern Feinden, sagt der Heiland.

MÖNCH.

Die Amoriter ließ der Herr zermalmen,

Von hinnen schrecke Beispiel die Verführung.

CINTHIO.

Gleich widerrufe alle blut'ge Breven,

Daß nicht der Gräuel länger tobt.

MÖNCH.

Dem Sünder

Geziemt, sein ruchlos Schwert zu übergeben.[81]

CINTHIO hitziger.

Nur dann empfange milde Gnade. Sonst –

Wohl lange hast Du es verwirkt – laß ich

Dich in die Flammen werfen.

CLARA.

Bruder, wie

Ich schon Dich hasse, sinke nicht so tief,

Daß Deine Missethat den Feind verkläre. –


Finale.


CINTHIO im höchsten Zorn.

Wohlan, die Langmuth ende,

Laßt Strafe ihn empfahn!

MÖNCH zum Himmel blickend.

Den Blick ich freudig wende

Zu Seligen hinan.

EINIGE MÄNNER ihn mit Wuth ergreifend.

Wir rächen Kind und Weib,

Zur Flamme!

MÖNCH froh.

Brennt der Leib,

So winkt zum Lohne,

Am hohen Throne,

Der Seele Krone.

MÄNNER.

Wir rächen Kind und Weib,

Eilt, er in Gluten bade.

MÖNCH.

O wie umfängt mich Gnade!

MÄNNER werfen ihn in das brennende Kloster.

CLARA fällt mit den Nonnen, die vorhin aufstanden, zur Erde.[82]

ALLE NONNEN.

Requiem in pace!

Heilig, heilig bist du worden,

Leuchtend Märtirer nun oben,

Bet' in der Erwählten Orden

Für die Frommen, die Dich loben,

Requiem in pace.

CLARA.

Du sahst den Himmel offen,

Erfüllt ist nun Dein Hoffen,

Den Blick empor gewendet,

Hast glorreich Du geendet,

Dich benedeit

Die Christenheit.

ALLE NONNEN.

In saeculo saeculorum, amen!

CINTHIO.


Recitativ.


O mög' es endlich Deinem Geiste tagen!

Ich muß von Wahnes Ketten

Dich retten –


Will auf sie zu.


CLARA in hoher Begeisterung.

Soll er allein die Märtirkrone tragen?

Noch kann ich mich der Schmach entwinden,

Und Himmelsglorien in Flammen finden!


Stürzt sich nach in das Feuer.


CINTHIO.

Die Bruderliebe war mein Heiligthum,

Den Glauben reinen nannt' ich meinen Ruhm,

Und brachte Tod nur und Verderben,

Schimpf wär' mein Leben, ich muß sterben!


Ersticht sich, der Mittelvorhang fällt.
[83]


Quelle:
Voß, Julius von: Faust. Trauerspiel mit Gesang und Tanz. Berlin 1890, S. 81-84.
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