[234] Satan, Gesetz, Adam, Sündt, Todt.
SATHAN.
Kompt, ihr geselln, hört, was ich sag,
Hat sich begeben diesen tag,
Gott ist heut inn garten komen,
Mich, Adam, Eva vorgenomen,
Und als er nu von Eva hat[234]
Bericht empfangen also drat,
Das ich sie hab auch auffgesetzt,
Das sie Gottes gebot vorletzt,
Sprach Gott zu mir: dieweil du hast
Den menschen bracht inn solche last,
Saltu hinfort vorfluchet sein,
Darzu tragen die ewig pein,
Und thet mir auch weiter sagen,
Das inn zukünfftigen tagen
Vom weib sol geporen werden
Aller mensch heilandt auff erden,
Der sal mir mein kopff zutreten,
Niemants sal mich sein erretten.
Desgleichen solt ihr drey gemein
Von ihm gantz uberwunden sein.
Das kan ich itzt ganz nicht vorstehn,
Wie solchs sein sal und geschehn,
Darumb so last uns also balt
Adam auch fragen dergestalt,
Ab ers wur recht vorstanden het.
Ich weis, das Gott ihn auch zur stet
Hat auffgeleget gros beschwer,
Derhalb ist er bekommert sehr.
Darumb, gesetz, thu solchs rechen,
Adam auch mit ernst ansprechen.
GESETZ.
Hörstu, Adam? du weist auch fast,
Wie wir itzt stehn und wie du hast
Mich, das gesetz, schwerlich brochen,
Bleibt von Gott nicht ungerochen,
Durch mich hastu die sündt bgangen,
Drumb werstu dein lon entpfangen.
ADAM.
Ja ich beken und ist wol war,[235]
Wie du sagst, und feilet nichts gar,
Aber ich hab von Gott vornommen,
Das einer vom weib sol komen,
Das sol geschen zur letzten zeit,
Der wert geporn von einer meith,
Der wirt dir sein gantz unbekant,
Aber er wert Gots son genandt,
Doch glichwol werstu von ihm schir
Forderen, gleich wie auch von mir,
Dich zu halten an allen grundt,
Ist deiner frey zu aller stundt,
Dann ist er auch an sündt geporn,
Davon gantz frey vor allem zorn,
Denn du, gesetz, wilt auff ihn laden,
Vormeinst, sol dich aus pflicht tragen.
Das thut er nicht, sünder viel mehr
Unschuldig, gantz willig und gehr
Wert er sich under dich geben
Vor mich, gesetz, das merck eben,
Auff das er dich vor mich bezal
Und mein nachkomen alzumal,
Das glaub ich vest zu aller stundt.
GESETZ.
O wie hast du mein hertz vorwundt!
Ich kan forder nicht mehr sprechen,
Wie ich mich wolt an dir rechen,
Kan hierzu nichts weiters sagen.
SÜNDT.
Wie? wiltu dann gar vorzagen
Itzt vor diesem einigen man?
Du must ihn greiffen tapffer an.
Hörstu? die sach ist nicht so schlecht,
Du must mich erst vorstehen recht!
Du meinst mir auch zu entrinnen,[236]
Nein, gesel, must mit mir springen
Wol hin zum todt auch al zu hant,
Du hast mich brocht inn diesen stant,
Als du das gesetz hast brochen,
Do bin ich, sündt, erfür krochen,
Durch dich gantz frey hie her gestelt
Und würdt hinforth auff alle welt
Durch dich auff die menschen geerbt,
Durch mein geseln, den todt, vorderbt.
ADAM.
Was thustu auch, itzt gros puchen
Und mich durch dich, sündt, vorfluchen?
Ich weis gar wol, das ich dich hab
Begangen, vom gbot gefallen ab
Aus meines fleischs gebrechligkeit,
Ist mir alzeit von hertzen leidt.
Aber ich sehe auf einen man,
Den wert ein reine meidt entpfan,
An alle sünd, an alle pein,
Derselb wert Gottes son auch sein,
Den werstu, sündt, auch kennen nicht,
Darumb werstu dich auch gericht
Mit dein geseln an ihn machen,
Doch nicht bestehn inn solchen sachen.
Dann er werdt sein an alle sündt,
Wiewol er wert zu aller stundt
Davor geacht und ghalten
Und auch erwürgt der gestalten,
Und wil dir auch wol sagen mehr:
Es werdt werden on als gefehr
Zur letzten zeit der selbig Christ
Selbst die sündt zu aller frist,
Wie wol kein trug zu aller stund
Gefunden ist inn seinem mundt,
So wert er doch willig werden[237]
Die vormahldeiung auff erden,
Das er mich und al mein geschlecht
Von dich erlös und mach gerecht,
Das du mir nicht kanst schaden mehr,
Ich kom durch yn aus deiner schwer,
Das glaub ich fest zu aller zeit.
SÜNDT.
Das ist mir gantz von hertzen leidt,
Du nimpst mir auch damit mein krafft,
Das mein wil bey dir gar nichts schafft,
Und bin mit deinem glauben gar
Gantz uberwunden todt risch dar.
Kom mir zu hülff, ich kan nicht mehr.
TODT.
Was sol ich sagn? mich wundert sehr,
Ihr seidt vorwar die lösten schelm,
Vil geringer dann ein strohelm.
Solt ich mich also erschrecken
Vor bloßen worten? wil ihn strecken.
Was gilts? Adam wert mir zuteil.
Hörstu, gesel? was hast du feil
An mein gsellen? thust sie krencken;
Meinstu, das ich dirs werd schencken?
Nein, es ist beschlossen gantz hart,
Das als, was ie geschaffen wart,
Darzu was ie gewan das leben,
Das hat Gott inn mein hant geben,
Das ichs erwürge ganz und gar.
Darumb du hörst an diese schar,
Weil du die sündt hast begangen,
Der sünden solt must entpfangen.
Ich bins, der todt, ich sags dir schlecht,
Ich hab zu aln gewalt und recht,[238]
Das ist von Gott beschlossen gantz:
Was gwint das leben, mus an tantz.
Drumb, Adam, vor allen dingen
Must mit mir den reigen springen.
ADAM.
Ey, lieber gesel, thu gemach,
Ich wil dir itzt von dieser sach
Und alzeit viel anders sagen.
Es wert komen inn letzten tagen,
Ein sam des weibes sal er seyn,
Doch warer Gott, den ich auch mein,
Der wert ghen inn meiner gestalt,
Gantz elent, arm, an al gewalt,
Wert alhie gehalten werden
Vor der welt der ermst auff erden,
Der wert von dir sein unbekant,
Darumb werstu dich alzuhant
An ihn machen, erwürgen gar,
Wie wol er stirbt gantz willig dar,
Umb meinent willen leidt er dich,
Von dich das er erlöse mich,
Und al, die dieses glauben sein,
Brengt er aus not und ewig pein.
Wenn er also gestorben ist,
So werstu dencken zu der frist,
Du hast ihm recht und wol gethan,
Meinst zu behalten diesen man
Gantz ewiglich inn deinem reich,
Achts ihn ein mensch, der mir sey gleich,
Aber weil er ist Gottes son
Ewig seins vaters inn dem tron,
So wert ihn Gott erwecken balt,
Dich lassen sehen sein gros gewalt,
Das du ihm hast unrecht gethan
Und bist gelauffen schentlich an.[239]
Drumb must ihn bezalen balt
Dissen mordt und große gewalt,
Die du an ihm hast begangen,
Must auch sein stetz sein gefangen.
Sich! also wert derselbig man
Dich, den todt, vor mich nemen an,
Das er mich auch erlös von dir,
Und all meins glaubens sag ich schir:
Er wert erstehn aus Gottes krafft,
Auff das ich kom in sein erbschafft,
Und ob du mich werst tödten gantz,
So wert mich doch mit seinem glantz
Baldt Gottes son erwecken schon,
Das ich erwerb sein ewig tron,
Dann er wert auch der erste sein,
Der do entsteth aus deiner pein,
So wert ich auch gleich der gestalt
Mit ihm erstehn und leben baldt,
Er ist das heubt des lebens fein,
So müssen auch die glider sein
Mit ihm erstehn, ewig leben
Alle, die ihm des glauben geben,
Das er dich, todt, verschlungen hat,
Durch seinen todt gefressen drath,
Darumb werstu mich auch eben
Fressen, must mich wider geben
An mich, erwürgen ganz und gar,
Und an den meyn, der gleubig schar.
TODT.
O we mein großes hertze leidt!
Das ist mir gar ein bös bescheidt,
Darzu auch gantz ein scharffe gifft,
Die mir auch itzt mein hertze trifft,
Ich mus dadurch auch gantz vorgehn.[240]
SATHAN.
Sich, gesel, was ist dir geschen?
Adam, wie? hastu ein leben?
Wiltu ihn allen vorgeben?
Was zeigstu dich, du loss gesel?
Du gehörst zu mir inn die hel,
Das gsetz hastu ubergangen,
Der sünden ursprung hast entpfangen,
Die brenget mit den ewig tod,
Mich, die hel und die ewig nodt,
Die hören all nap inn die hel,
In mein reich, hörst du das, gesel?
Undern todt du bist beschlossen,
Was reistu dann seltzam bossen?
Meinst uns aln zu entspringen,
Nein, gsel, dir wirdt nicht gelingen.
ADAM.
Was? werstu noch so grausamlich,
Trotz das du auch anrürest mich?
Nein, hörstu? bin dir entgangen,
Ein jungfraw wert ein son entpfangen,
Wie mir Gott auch vorheischen hat
Im garten, als er dich so drath
Verfluchen thet inn ewigkeit,
Do sprach auch Gott zu dir bereidt,
Das dir des weibes einger sahm,
Auch Gottes son, Jhesus mit nam,
Den kopff auch sol zutreten gantz,
Das ist vor mich ein gute schantz.
Diese zusag, das sag ich dir,
Erwürgt gesetz, sündt, todt, dich gar schir,
Das ich nu nicht viel achte dein,
Das macht derselbig sam so fein,
Der wirdt dir sein gantz unbekandt,[241]
Du werst auch meinen allzuhandt,
Er sey ein mensch, auch gleich wie ich,
Darumb werstu auch fleißiglich
Mit dein gesellen und der welt
Dich bemühen gantz mannichfelt,
Das du auff ihn mögest legen
Sündt und schand, darzu erregen
Die gantze welt frü und auch spot,
Auff das du ihn brengst inn den todt,
Aber du würdest schaffen nicht,
Wu er sich selbst nicht geb gericht
Willig inn todt und alle pein
Vor mich und alle, die gleubig sein,
Und wert am dritten tag bereidt
Auffstehn vom todt durch sein gotheit,
Er wert sein herligkeit bweisen,
Dein reich, die hel gar zureißen,
Wert dich fangen und fest binden,
Deine macht wert gar verschwinden,
Kein gewalt über mich werst han,
Geth itzt bereit gewaltig an,
Darumb trotz teuffel, wann du kumpts,
Das du mir auch ein herlein krumpts,
So ich glaube an diesen helt,
Ich furcht dich nicht mit deiner welt,
Darumb gehe hin an deinen ort.
SATHAN.
O, das seint mir schreckliche wort,
Die mir mein kop zutretten gar,
Ich mus vorzagen gantz vorwar.
TODT.
Wie nu? gesel, wie komet das,
Das du vorzagts inn solcher mas
Vor diesem eingen geringen gast,[242]
Damit du uns gespottet hast?
Ist er auch zu starck wurden dir?
SATHAN.
Ach, ich ken gar baldt niemants schir.
Sich, seit ihrs, ihr lieben gseln mein?
Ach, ich hab so gantz große pein
Von Adam itzt erlitten schwer.
Ich hets gegleubet nimer mehr,
Das Adam sich in solcher sach
Das einig wart, das Gott zu mir sprach,
So nütz solt machen und so fest
Gleuben und sich drauff auffs best
Vorlassen, pochen und gründen,
Damit er uns thut uber winden.
Wer hett sich des zu diesem mahl
Vorsehn, das Adam inn dem fal
Aus diesen kurtzen worten gantz
Ersehen solt auch diesen glantz,
Das er uns vier, die stercksten veint,
Uberwinden solt und schlagen heint?
Wu solchs sein nachkomen werden
Der gstalt fassen hie auff erden,
So werden wir auch gantz und gar
Vorterben, sag ich euch vorwar,
Dasselb bedenckt zu aller frist,
Last uns allzeit bedruck und list
Bedencken, das aus unsrem reich
Der mensch uns auch nicht gar enschleich.
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