|
[192] Zur Neunburg im düringer lant
Dieselbig stat ist wol bekant,
Drumb daß vil kaufleut alle jar
Aus fernen landen kommen dar,
Da hab ich einen fürsprech kennt,
Ist nit not, daß er werd genennt,
Ein speigervogel über dmaß.
Derselb mit andern gsellen saß
Am markt auf einr rechten speibank,
Dazu sich trug ein gmeiner gang,
Am eck bei eines goldschmits laden:
Da kam zwar niemand one schaden
Vorüber, wer frau oder man,
Alt, jung: wer tet des wegs hingan,
So wards zwar keim von im geschenkt,
Dem ers höneisen nit anhenkt,
Wie denn solch müßiggenger ton,
Die anderst nit zu schaffen hon,
Denn daß von andern leuten sagen
Und mit molten den tag austragen.
Ein baursman kam zum selbn goldschmit,
Denn er zwei kleine stücklin het
Von gold, die zohe er aus der taschen,
Die er het aus dem sand gewaschen;
Denn in Teutschland vil waßer sind,
Darin man gold und perlen findt.
Der fürsprech fragt, von wannen her
Und was sein gwerb und handwerk wer.
Er sprach: »Ich won doben im walt,
Hab mein narung und aufenthalt,[193]
Daß ich das golt bei körnlin klein
Wesch aus dem sand und mach es rein,
Dem goldschmit sie darnach verkauf:
Dadurch halt ich das leben auf.«
Er sprach: »Weil du mit gold gest umb,
Wolt ich gern wißen, wie das kum,
Daß du hast so zerrißen häß:
Bist gar zerhudelt umbs gesäß.
Nun bin ich selber auch ein wescher,
Man nennt mich auch ein zungendrescher;
Hab beßer kleider an denn du,
Villeicht auch wol mer gelts dazu,
Und järlich einen reichern solt
Und wasch dennoch, wie du, kein golt.«
Der baur sprach: »Herr, ichs euch zugeb,
Daß ich wie ir so wol nit leb,
Hab auch nit so gut kleider an;
Dennoch vor euch ein vorteil han:
Wenn man mir in mein werkstat scheißt,
Der dreck mit dem waßer hinfleußt;
So man euch in die eur hofiert,
Mit lättig leim die lippen schmiert,
Bleibt drin ligen derselbig dreck
Und fleußt nit wie der mein hinweg.«
Gleich wie einer ruft in den walt,
Antwort man im derselben gstalt;
Eim lieblichen freundlichen gruß
Ein freundlich antwort bgegnen muß.
Wer spöttisch fragt, demselben eignet,
Daß im ein gleich antwort begegnet.
Der häher ist der vögel spot,
Doch wird der weidman oft sein gott.
Was in nit brennt, wer das wil külen,
Muß fremden rauch und hitz oft fülen.
Buchempfehlung
Die Fledermaus ist eine berühmtesten Operetten von Johann Strauß, sie wird regelmäßig an großen internationalen Opernhäusern inszeniert. Der eingängig ironische Ton des Librettos von Carl Haffner hat großen Anteil an dem bis heute währenden Erfolg.
74 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro