Sechster Auftritt.

[27] Raufgern, Vorige.


MEPHISTOPHELES. Hier kömmt Raufgern. Er war einst ein unbekannter Mensch in der bürgerlichen Gesellschaft. Du hast ihn durch mich tapfer gemacht, und am Hofe empfohlen. Er stieg empor. Er spielte im letzten Kriege die Rolle eines Freybeuters. Wir wollen sehen, was für Gesinnungen dieser Mann itzt heget.

RAUFGERN. Es lebe der Krieg! Blutvergießen ist meine Freude. Zum Wetter, wenn ich im Blut watte, und auf Leichen einberklettre; das ist meine Wollust. Ich hasse den verfluchten Frieden, da verrosten die Degen, und das Herz im[27] Leibe modert. Fort die träge Ruhe. Zum Bös, wenn ich die Schandhütten der verfluchten Bauern anzünden, die Felder zertreten, und Beute machen kann, das erquickt mein Herz. Da zieht man durch lauter Brandstädte; man würgt im Schlachtfelde; man läuft Sturm; man erobert Festungen. Es lebe der kriegerische Soldat. Wenn ich sterbe, so sterb ich nur auf dem Bette der Ehre. Es flieht ein Kanonenkugel daher, reist mich vom Pferde, und schickt mich zu meinen Bätern; oder es kömmt ein blankgeschliffener Säbel, und schliest mein Leben. Es lebe der Soldat! Was steht ihr da Faullenzer? Aus dem Wege, wenn ein Held wie ich kömmt! – Geht, oder ich breche euch die Hälse.

MEPHISTOPHELES. Man hat uns beleidiget, wir wollen uns rächen, ich bitte sie um Beystand.

RAUFGERN. Ein Zweykampf! – Du sollst leben Bruder. Umarme mich, und küsse mich Freund! – Wo ist der Wurm, der euch beleidiget hat? Die Seel im Leibe will ich ihm zerfleischen. Ihr könnt euch das Vergnügen nicht vorstellen, das ich empfinde, wenn ich todte Körper um mich liegen sehe!

FAUST. Welch ein Ungeheuer. Die Natur empört sich vor ihm. Ich glaube die Menschlichkeit hat ihn vergessen. Geh Wüttrich, vertilge deine Brüder, und mache dich groß mit dem Unglücke deiner Nebenmeuschen.[28]

RAUFGERN. Ich höre überall von einem Friedensbruch. O wenn nur die ganze Welt in Krieg verwickelt würde. Es lebe der Krieg! Geht ab.

MEPHISTOPHELES hönisch. Welch ein glücklicher Mensch.

FAUST. So glücklich als ein Tyger! – Traurige Wohlthat. Ich habe diesem Menschen nur emporgeholfen, daß er sich und andere unglücklich macht.


Quelle:
Weidmann, Paul: Johann Faust. Ein allegorisches Drama von fünf Aufzügen, Prag 1775, S. 27-29.
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Johann Faust. Ein allegorisches Drama in fünf Aufzügen