Nr. 7. Terzett.

[16] JOSEPH.

Bald werden die Leiden verschwinden,

Bald wird uns der süßeste Lohn.

SUSCHEN.

Wir werden die Hände verbinden,

Die Herzen, ach, sind es ja schon.

JOSEPH. SUSCHEN.

Wir werden die Tage verscherzen,

Vergnügt, wenn der Morgen erwacht;

Wir schlafen mit ruhigem Herzen,

Die Tugend ist's, die uns bewacht.

RUND.

Die Tugend ist's, die Euch bewacht.

SUSCHEN zu Joseph.

Doch wirst Du mich immer so lieben,

Und immer vor Allen nur mich?

JOSEPH.

Tief ist's mir in's Herze geschrieben:

Ich liebe o Mädchen nur Dich.

RUND bekräftigend.

Er liebet, o Mädchen nur Dich.

JOSEPH. SUSCHEN.

Wir werden die Tage verscherzen,

Vergnügt, wenn der Morgen erwacht,

Wir schlafen mit Frieden im Herzen,

Die Tugend ist's, die uns bewacht.

RUND.

Frei von allen Schmerzen,

Weil das Glück Euch freundlich lacht,

Werdet ihr nur scherzen

Durch den Tag und durch die Nacht.

RUND. Stille, da hat ihn der Henker schon wieder. Beginnt Eure Rollen hübsch klug. Lux tritt ein.

LUX indem er sich in Ordnung richtet. Man hat Mühe, diese Halbmenschen zur Vernunft zu bringen – Sieht Joseph. Ha! –

JOSEPH geht wild an ihm vorüber und drückt ihm die Hand. Leben Sie wohl, Herr Lux, bald sollen Sie von mir hören Eilt heftig fort.[16]

RUND. Der kommt gewiß nicht wieder her! Ihr Suschen, Herr Lux, ist ein braves Mädchen, die hat den Burschen abgeblitzt! – Wie pfiffig – Hahaha!

LUX. Mein Suschen? Reden Sie weiter, Herr Rund. Schnupft Tabak und giebt ihm auch.

RUND ahmt Suschen nach. »Ei, ein solcher Müßiggänger kommt mir eben recht, da sind mir bessere Aussichten geöffnet.« Ich weiß nicht, was sie damit sagen will.

LUX reibt sich freudig die Hand. Damit meint sie mich – o ich möchte das Mädchen aus Liebe fressen!

RUND lacht. Nun! Nun!

LUX. Ist auch nur so eine Redensart. Bei ihr hat meine Erziehung gute Früchte getragen. Aber was sagte Joseph?

RUND. Der junge Mensch ward rasend.

LUX. Hahaha! So muß man die jungen Herren abweisen. Lärm von außen. Was ist denn schon wieder für ein Lärm? Adam tritt auf.

ADAM. Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg. Wer keine Pferde hat, muß mit Ochsen fahren. Herr Lux, der Körper – es muß einmal gestorben sein – die Bauern bringen ihn hierher.

LUX. Was soll er hier? Zum Richter muß man ihn tragen.

ADAM sieht zur Thür hinaus. Da kommen sie schon mit dem Todten.

LUX schreiend. Laßt ihn draußen, Ihr Leute, laßt ihn draußen. Thomas und Philipp treten auf.

THOMAS. Es ist ein abscheulicher Spektakel, Herr Lux. Es hat sich nicht umsonst die Sonne gestern verfinstert.

PHILIPP. Und der singende Wind war ein schreckliches Zeichen.[17]

LUX. Adam, Feder und Tinte. – Ich muß das visum repertum machen. O facta horrenda, die Haare sträuben sich zu Berge!

ADAM bringt Schreibzeug. Niemand kann dem Tode entlaufen.

LUX. Wie sieht er aus. Extemporé. Er ist schwarz wie ein Mohr! Vermuthlich ist es ein junger Afrikaner. Ihr habt ihn doch genau besehen?

BAUERN. Ja, wir haben ihn alle genau besehen, er ist schwarz wie ein Mohr.

LUX setzt sich und schreibt. Heute ist im Rothbach eine Leiche gefunden worden. Allen vernünftigen Muthmaßungen nach ist er ein Reisender, der von Straßenräubern grausam ermordet worden – Springt auf. He, Bauern! Tragt nur die Leiche zum Richter, damit nun auch die gerichtliche Untersuchung über sie ergehe.

ADAM. Herr Lux, ich bin zwar nur ein Barbiergeselle, mir scheint aber die Leiche kein menschlicher Körper zu sein. Kein Feuer ohne Rauch, kluge Leute fehlen auch.

LUX. Er ist ein Esel! Will er die Sache besser verstehen als ich, der ich so lange Praxis mit Theorie verbinde? Lese Er einmal die wunderbaren Reisebeschreibungen von den Menschen, die den Kopf unter dem Arme tragen, von den Kranichvölkern, welche die spielende Natur hervorgebracht hat und noch täglich hervorbringt.

ADAM. Kein Meister wird geboren! Ich hätte geschworen, es wäre ein Affe. Der Topf lacht über den Kessel. – Meinetwegen! Ein Narr macht zehn Narren – große Worte und nichts dahinter.

LUX. Davon versteht Er so viel, wie der Esel vom Flötenblasen.[18]

ADAM. Er hört's Gras wachsen und die Flöhe husten.

LUX. Ich habe so noch mit Ihm abzurechnen wegen der Barbiermesser. Wo packt Er alles hin? He, wenn Kunden kommen, soll ich mit der Sense barbieren? Da reißt der Esel das Maul auf! Extemporie. Aus Ihm wird gar nichts.

ADAM. Potz Sapperment! Jetzt reißt mir die Geduld! Allzuviel ist ungesund! Ich soll immer in den sauren Apfel beißen.

Quelle:
Johann Baptist Schenk: Der Dorfbarbier, von Joseph Weidmann, Leipzig [o. J.], S. 16-19.
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