Nr. 9. Arie.

[20] LUX.

Der Kopf ist meine Zierde,

Die Stirn voll Ernst und Würde,

Das Aug' wirft Feuerstrahlen,

Der Bart ist schön zum Malen;[20]

Die Nase zeigt Gelehrsamkeit,

Der Mund strotzt von Beredtsamkeit:

Ich bin vom Kopf bis zum Fuß

Gestaltet wie Gott Cerberus.

Kein Wunder, wenn mich Suschen liebt,

Und mir die Hand mit Freuden giebt;

Man sehe mich nur einmal an,

Ich bin fürwahr der schönste Mann!

Dialog.


SUSCHEN kommt eilig heraus. Was befehlen Sie denn, lieber Herr Vormund!

LUX. Ich gehe morgen in die Stadt, um einzukaufen.

SUSCHEN. Was denn, Herr Vormund?

LUX. Vormund! Vormund! Das Wort höre ich nicht mehr gerne, seitdem wir auf einem andern Fuß stehen. – Vormund, Vater, Onkel – alle diese Ausdrücke klingen so sehr nach dem Großvaterstuhle und machen einen um 20 Jahre älter. Ich bin in meinen besten Jahren! Wischt sich die die Hände und kneipt Suschen zärtlich in die Backen. Was die kleinen spitzbübischen Augen für einen Aufruhr machen! Hahaha! Den jungen Laffen hast Du abgefertigt? Herzensmädchen, ich danke Dir. Mich freut es um Deinetwillen, daß Du Verstand genug hast, einzusehen, welch' ein Unterschied zwischen mir und ihm ist. – Nicht alle Mädchen besitzen so viel Klugheit und wissen sich so gut zu benehmen, wie mein allerliebstes Suschen.

SUSCHEN. Die sind nicht so glücklich gewesen, so einen guten Unterricht zu erhalten, wie ich.

Quelle:
Johann Baptist Schenk: Der Dorfbarbier, von Joseph Weidmann, Leipzig [o. J.], S. 20-21.
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