Siebenzehndter Auffzug.

[52] France, ein Bürger. Hernach Gosch, ein Bauer. Puse, seine Frau.


FRANCE. Ich hätte nicht vermeinet / daß ich des gestrigen Trunckes wegen die geringste Ungelegenheit empfinden solte / und gleichwohl da ich heute das Meinige verrichten soll / so bin ich zu allen undispost, und ich kan mir nicht anders einbilden / die tummen Bauern haben mich mit ihren Geschrey so confus gemacht / daß ich meine Gedancken nicht zusammen bringen kan. Doch was bringen diese Leute / wo sie einen guten Rath von mir begehren / so kommen sie mir heute trefflich ungelegen.

GOSCH. Guten Tag Herr!

FRANCE. Grossen Danck. Wollt ihr zu mir?

GOSCH. Ja es ist bald so / als wenn ich zu euch wolte.

FRANCE. Was ist euer Verlangen?

GOSCH. Da haben wir ein groß Unglücke / und wir wissen nicht wer uns rathen kan.

FRANCE. Wenn ich die Kunst wüste / wie ich allen Leuten in Unglücke rathen solte / ich wolte reicher seyn / als der Fürste. Doch worinn besteht euer Sorge?

GOSCH. Herr seht / da haben wir einen ehrlichen Nachbar / der mag irgend seyn zum Truncke gegangen – –

PUSE. Ach Mann / ihr macht nichts guts last doch mich reden: Es ist ein Mann in unserm Dorffe / dem liegt die Frau in Wochen – –

GOSCH. Geh doch du weg / was schiert sich der Herr drum / ob die Frau in Wochen liegt / ich will schon reden. Unser Nachbar Mierten ist zum Truncke gewest – –[52]

PUSE. Ie nicht doch / das ist nicht recht / wir wissen nicht / wo Nachbar Mierten hinkommen ist – –

GOSCH. Ich schlage dich in die Fresse / daß die Suppe dem Herrn ins Gesichte springt. Ich weiß am besten was ich sagen soll. Herr / da ist nun der Mann in seiner vollen Weise irgend so einen Weg gegangen – –

PUSE. Mann ich sags / daß ihrs hört / der Herr kan aus euer Erzehlung nichts nehmen. Seht ich wills feine nach einander erzehlen: Wie wir gestern in die Stadt kamen / so wolts darnach finster werden – –

GOSCH. Ie was kan denn der Herr davor / daß es finster wird. Geh mir flugs 20. Meilen weg vom Leibe / daß ich alleine reden kan.

PUSE. Das laß ich wohl bleiben / ich helffe mit suchen / so muß ich auch helffen reden. Seht Herr / da gehn unsere elementsche Männer zum Sauffen – –

GOSCH. Nein nein / so wars.


Sie reden alle beyde zusammen / was ihnen einfällt /und wollen einander überschreyen.


FRANCE. Ihr Leute / ich hab euch ein grosses erwiesen / daß ich euch so lange zugehöret habe / doch verzeiht mir / daß ich euch nicht helffen kan / ich weiß nichts davon.

GOSCH. Herr / last es euch nur noch einmahl erzehlen.

FRANCE. Das laß ich wohl bleiben / ich habe mehr zu thun / als daß ich mich um euern zancksichtigen Ehe-Stand bekümmern soll. Geht ab.

PUSE. Das war ein schön Thun / wenn wir die Leute fragen wollen / so fangen wir ein Gedräsche an / daß sie davon lauffen.

GOSCH. Warum hältestu deine Gusche nicht zu / du darffst mir nicht viel / so will ich dir einen Knebel ins Maul stecken / der dir die Sprache verbieten soll.

PUSE. Nein doch / einen Knebel wirstu meinen / komm doch ein bißgen dort hin / daß es die Leute nicht sehn / wenn du irgend mit deiner Kunst zu schanden würdest.[53]

GOSCH. Ja ja ich will mit gehen / da will [ich] dir dein lose Maul bezahlen.


Sie jagen einander hinein.


Quelle:
Christian Weise: Ein wunderliches Schau-Spiel vom niederländischen Bauer. Stuttgart 1969, S. 52-54.
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